Mit dem Rennrad in acht Tagen durch sechs Länder

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Norbert Anton am Bodensee in Lindau. (Foto: na)

Reisebericht: Norbert Anton aus Eppertshausen war auf Radmarathon mal schnell über die Alpen

Geplant war eigentlich eine andere Reise, die wegen Corona vielleicht nächstes Jahr angegangen wird. Schon lange galt es aber eine zugesagte Einladung einzulösen, nach Mittelitalien unweit von San Benedetto an der Adriaküste. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, es sei denn, man fährt die Strecke von Eppertshausen mit kleinem Gepäck mit dem Rennrad. Kondition und Ausdauer wurden zuvor trainiert, knapp acht Kilogramm Gepäck inklusive Ersatzschläuche und Werkzeug und reichlich Flüssigkeit waren gut verstaut, auch der Wetterbericht war eher zu gut. Gute Reisebegleiter waren das Navi-System Komot, das Handy aber auch die alte Landkarte.

Morgens, wenn es noch kühl ist, gilt es, Strecke zu machen, Trinkpausen einzuhalten und nicht „sauer“ zu fahren. Die Bergstraße herunter, schon vor Mittag an Heidelberg vorbei nach Karlsruhe. Dann über den Rhein auf der französischen Seite vor Straßburg wieder zurück über das Rinnsal Rhein, hinein in das letzte Steigungsstück, vorbei an der Hornisgrinde bis zum ersten Etappenziel, der Jugendherberge Freudenstadt, nach knapp 230 Kilometer bei einem Wasserverbrauch von rund 14 Litern! Der zweite Tag war dann dagegen eine Erholungsetappe bis zum Donaudurchbruch, angenehm frisch durch den Hochschwarzwald.

Am nächsten Morgen ging es erst hinab zum Bodensee, entlang am nördlichen Ufer, von Überlingen bis nach Lindau. Was für manchen Radfahrer eine Erlebnistour darstellt, bringt den sportlichen Biker schier zum Verzweifeln. Inliner, Rollerfahrer, Fußgänger und gemütlich nebeneinander fahrende E-Biker machten die Entscheidung leicht, auf die Straße zu wechseln. Bregenz, Feldkirch, immer dem Rhein aufwärts folgend, bei 40 Grad Hitze strampelnd, ging es durch Österreich. An der Grenzstation in Lichtenstein gab es frisches Wasser. Das Fürstentum mit seinen beiden imposanten Burgen war in einer Stunde durchquert. Noch eine kurze Steigung, durch das berühmte „Heididorf“ dann war Chur erreicht. Hier gab es neben der teuersten Übernachtung auch mit Abstand die schlechteste Pizza (29 Franken) und dazu schales Bier.

Tag vier sollte der härteste werden. Sehr früh, auf der Via Mala immer in Sichtweite des jungen Rheins, der ständig seine Farben wechselte, ging es nach Splügen. Verpflegungsstopp, dann hinauf zur Königsetappe. In unzähligen Serpentinen im kleinsten Gang, über zwei Stunden hinauf auf über 2100 Meter. Auf der Passhöhe entschädigte ein grandioser Blick auf die Bergwelt der Dreitausender. Danach rollte das Rad fast 30 Kilometer ohne zu treten. An der Nordspitze des Comersees ging es in das Valtellina-Tal, das am Tagesende nochmals mit einer grandiosen Steigung aufwartete. In Aprica, nach fast 190 Kilometer gab‘s das hart verdiente Weizen und ein tolles Abendessen. Von nun an ging‘s bergab. Sehr zeitig klickten die Rennschuhe in die Pedalen. Brescia, am Südufer des Gardasees entlang, ging die Fahrt am fünften Tag nach Verona. Trotz Recherche und intensiver Suche gab es keine Übernachtungsmöglichkeiten, selbst jenseits der 200 Euro-Marke. Alles restlos ausgebucht wegen der Festspielzeit. Ein Hotelier vermittelte bei einem Freund im 50 Kilometer entfernten Legnago ein günstiges Zimmer mit dem Zusatztipp die Bahn zu nehmen. Dieser Tipp war goldrichtig.

Vor dem Rathaus der Partnergemeinde Codigoro. (Foto: na)

Ausgeruht und ohne die befürchteten Schmerzen durch den harten Rennsattel ging es durch die Emilia Romagna über Ferrara ins Po-Delta zur Partnergemeinde Codigoro. Hier noch ein kurzer Zwischenstopp, vorbei an der bekannten Abtei Pomposa nach Comacchio. Hier war so heiß, dass eine längere Pause nötig war. Ravenna, die altehrwürdige Stadt lud am Abend zum Bummeln ein. Am vorletzten Tag ging es erst an der Adriaküste entlang, bei Rimini dann landeinwärts zur kleinen Republik San Marino. Mit nur sieben Quadratkilometer und weniger Einwohnern als Eppertshausen thront sie rund 750 Meter über der Adria. Über kleine Nebenstraßen, die alles abverlangten, erreichte ich spät abends nach 198 Kilometer die Hafenstadt Ancona. Ein reichliches Fischmenü rundete den Tag kulinarisch ab.

Die letzte Etappe war dann zum „Austrainieren“, wobei auf der flachen neugeteerten Strecke mit etwas Rückenwind ein Schnitt von 40 Stundenkilometer erreicht wurde. Cupra Maritima, das Endziel, war dann bald erreicht. Und gerade hier passierte es zum ersten Mal, dass ich mich am Berg verfahren und weit am Ziel vorbeigefahren war. Mit einem kühlen Bier und reichlich Wasser wurde ich dann von meinen Freunden nach 1.365 Kilometern empfangen. Drei Tage konnte ich bei meinen Gastgebern verweilen und wurde verwöhnt, dann trat ich die 20-stündige Rückreise mit dem Flixbus an.

(Text: na)