Diakonie und Sozialdezernat eröffnen Kapelle
Ein Raum der Stille, um das Erlebte zu verarbeiten: In einer Notunterkunft der Stadt Frankfurt können sich Geflüchtete aus der Ukraine künftig in einen neuen Andachtsraum zurückziehen. Das Projekt in der städtischen Notunterkunft geht auf eine Kooperation des Diakonischen Werkes für Frankfurt und Offenbach und des Ikonenmuseums zurück. Die Diakonie betreibt für die Stadt die Halle, das Museum stellte Ikonen aus einer Schenkung zur Verfügung.
Sozialdezernentin Elke Voitl eröffnete gemeinsam mit Diakoniepfarrer Michael Frase, dem evangelischen Stadtdekan Achim Knecht, der Kuratorin des Ikonenmuseums Konstanze Runge und dem Generalkonsul der Ukraine in Frankfurt am Main, Vadym Kostiuk, am Dienstag, 29. März, die kleine Kapelle. Mit dabei waren zahlreiche der rund 380 Geflüchteten in der Halle, die an blumengeschmückten Tischen und Bänken Platz nahmen.
Der schmale Andachtsraum mit Kerzen, Ikonen und einem orthodoxen Hauskreuz ist für die Menschen ein Rückzugsort in der sonst geschäftigen Halle: „Wir möchten den Menschen, die hier untergekommen sind, in dem Andachtsraum die Möglichkeit geben, etwas zur Ruhe zu kommen, an ihre Angehörigen zu denken und Fürbitte zu halten – viele der Männer sind im Krieg“, sagt Diakoniepfarrer Frase zur Begrüßung.
Schutzsuchende bestmöglich unterstützen
„Wir sind hier in Frankfurt inzwischen ein sicherer Ort für geschätzt 5.000 Schutzsuchende vor diesem schrecklichen und unrechtmäßigen Krieg und tun alles in unserer Macht Stehende, um sie bestmöglich zu unterstützen“, sagt Sozialdezernentin Voitl. „Wenn mit Bildern und Meldungen der Krieg mit seiner ganzen Brutalität bei Menschen hier in Frankfurt ankommt, die mit dem Verlust ihres Zuhauses schon mehr als genug zu tragen haben, ist das zusätzlich extrem belastend. Ich bin froh und sehr dankbar, dass die Diakonie gemeinsam mit dem Ikonenmuseum diesen Ort der Stille geschaffen hat, der auch Raum zum Verarbeiten des Erlebten gibt.“
Beim Einrichten des hellen Andachtsraumes mit hölzernen und metallverkleideten Ikonen wirkte das Frankfurter Ikonenmuseum tatkräftig mit. „Ikonen bringen das Heilige in den Alltag der Menschen. Als wundertätige Bilder sind sie für orthodoxe Christinnen und Christen von besonders großer Bedeutung“, sagt Konstanze Runge, die Leitende Kuratorin des Ikonenmuseums.
Just als Diakonie-Leiter Frase das Ikonenmuseum um Unterstützung bat, traf dort das Angebot einer Schenkung ein. „Das ist ein Glücksfall, dass ich die Ikonen direkt von der Schenkerin in die Notunterkunft bringen konnte. Ich bin unglaublich dankbar und kann mir im Moment keinen besseren Einsatz vorstellen, als Menschen aus der Ukraine mit diesen religiösen Objekten, die vielen von ihnen etwas bedeuten, einen Funken der Hoffnung, der Zuversicht und der Stärke zu geben“, sagt die Kuratorin.
Zusammen mit einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin und einem befreundeten Schreiner hat sie die gespendeten Ikonen im Andachtsraum selbst gehängt: Die Gottesmutter Eleousa, die Erbarmerin, mit dem eng angeschmiegten Jesuskind, die für Liebe, Fürsorge und Schutz steht und die Gottesmutter Pokrov, die ihren Mantel für alle Trost- und Schutzsuchenden ausbreitet und um Wunder gebeten wird, sowie weitere Ikonen.
Ukrainische Generalkonsul dankt Stadt Frankfurt und Stadtgesellschaft
Der ukrainische Generalkonsul Vadym Kostiuk bedankte sich bei der Stadt Frankfurt und der Stadtgesellschaft „für alle Mühe und Hilfe, die sie für ukrainische Staatsbürger leistet.“ Er rief seine Landsleute, die zu seiner Rede immer wieder klatschten, dazu auf, „dass Sie durchhalten. Wenden Sie sich, wenn Sie Unterstützung brauchen, an das Generalkonsulat, wir arbeiten an jedem Tag der Woche“.
Achim Knecht, Stadtdekan der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach, zitierte Psalm 130,1: „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir.“ An die ukrainischen Geflüchteten gewandt, sagte er: „Aus der Tiefe des Herzens werden die Gebete in diesem Raum kommen. Aus der Tiefe des eigenen erlebten Schreckens. Aus der Tiefe der Angst um Familienangehörige und Freunde, die in der Ukraine zurückbleiben mussten oder wollten.“ Der evangelische Geistliche benannte auch die Sorge um die Zukunft, die die Geflüchteten bewegt und ihre „Verzweiflung, dass die Heimat in Schutt und Asche liegt“. Er habe großen Respekt vor der tiefen Frömmigkeit vieler Menschen aus der Ukraine, denen der Glaube Halt gibt. Deshalb sei es der Evangelischen Kirche wichtig gewesen, in der Unterkunft einen Andachtsraum einzurichten: „Dadurch schaffen wir vielleicht einen kleinen Ort der Beheimatung.“
In der Ukraine sind mehr als 80 Prozent der Menschen Christen. Der Andachtsraum richte sich aber als Ort der Stille an alle Ruhesuchenden, sind sich die Verantwortlichen einig.
(Text: PM Stadt Frankfurt)