10-Punkteplan zum naturnahen Walderhalt in Bickenbach

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(Symbolfoto: jplenio auf Pixabay)

Die Gemeinde Bickenbach hat einen 10-Punkteplan zum Erhalt des Gemeindewaldes erstellt. Oberstes Ziel ist der Walderhalt als multifunktionaler Dienstleister.

1. Leitgedanke – Walderhalt als oberstes Ziel

Eingriffe im Wald entsprechen dem übergeordneten Ziel des Walderhalts oder der Förderung des Ökosystems Wald. Gesunde, der natürlichen Waldgesellschaft entsprechenden Bäume werden nicht geerntet. Fällungen werden auf ein unverzichtbares Minimum reduziert.

Der nachhaltige Rohstoff Holz wird nur bereitgestellt, sofern es das übergeordnete Ziel des Walderhalts nicht tangiert.

2. Leitgedanke – aktiver Waldumbau

Die natürliche Verjüngung standortheimischer Bäume ist gleichrangig mit der Pflanzung und Saat standortgerechter Arten zu sehen.

Die Sämlinge der vorhandenen Bäume werden gefördert und geschützt. Dort, wo sich in absehbarer Zeit keine naturnahe Baumartenzusammensetzung von allein etablieren wird, wird aktiv eingegriffen. Die Naturverjüngung wird durch Saat und Pflanzung unterstützt.
Konkurrierende Pflanzen, insbesondere invasive Arten, werden gezielt zurückgedrängt.
Das Ziel ist ein naturnaher Wald, der an den Klimawandel angepasst ist.

3. Leitgedanke – Wasserhaushalt stabilisieren

Langfristig muss der Wasserhaushalt in den Wäldern gestärkt werden. Oberflächenwasser darf nicht mehr aus dem Wald geleitet werden, sondern sollte im Waldboden versickern. Hinzu kommt die Stärkung des Bodenschutzes. Ein gesunder Boden bildet die Basis jeden gesunden Waldes. Dieser kommt direkt der Gesundheit und der Stabilität der Wälder zugute und macht die Wälder widerstandsfähiger. Schadstoffeinträge in die Waldböden müssen minimiert werden.

4. Leitgedanke – Totholz verbleibt im Wald

Das stehende und liegende Totholz verbleibt in großen Teilen im Wald. Erklärtes Ziel ist es den Totholzanteil auf ganzer Fläche zu erhöhen – er dient als Wasserspeicher und als Habitat für die unterschiedlichsten Lebewesen.

5. Leitgedanke – Artenreichtum fördern

Um den Artenreichtum zu fördern, werden Habitatbäume z. B. ihrem natürlichen Verfall überlassen. Künstliche Nistmöglichkeiten für Fledermäuse und Vögel werden geschaffen.
Innerhalb der Brut- und Setzzeit werden keine Waldarbeiten durchgeführt und dauerhaft keine Pestizide eingesetzt.

6. Leitgedanke – natürliche Sukzession

Auf bestimmten Flächen wird der natürlichen Sukzession Raum gegeben.

7. Leitgedanke – Edellaubholz fördern

Eichen und trockenes Edellaubholz werden konsequent gefördert. Ebenso eine naturnahe und standortangepasste Baumartenzusammensetzung.

8. Leitgedanke – Waldinnenklima stabilisieren

Zum Schutz eines intakten Waldinnenklimas wird das Kronendach geschlossen gehalten
und die Beschattung gefördert. Bestehende Waldränder werden naturnah strukturiert, neue Waldränder und Zerschneidungen werden vermieden.

9. Leitgedanke – Forstarbeiten

Hochmechanisierten Arbeiten sind aufgrund des Arbeitsschutzes in Teilen notwendig. Der Einsatz von Maschinen wird auf ein Mindestmaß beschränkt. Zum Schutz des Waldbodens werden keine neuen Rückegassen angelegt. Gassen, die einen Mindestabstand von 40 Metern unterschreiten, werden stillgelegt.

10. Leitgedanke – Erlebnisort Wald

Die Beziehung der Bürgerinnen und Bürgern zum Wald wird durch die Erschließung des Gemeindewaldes gefördert. Dies geschieht zum Beispiel mit der Kennzeichnung besonderer Bäume, Abteilungsschildern mit Flurnamen oder Wegebezeichnungen; Einbindung von Schulen und Kindergärten; erholungsorientierte Besucherlenkung; bessere Aufklärung über waldtypische Gefahren; Angebote moderner Waldpädagogik in Zusammenarbeit mit dem Geo-Naturpark und Hessenforst.

Die Verkehrssicherung entlang von Wegen, Straßen und Bebauungsrändern hat oberste Priorität. Der Gemeindewald bleibt als Erholungsort damit begehbar und erlebbar.

Weitere Informationen

Durch den im Forsteinrichtungswerk 2017 zutreffend beschriebenen und nun fortgeschrittenen Waldzustand sieht der Gemeindevorstand die Notwendigkeit im Rahmen der Waldbewirtschaftung, die von der Gemeindevertretung beschlossenen Ziele, zu fokussieren. Die damals beschlossene Waldstrategie ist auf Jahrzehnte ausgerichtet und hat die Klimaveränderungen schon berücksichtigt.

Die großen Anstrengungen des Waldeigentümers, zusammen mit Hessen-Forst den Wald aktiv umzubauen, zeigen erste Erfolge, wie auf der letzten Waldbegehung festgestellt wurde.

So wurden unter anderem seit 2018 gut 30.000 Bäume neu gepflanzt. Dies entspricht der Anzahl der geschätzten Anzahl an „ausgewachsenen“ Bäumen, die wir im Gemeindewald haben.

Der Bürgermeister und Vertreter des Gemeindevorstandes hatten sich am 7. Juni 2022 mit Hessenforst und dem Nabu zur Diskussion über den „richtigen“ Umgang mit dem Wald getroffen. Hieraus entstanden zwei Vorschläge zur Waldbewirtschaftung, die von Hessenforst und Nabu unabhängig erarbeitet wurden.

Bei der weiteren ausführlichen Diskussion im Gemeindevorstand wurde festgestellt, dass es deutliche Überschneidungen gibt. Unter Federführung der Fachabteilung wurde der vorgelegte Entwurf entwickelt. „Neu ist dabei, dass die Position von Hessenforst ebenso wie die Position des Nabu gewürdigt wurden“, so Bürgermeister Markus Hennemann.
Die Haltung den aktiven Waldumbau voranzutreiben unterstreich auch das Jahresrundschreiben der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, dessen Mitglied die Gemeinde Bickenbach seit Jahren ist. Hierin wird auf den Standpunkt des Naturschutzverbandes hingewiesen, dass „… angesichts der Klima- und besonders der Riedproblematik, es nicht opportun ist, der natürlichen Wiederbewaldung durch Flächenstilllegung Raum zu geben, sondern entschlossen mit resilienten Baumarten die immer größer werdenden Lücken im Wald zu schließen. Nach Feststellung der Universität Zürich ist der Kipppunkt bereits überschritten, das heißt der Verfall überschreitet die Heilungskräfte“.

Die Umsetzung der Ziele soll im Rahmen der nächsten Waldbegehungen eng begleitet werden.

Zusammenfassend teilt Bürgermeister Hennemann mit, dass „die Gemeinde auf einen wirtschaftlich getriebenen Holzeinschlag weiterhin verzichtet. Wir entnehmen nur Bäume wo es auf Grund von der Verkehrssicherungspflicht und des Walderhalts notwendig ist“.
Er bringt in diesem Zusammenhang eine mögliche Vorziehung des für 2026 geplanten neuen Forsteinrichtungswerkes ins Gespräch. Hier könnten die strategischen Ziele neu kalibriert werden.

(Text: PM Gemeinde Bickebach)