Alarmstufe Rot im Klinikum Darmstadt

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Mitarbeitende lassen Ballons steigen. (Foto: Klinikum Darmstadt)

Geschäftsführer Clemens Maurer und Aufsichtsratsvorsitzender Stadtkämmerer André Schellenberg unterstützen den dringenden Aufruf der DKG zur Rettung der Krankenhäuser

„Wir haben im dritten Pandemiejahr keine Reserven mehr“, sagt der Geschäftsführer der Klinikum Darmstadt GmbH Clemens Maurer. „Die Energiekosten, die Inflation, die anstehenden notwendigen Investitionen in Digitalisierung und Klimaschutzmaßnahmen und die kommenden Tarifabschlüsse – all das ist nicht refinanziert. Allein die Preisentwicklungen übersteigen ein Mehrfaches der festgelegten Baserate, die die Kliniken zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger erhalten. Und die seit Jahren viel zu geringen Investitionsmittel der Länder verschärfen diese Lage erheblich!“

Die Baserate – der Basisfallwert – bezeichnet den Betrag, die bei der Berechnung der DRG-Preise (Diagnosis Related Groups) für die Krankenhausbehandlung zugrunde gelegt wird. Er bildet die Grundlage für die Vergütung der Krankenhausleistungen. Dieser Satz ist von 2021 auf 2022 um 2,31 Prozent gestiegen – und somit für das laufende Jahr festgelegt. Auch für 2023 wird diese Baserate niedriger ansteigen als die Kosten ansteigen werden. Dagegen stehen die explodierenden Energiekosten, die hohe Inflationsrate für alle Verbrauchsgüter und die stark ansteigenden Personalkosten. „Allein das macht bei uns im Klinikum Darmstadt 10 bis 15 Millionen Euro für das laufende Jahr aus – die aktuell nicht refinanziert sind“, sagt Clemens Maurer und führt weiter aus, dass die weiterhin nicht ausreichenden Investitionsmittel, für Bau, für Medizintechnik und IT zu nicht refinanzierten AfA (Absetzung für Abnutzung von Anlagegütern), Zinsen, Tilgung im Jahr in Höhe von weiteren 8 Millionen Euro führen. „Auf der anderen Seite stehen die Kosten: Allein ein neues MRT kostet 3 Millionen Euro, ein neues CT bis zu 1,5 Millionen Euro und als Krankenhaus der kritischen Infrastruktur müssen wir zudem allein dafür 3 Millionen Euro jährlich investieren.“

Stadt stemmt Kapitalerhöhung von 15 Millionen Euro

All das funktioniert nicht mehr ohne unterstützende Maßnahmen der Eigentümer. Landauf, Landab müssen die Trägerinnen einspringen. Auch die Wissenschaftsstadt Darmstadt: Erstmals seit Gründung der Klinikum Darmstadt GmbH im Jahr 2009 muss sie eine Eigenkapitalerhöhung vornehmen. „Diese Kapitalerhöhung in Höhe von 15 Millionen Euro ist dringend notwendig, da das Klinikum wie fast alle deutschen Krankenhäuser derzeit unverschuldet in eine erhebliche finanzielle Schieflage geraten ist“, sagt Aufsichtsratsvorsitzender und Stadtkämmerer André Schellenberg. „Ich habe diese Unterstützungsleistung mit großer Überzeugung in den Haushalt eingestellt, denn es ist ein Unding, wie die Kliniken – insbesondere die großen Häuser der Maximalversorgung – mitten in der andauernden Corona-Pandemie von Bund und Land im Stich gelassen werden. Die Finanzierung der deutschen Krankenhäuser ist keine kommunale Aufgabe, sondern die Pflicht von Bund, Ländern und Krankenkassen“, so Schellenberg.

Geschäftsführer Clemens Maurer unterstützt die aktuelle Forderung der Hessischen Krankenhausgesellschaft nach mindestens 150 Mio. Euro zusätzlichen originären Landesmitteln jährlich für die Investitionsförderung. Diese Summe an fehlenden Landesmitteln hatte die DKG in einem Gutachten herausgearbeitet. „Und wenn man sich ehrlich macht, dann muss man auch daran erinnern, dass von den jetzigen knapp 300 Mio. Euro Investitionsmitteln pro Jahr nur unmittelbar knapp 20 Mio. durch das Land aufgebracht werden. Den Löwenanteil tragen schon heute die Kommunen über die Krankenhausumlage und den kommunalen Finanzausgleich. Wir fordern daher das Land Hessen auf, hier endlich seiner Verantwortung umfassend nachzukommen.”

Auch die GmbH selbst musste erhebliche Kredite aufnehmen, um die Liquidität zu sichern. Was Möglichkeiten für Investitionen nimmt. „Dazu kommt der extreme Fachkräftemangel – vor allem in der Pflege, der es einfach gar nicht mehr ermöglicht, auf das Leistungsniveau und die Patientenzahlen vor der Pandemie zu kommen. Das heißt: Die Krankenhäuser erzielen künftig weniger Erlöse bei deutlich gestiegenen Kosten.“ Clemens Maurer zieht daraus den Schluss: „Der kalte ungeordnete Strukturwandel ist schon voll im Gange. Das ist wohl der einfachere Weg der Politik einfach nur zuzusehen, wie Krankenhäuser vor die Wand fahren und dass es einige nicht schaffen werden.“

Daseinsfürsorge erfordert Vorhaltungsfinanzierung

„Die überall rückläufigen Fallzahlen führen zu geringeren Erlösen, ohne dass auf Kostenseite gegengesteuert werden kann. Wir können unsere Preise nicht erhöhen und auch das Personal nicht abbauen, da wir in vielen Bereichen Personal 24/7/365 vorhalten müssen, egal wie viele Patientinnen und Patienten da sind. Das Beispiel ist schon oft verwendet worden und es stimmt: Eine Feuerwehr wird auch nicht für die einzelnen Einsätze finanziert, sondern für die Vorhaltung, dafür ständig einsatzbereit zu sein“, so Maurer.

„Die Zeit ist mehr als reif. Die Politik muss jetzt endlich handeln. Krankenhäuser sind ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil der Daseinsfürsorge. Wir fordern für die Krankenhäuser einen sofortigen Inflationsausgleich, um Kliniken vor der Insolvenz zu schützen. Für die Bürgerinnen und Bürger aber auch für die Menschen, die im Gesundheitssystem arbeiten!“, sagen der Aufsichtsratsvorsitzende Schellenberg und der Geschäftsführer Maurer.

„Seit Monaten platzieren wir das Thema, dass uns in den Krankenhäusern die Zeit davonläuft und es endlich zu einem zwischen Bund und Ländern abgestimmten gesteuerten Prozess zur Weiterentwicklung unserer Versorgungsstrukturen kommt. Unsere Mitarbeitenden und die Bürgerinnen und Bürger zahlen sonst einen viel zu hohen Preis“, so Maurer, der auch Vorsitzender des kommunalen Klinikverbunds Hessen e.V. ist und Vorstandsmitglied der Hessischen Krankenhausgesellschaft.

„Das Thema brennt und die Zeit rennt uns davon. Wir müssen nicht nur überlegen wie viele Krankenhäuser wir uns als Gesellschaft leisten wollen, sondern auch wie viele wir unter Berücksichtigung des Fachkräftemangels überhaupt noch betreiben können“, mahnt Clemens Maurer.

Um gegenüber der Bundespolitik und der Öffentlichkeit die prekäre wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser sowie den dadurch resultierenden Handlungsbedarf sichtbar zu machen, führt die Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG) derzeit eine bundesweite Pressekampagne durch.

Aktion Rot: Mitarbeitende lassen Ballons steigen

Zu dem Tag wurden die Hessischen Krankenhäuser aufgefordert, eine eigene Aktion Rot zu starten, um die Forderungen weithin sichtbar zu machen. Mehr als 100 Mitarbeitende der Klinikum Darmstadt GmbH haben sich dem dringenden Aufruf zur Rettung der Krankenhäuser angeschlossen und auf dem Vorplatz des Klinikums rote Luftballons steigen lassen.

Die DKG hat auch eine Online-Petition gestartet, bei der 50.000 Unterschriften für ein Quorum gebraucht werden. Die Geschäftsführung der Klinikum Darmstadt GmbH schließt sich dem Aufruf an: „Unterschreiben Sie die Petition! Und helfen Sie dabei, die Öffentlichkeit zu informieren und den Druck auf die Gesetzgeber zu erhöhen.”

Alle Infos
Alarmstufe ROT: Krankenhäuser in Gefahr – Online-Petition (openpetition.de)

(Text: PM Klinikum Darmstadt)