Hanau: „Das Bürgerbegehren wird zurückgewiesen“

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Luftbild von Hanau (Foto: Dr. Bernd Gross auf WikimediaCommons)

OB Kaminsky: Gesetzliche Voraussetzungen sind nicht erfüllt

Das Bürgerbegehren erfüllt aufgrund des unzureichenden Kostendeckungsvorschlages und der unzutreffenden Begründung die Voraussetzungen des § 8b Hessische Gemeindeordnung (HGO) nicht.“ Zu diesem unmissverständlichen Ergebnis ist der Hanauer Magistrat in seiner Sitzung am Montag gekommen und empfiehlt deshalb auch der Stadtverordnetenversammlung, die am 19. Juni über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens “Hanau braucht das Grimm-Haus” zu entscheiden hat, dieses als unzulässig zurückzuweisen.

Wie Oberbürgermeister Claus Kaminsky erläutert, stützt sich das Gremium dabei auf die Bewertung der städtischen Rechtsabteilung und ein darüber hinaus angefertigtes Rechtsgutachten des Hessischen Städtetags. “Ich halte das Ansinnen des Vereins aber auch unabhängig von der rechtlichen Zulässigkeit unter finanzpolitischen und städtebaulichen Gesichtspunkten für falsch,” macht der OB deutlich, dass er die in dem Bürgerbegehren formulierte Forderung nach einem historisierenden Gebäude in der Langstraße grundsätzlich ablehnt, und macht darauf aufmerksam, dass das Geburtshaus der Brüder Grimm gar nicht dort zu finden, sondern am Paradeplatz / Freiheitsplatz beheimatet war. In der Langstraße habe das Wohnhaus der Grimms und Geburtshaus von Ludwig Emil Grimm 1790 gestanden.

“Es erschließt sich mir nicht, warum wir in der Innenstadt ein weiteres Grimm-Museum bauen und dann auch betreiben sollen, nachdem wir im Schloss Philippsruhe nach langjährigen Konzeptentwicklungen das sehr erfolgreich laufende GrimmsMärchenReich realisiert haben”, so Kaminsky. Dort werde im ersten Raum über Leben und Werk der Familie Grimms informiert und im weiteren dann in dem außergewöhnlichen Mitmachmuseum zum sinnhaften Erleben der Grimm´schen Märchenwelt eingeladen.

Bürgerbegehren “Hanau braucht das Grimm-Haus”

Am 10. Februar 2023 war beim Magistrat das Bürgerbegehren “Hanau braucht das Grimm-Haus” eingereicht worden. Dabei zielt die Forderung auf den Wiederaufbau und einen museumsartigen Betrieb des Brüder-Grimm Wohnhauses in der Langstraße 56 in Hanau. Die Stadt hat für diese Fläche ganz andere Pläne. Dort entsteht in den nächsten Wochen Aufenthalts- und Verweilbereich, der eine Ruhezone in der Hektik der Innenstadt bilden soll. Sitzmöbel und Grün werden durch kleine Spielmöglichkeiten für Kinder ergänzt. Zur Hinführung werden auch sogenannte Parkletts (Sitzmöbel mit Grünelementen) in den alten Parkbuchten entlang der Langstraße installiert. In einem ersten Schritt ist bereits eine öffentliche, barrierefrei zugängliche WC-Anlage errichtet worden, die demnächst in Betrieb gehen wird.

Ob die Frage “Hanau braucht ein Grimm-Haus” der Hanauer Bürgerschaft zur Entscheidung vorgelegt werden darf, entscheidet die Stadtverordnetenversammlung anhand eindeutiger Kriterien, die in der HGO geregelt sind. Allerdings sehen sowohl die städtische Rechtsabteilung als auch ein Rechtsgutachten des Hessischen Städtetages die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bürgerbegehren in zwei wichtigen Punkten nur teilweise erfüllt und damit als nicht zulässig.

Zum einen muss die Begründung eines Bürgerbegehrens die Unterzeichnenden über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufklären und genaue Informationen darüber geben, worüber abgestimmt werden soll. In der vorliegenden Begründung wird jedoch die Behauptung aufgestellt, dass sich das Grimm-Haus städtebaulich in die bestehende Häuserzeile einfügt, was aus Sicht der Stadtplanung nicht der Fall ist. Danach würde sich ein historisierender Neubau des Wohnhauses eben nicht sinnvoll in die benachbarte Nachkriegsbebauung integrieren, sondern als isolierter Fremdkörper wirken. Darüber hinaus enthält die Begründung auch unzutreffende Angaben über die unvollständige Errichtung der Häuserzeile in typisch Neustädter Bauart, da in der Innenstadt keine Reste historischer Bebauung vorhanden sind. “Das bedeutet, dass entscheidungserhebliche Tatsachen unzutreffend wiedergegeben werden”, fasst Hanaus OB Kaminsky zusammen.

Erforderliche Kostendeckungsvorschlag mit erheblichen Mängel

Daneben weist auch der für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erforderliche Kostendeckungsvorschlag erhebliche Mängel auf. “Der Kostendeckungsvorschlag soll den Menschen in der Stadt die finanzielle Tragweite und Konsequenzen der vorgeschlagenen Maßnahme verdeutlichen”, so der OB und ergänzt: “Da ein Bürgerentscheid die gleiche bindende Wirkung wie die eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung hat und nur eingeschränkt abänderbar ist, muss der Kostendeckungsvorschlag den Bürgerinnen und Bürgern die wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Gemeindevermögen klarmachen.” Der vorliegende Kostendeckungsvorschlag lege jedoch keine ausreichende Finanzierung für das Projekt dar und enthalte lediglich ungenaue Angaben zu Förderprogrammen und Folgekosten. “Beispielsweise sprechen die Initiatoren von möglichen Umschichtungen im Kulturetat und verschweigen, dass solche Verschiebungen von Geldern immer zulasten bestehender Projekte gehen müssen.”

Die Baukosten für das Grimm-Haus werden in dem Antrag auf 660.000 Euro geschätzt, hinzu kommen 340.000 Euro für ein Nebengebäude, insgesamt also 1.000.000 Euro. Es wird vorgeschlagen, bis zu 500.000 Euro durch Zuschüsse aus dem Förderprogramm “Lebendige Zentren” oder einem ähnlichen Städtebauförderungsprogramm zu beantragen, was in dieser Form für einen Kostendeckungsvorschlag jedoch nicht konkret genug ist. Auch für die verbleibenden Investitionskosten wird lediglich eine langfristige Finanzierung aus dem Investitionshaushalt des Produktbereichs Kultur und Wissenschaft vorgeschlagen, ohne dabei genaue Angaben zu den betroffenen Positionen zu machen. Es wird auch auf weitere Förderprogramme verwiesen, ohne jedoch konkrete Informationen über die Bewilligung und Höhe der Mittel zu liefern. “Die ungenauen Angaben im Kostendeckungsvorschlag erfüllen nicht die Anforderungen an eine transparente und realistische Darstellung der Finanzierungsmöglichkeiten und sind daher nicht ausreichend”, unterstreicht der OB, dass aufgrund dieser gravierenden Mängel das Bürgerbegehren nicht die rechtlichen Voraussetzungen gemäß § 8b HGO erfüllt und aus Sicht des Magistrats als unzulässig abzulehnen ist.

(Text: PM Stadt Hanau)