Mundart-Plakette für Eberstadt

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Bezirksverwalter Ludwig Achenbach (li.) mit Fritz Ehmke, Vorsitzender der Mundartfreunde Südhessen. (Foto: Wissenschaftsstadt Darmstadt)

Mundartfreunde Südhessen zeichnen Bezirksverwaltung aus

Die Mundartfreunde Südhessen haben jetzt die Eberstädter Bezirksverwaltung mit einer besonderen Plakette ausgezeichnet: “Mir schwätze MundArt”, steht jetzt auf einem am Eingang angebrachten Emailleschild. Bezirksverwalter Ludwig Achenbach war an die Mundartfreunde Südhessen herangetreten, weil er auf diese Weise deutlich machen wollte, dass im Eberstädter Rathaus die Menschen ganz selbstverständlich auch im südhessischen Dialekt ihre Angelegenheiten erledigen können. Damit soll ein Beitrag zu Erhalt und Pflege der heimischen Mundart geleistet werden. Die Mundartfreunde Südhessen (www.gebabbel-suedhessen.de) führen vielfältige Aktionen zur Pflege des südhessischen und besonders auch odenwälderischen Dialekts durch. Der Erlös der Aktionen kommt immer dem Verein für krebskranke und chronisch kranke Kinder Darmstadt/Rhein-Main-Neckar e. V. zugute. Auch dem Eberstädter Schild ging eine kleine Spendenaktion voraus.

Oberbürgermeister Jochen Partsch begrüßt die Aktion: “Mundart verbindet und schafft Identität, so das Motto der Mundartfreunde Südhessen, die das nach eigenen Worten kostbare Kulturgut Brauchtum und Mundart pflegen. Hierfür ist ihnen herzlich zu danken, ebenso für ihren Einsatz für den Verein krebskranker und chronisch kranker Kinder. Nach dem legendären Grohe und dem Publikumsliebling Kikeriki-Theater ist das Eberstädter Rathaus im 175. Jahr seines Bestehens der dritte Ort in Darmstadt, der diese hohe Auszeichnung erhält – auch ein Zeichen für Bürgernähe”.

Barrieren werden abgebaut

Vorsitzender der Mundartfreunde Südhessen ist Fritz Ehmke aus Modautal, er bedankte sich für die Einladung und freut sich über die Auszeichnung des Ewwerschter Rathauses mit dem Kultschild, dass mittlerweile über 100 Gaststätten, Geschäfte, Rathäuser, Arztpraxen, Fußballplätze und Privathäuser in Südhessen schmückt. Die Schilder sollen darauf hinweisen, dass hier Mundart geschwätzt wird und dazu motivieren, sich seiner Muttersprache zu erinnern. „Die schwätze ja wie isch“, denkt sich dann zum Beispiel ein Besucher des Ewwerschter Rathauses. Barrieren werden abgebaut und man ist sich oft auf Anhieb sympathisch. Trifft Dialektsprecher auf Dialektsprecher, so fördert das die Verbundenheit. Wer Dialekt spricht, schafft Vertrauen, denn Mundart ist der ureigene Ausdruck unserer regionalen Identität und spiegelt die Vielfalt unserer regionalen Kultur wider. Mittlerweile erlebt die Mundart erfreulicherweise eine Renaissance. Regionale Comedys, Interessengemeinschaften wie wir Mundartfreunde Südhessen, Musik- und Kabarettgruppen machen den Dialekt wieder charmant und salonfähig. Mundartwanderwege erfreuen sich gerade in der Pandemie großer Beliebtheit.

In Workshops wird nach längst entschwundenen Begriffen geforscht. Was out und verpönt war, ist plötzlich wieder in. Die Mundart scheint so lebendig zu sein wie schon lange nicht mehr. Aber warum eigentlich? In Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung nimmt die Identifikation mit der Region, die Sehnsucht nach Heimat und Geborgenheit zu. Im Dialekt, da fühlt man sich heimisch, in der mündlichen Umgangssprache kann man Dinge ausdrücken, die die Hochsprache nicht kann. Der Dialekt ist viel direkter, man kann Emotionen transportieren und auch mal lieb gemeinte Schimpfwörter loswerden. Deshalb ist es nötig, immer wieder die Wichtigkeit von Dialekten zu betonen. Je stärker ein Kind Dialekt spricht, desto mehr profitiert es davon. Es wächst mit doppeltem Vokabular auf und mit zwei verschiedenen Grammatiken. Das fordert das Gehirn ungemein heraus! Hinzu kommt die emotionale Ebene. Dialekt ist die Sprache des Gefühls, das gibt Sicherheit, Heimatgefühl, Identität.

Dialekt ist kein starres Gebilde

Der Dialekt ist kein starres Gebilde, sondern wird sich weiter wandeln. Die Mundart von Morgen unterscheidet sich nicht mehr so stark von Ort zu Ort, aber das Lokalkolorit wie Süd,- Mittel, -Nordhessisch und auch innerhalb dieser Regionen wird bleiben. Der Dialekt wird in Zukunft dem Regiolekt Platz machen, aber das besondere Zugehörigkeitsgefühl über die Sprache wird bewahrt bleiben.

Abschließend Bezirksverwalter Achenbach: “Auch die Eberstädter Bezirksverwaltung hat internationale Kundschaft. Und natürlich versuchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, jedwedes Anliegen so gut wie möglich sprachlich zu übermitteln. Wir können selbstverständlich auch hochdeutsch – mit entsprechendem Einschlag – aber die Pflege der Mundart gehört für uns zu Vielfalt und lokaler Identität. Alte und neue Ewwerschter die uns in der heimischen Mundart ansprechen, werden gerne entsprechend bedient – sozusagen basisdemokratisch. Sämtliche Beschäftigten hier sind dazu in der Lage. Da wir in Eberstadt eher schwätze als babbele, wurde die Plakette entsprechend abgeändert.”

(Text: PM Wissenschaftsstadt Darmstadt)