Michelstädter Bauhof startet Veredelungsaktion zur Rettung alter Streuobstsorten

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Veredelungstechnik Pfropfen (Foto: Stadt Michelstadt)

Edelreis am besten im Januar oder Februar schneiden

In vielen Gärten stehen alte Obstbäume, an denen phantastische Früchte reifen. Doch im Laufe der Zeit sind die Sortennamen in Vergessenheit geraten. Mitarbeiter des Bauhofs Michelstadt bieten Bürgern nun die Möglichkeit diese Sorten neu zu veredeln, um so die Sorte für die nächsten Jahrzehnte zu erhalten.

Wie bereits 2019 nimmt deshalb der Michelstädter Bauhof auch im Januar 2023 frische Obstreiser entgegen, die mit einem Namensetikett versehen in eine spezielle Obstbaumschule zwecks Veredelung geschickt werden, und zwar am 3. Februar von 16 bis 18 Uhr. Dabei können Bürger angeben, welche Größe der Baum später erreichen soll. Im Herbst dieses Jahres können die “fertigen Baum” dann beim Bauhof übernommen werden.

Die Preise liegen zwischen 35 und 60 Euro in Abhängigkeit von Sorte und Größe. Fertige Veredelungen sind meist 40 bis 100 Zentimeter hoch, können aber auch die 2-Meter-Marke erreichen. Wer am 3. Februar jeweils drei kleine und circa bleistiftdicke 50 Zentimeter lange Obstbaum-Äste beim Bauhof der Stadt abgibt, erhält diese in einem halben Jahr als Jungbaum zurück, wie Gärtnerin Rike Heckmann vom Bauhof erklärt.

Das Grundprinzip der Veredelung ist relativ einfach: Auf einer sogenannten Unterlage, die den Wuchs des Baumes bestimmt, soll eine gewünschte Obstbaumsorte wachsen und reichlich Früchte tragen. Dafür muss die Unterlage mit einem Trieb einer anderen Sorte verbunden werden. Je nach Jahreszeit gibt es unterschiedliche Techniken. Im Spätwinter werden Edelreiser auf eine sogenannte Unterlage gesetzt. Die Technik dafür heißt Kopulation. Im Sommer wird eine andere Veredlungstechnik angewendet: die Okulation. Dabei wird eine ruhende Knospe der gewünschten Obstsorte unter die Rinde eines Baums eingesetzt.

Bereits in der Antike wurden zahlreiche Obstsorten über Veredelung verbreitet. Diese Technik der ungeschlechtlichen Vermehrung machten sich im Mittelalter auch Mönche in den Klostergärten zunutze, um bestimmte Züchtungen zu erhalten. Gegenüber Sämlingen bietet die Veredelung von Obstbäumen noch einen weiteren Vorteil: Durch Veredelung kannst man meist früher und auch mehr ernten. Im Vergleich sprießen Sämlinge zunächst zwar stark, tragen aber erst recht spät Früchte.

(Text: PM Stadt Michelstadt)