Eppertshäuser Flüchtlingsfamilien gewinnen Verfahren gegen LADADI

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Hatte vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt als Unterstützer zweier in Eppertshausen lebender Flüchtlingsfamilien Erfolg: Sozialarbeiter Hans Müller. Bei der konkreten Vor-Ort-Lösung des Problems der Unterversorgung an Betreuungsplätzen deutet sich nun eine Variante mit Tageseltern in einer von der Gemeinde angemieteten Liegenschaft an. (Foto: jedö)

Kinderbetreuung: Jugendamt muss Plätze nachweisen / Abhilfe könnte die Gemeinde bald mit neuen Tageseltern in angemietetem Gebäude schaffen

(jedö) Im November berichtete unsere Zeitung über den Eppertshäuser Sozialarbeiter Hans Müller, der zwei im Ort lebende Flüchtlingsfamilien aus Syrien und Ghana bei ihrem Kampf um einen Kita-Platz in der Gemeinde unterstützt. Die betroffenen vier- und fünfjährigen Kinder gehören zu derzeit zwei Dutzend Jungen und Mädchen im Ort, denen trotz eines gesetzlichen Anspruchs in den beiden Eppertshäuser Kitas Sonnenschein und St. Sebastian derzeit kein Betreuungsplatz geboten werden kann. Mit Müllers Unterstützung haben die zwei Familien, die ob der ungelösten Betreuungssituation ihrer kleinen Kinder ihre Integration erschwert sehen, Ende des Jahres gegen das Jugendamt des Landkreises Darmstadt-Dieburg geklagt. Nun hat das Verwaltungsgericht Darmstadt im Verwaltungsstreitverfahren geurteilt und den beiden Familien Recht gegeben. Bei der konkreten Vor-Ort-Lösung des Problems spielt dennoch weiter auch die Gemeinde eine zentrale Rolle.

Zunächst eine Formalie: Nach Einreichung der Klage lehnte das Gericht Hans Müller als Bevollmächtigten der beiden Familien ab. Müller ist zwar ausgebildeter und angestellter Sozialarbeiter, unterstützt die in Eppertshausen lebenden Flüchtlinge aus Syrien und Ghana aber ehrenamtlich in seiner Freizeit, praktisch also privat. „Stattdessen hätte zum Beispiel ein Sozialverband die Rolle des Bevollmächtigten übernehmen müssen“, hat Müller gelernt. Die zwei sehr ähnlichen Verfahren liefen aber weiter, nun mit den beiden Familien als direkten Kläger. Im Hintergrund hatten sie weiter Müllers Unterstützung, etwa bei der Überwindung von Sprachbarrieren, schriftlichen Formulierungen und rechtlicher Einschätzungen.

Im Ergebnis hat das Gericht den Landkreis – konkret das dortige Jugendamt und seiner „Wirtschaftlichen Jugendhilfe I“ – mit dem Beschluss dazu verpflichtet, den beiden Familien je einen Betreuungsplatz nachzuweisen. Dieser muss von Montag bis Freitag fünf Stunden Betreuung täglich ermöglichen, in Eppertshausen oder in einer Kommune, die mit Auto oder ÖPNV binnen 30 Minuten erreichbar ist. Wie bei fast allen Familien existiert auch bei den beiden Klägern aus Syrien und Ghana der Wunsch, dass ihre Kinder am Wohnort, also in Eppertshausen, betreut werden und dort soziale Kontakte knüpfen. Rechtliche Grundlage ist ein im Sozialgesetzbuch verankerter Anspruch, dass ein Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahrs bei entsprechendem Wunsch der Eltern (der in den vorliegenden Fällen seit längerer Zeit im Eppertshäuser Rathaus hinterlegt ist) bis zum Schuleintritt in einer Tageseinrichtung gefördert wird.

Theoretisch kann der Landkreis gegen das Urteil noch Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einlegen. Die von Hans Müller unterstützten Familien haben ihren Rechtsanspruch nun aber erstmal schwarz auf weiß, und sehen dadurch den Handlungsdruck bei den staatlichen Stellen erhöht. Wobei Hans Müller betont, dass er sich freut, dass die Gemeinde Eppertshausen schon Ende 2020 Schritte in die Wege geleitet hat, um den unversorgten Kindern in Bälde zusätzliche Betreuungsplätze anbieten zu können. „Mir geht es auch nicht nur um diese beiden Familien, sondern um alle 24, die aktuell keinen Platz haben“, betont er.

Wie dies recht rasch gelingen könnte, schildert Bürgermeister Carsten Helfmann (CDU): Da die beiden bestehenden Eppertshäuser Kitas voll belegt seien – dort werden während des Kindergarten-Jahrs meist nur Plätze frei, wenn Familien mit ihren Kindern wegziehen, für die Wartenden also ein Glücksspiel – und aktuell coronabedingt sowieso keine Neuaufnahmen stattfänden, müssten zusätzliche Plätze die Unterdeckung beseitigen. „Wir haben eine Liegenschaft im Blick, die wir anmieten wollen“, sagt Helfmann, will aber das Objekt noch nicht nennen, weil der Mietvertrag noch nicht unterschrieben sei. Dort könnten im Frühjahr zwei Tageseltern die Arbeit aufnehmen und damit zehn bislang unversorgte Eppertshäuser Kinder betreuen. Der Landkreis schule für diesen Zweck gerade neues Personal, „im März werden die neuen Tagesmütter und -Väter geprüft“, blickt Helfmann voraus. Von den potenziellen Kandidaten wohne zwar keiner in Eppertshausen; drei im Ostkreis Darmstadt-Dieburg lebende Anwärter habe die Gemeinde aber schon für eine Verpflichtung im Blick.

Ob statt oder neben der Tageseltern-Lösung eine Kita-Interimsgruppe, die organisatorisch an eine der beiden Eppertshäuser Kitas angedockt und in einer gemieteten Liegenschaft untergebracht werden könnte, eingerichtet wird, prüfe die Gemeinde derzeit noch. Grund laut Helfmann: Man fürchte, dass man durch die Schaffung einer solchen temporären Kita-Gruppe üppige Zuschüsse für den dauerhaften Neubau einer dritten Kita (wahrscheinlich auf einem Feld-Grundstück südlich der Babenhäuser Straße) riskiere. Dabei gehe es um Landesmittel in Höhe von 375 000 Euro, überschlägt der Bürgermeister. Deshalb sei für die schnelle Schaffung von Betreuungsplätzen für die zwei Dutzend unversorgten, meist aus Flüchtlingsfamilien stammenden Kindern aktuell die Variante mit den Tageseltern die wahrscheinlichere.

 

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