Menschen in Rödermark zeigen Solidarität mit der Ukraine auf vielfältige Weise

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Musikerinnen und Musiker sowie Sängerinnen und Sänger aus mehreren Vereinen intonierten am Sonntag vor der Kulturhalle unter der Leitung von Reinhold Franz „Dona nobis pacem“. (Foto: PS)

Bis zu 1.000 Flüchtlinge in Rödermark erwartet

Auch in Rödermark ist die Solidarität mit der Ukraine weiter groß. Das zeigte sich etwa am Sonntag auf zwei Veranstaltungen. Friederike und Oliver Nedelmann hatten vor ihr Wohnzimmertheater zu einer Benefizmatinee eingeladen, am Abend bildeten Musikerinnen und Musiker sowie Sängerinnen und Sänger mehrerer Vereine bei der wöchentlichen Mahnwache vor der Kulturhalle einen Friedenschor.

Die stolze Summe von 4.200 Euro kam am Vormittag vor dem Wohnzimmertheater zusammen, die Spenden werden auf das Ukraine-Konto der Stadt überwiesen. An der Benefiz-Veranstaltung wirkten Kulturschaffende aus Rödermark und Umgebung mit. Natürlich gab es während des etwas mehr als einstündigen Programms viele nachdenkliche Töne, es wurde aber auch gelacht. Ob man eben das in diesen schwierigen Zeit überhaupt dürfe – diese Frage stellte am Sonntag Reiner Wagner aus Dietzenbach und beantwortete sie gemeinsam mit dem Publikum mit einem klaren „Ja“. Danach brachte er die Besucher dann tatsächlich zum Lachen, ohne jedoch am Ende seines Auftritts sehr deutlich zu sagen, was er von Russlands Präsidenten und dessen Angriffskrieg hält.

Die stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Brigitte Beldermann, die kürzlich ihren 80. Geburtstag feierte, wurde im Februar 1942 in Karlsbad geboren. Sie hat Erinnerungen an die mehrtägige Flucht von Karlsbad nach Oberbayern im Alter von vier Jahren. „Ich weiß, was es heißt Flüchtling zu sein, gezwungen zu sein, sein Haus, sein Umfeld, seine Freunde und Verwandten verlassen zu müssen“, sagte Brigitte Beldermann. Nie hätte sie gedacht, solch einen wahnsinnigen Krieg mit all seinen Begleiterscheinungen, die bei ihr schlimme Erinnerungen wecken, noch einmal „so nahe bei uns“ erleben zu müssen. Man habe die Gefahr, die in der Welt durch Diktatoren ausgeht, zu lange unterschätzt.

Das einzige, was etwas tröste, so Brigitte Beldermann, sei die Tatsache, dass die europäischen Länder zusammen stünden. Die Hilfsbereitschaft und Spendenfreudigkeit für die Flüchtlinge seien Lichtblicke. Brigitte Beldermann schreibt für ihre Enkelkinder ein Oma-Erzählbuch – darin berichtet sie auch von ihrer Kindheit. „Dabei habe ich mir Gedanken darüber gemacht, ob sie verstehen werden, was es heißt, dass ich ein Flüchtlingskind war.“ Diese Gedanken sind nun leider hinfällig. „Denn sie werden es über kurz oder lang ganz nah miterleben – in der Schule in der Kita. Ich hätte so gerne darauf verzichtet.“

Vor dem Wohnzimmertheater von Friederike und Oliver Nedelmann traten am Sonntag bei einer Benefizmatinee mehrere Kulturschaffende aus Rödermark und Umgebung auf. (Foto: PS)

Bei den Nedelmanns gab es ein buntes Programm, zu dem unter anderem die Gastgeber mit einem Ausschnitt aus ihrem neuesten Stück „Wetten, dass..?“ beitrugen. Auch Zauberer Andreas Fleckenstein, Märchenerzählerin Ramona Rippert sowie Jörg Becker unterhielten das Publikum. Marcella Hagenauer spielte unter anderem das Lied von Reinhard May „Und der Wind geht allezeit über das Land“ aus den achtziger Jahren, das aktueller denn je ist. Annette Potempa und Volker Heymann spielten einen Ausschnitt aus ihrer YouTube-Serie „Liebling, wir haben Lockdown“. Auch Sina Zastrow, Carolin Henning und Ainikki Arndt bereicherten, unter anderem mit Theaterausschnitten und Musicalklängen, das Programm.

Am Abend wurde bei der wöchentlichen Mahnwache, zu der Stadt und Kirchengemeinden seit Ende Februar vor die Kulturhalle einladen, gemeinsam der Friedenskanon „Dona nobis pacem“ gesungen und gespielt. Reinhold Franz hatte in den Tagen zuvor Musikerinnen und Musiker, unter anderem aus den Musikvereinen, dem Kirchenchor und den Edelvoices, angesprochen. „Tief betroffen sind wir heute hierher gekommen, um unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu bekunden“, sagte Reinhold Franz vor dem musikalischen Beitrag, der die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges zum Ausdruck brachte.

Die Stadt werde ab dem 1. April 350 Flüchtlinge zugewiesen bekommen, sagte Bürgermeister Jörg Rotter am Ende der Mahnwache, bei der neben den Pfarrern Klaus Gaebler und Carsten Fleckenstein auch Gisela Keller ein Gebet sprach. Viele Flüchtlinge werden voraussichtlich zunächst im Parkhotel in Rollwald, das vom Kreis angemietet wurde, untergebracht werden. Dass man das Hotel nutzen könne, sei ein Glücksfall, so Rotter, „weil es uns Zeit verschafft, geeigneten Wohnraum zu suchen.“ Insgesamt werde Rödermark in diesem Jahr wohl 1.000 Flüchtlinge aufnehmen. Das werde ein „riesen Kraftaufwand für Stadt und Bürgerschaft, aber wir werden diese Menschen gut unterbringen“, sagte der Bürgermeister. Bislang sind bereits über 100 Menschen aus der Ukraine in Rödermark angekommen, die privat untergekommen sind.

(Text: PS)