Rödelheim: Mordkommission und Denkmalamt gemeinsam vor Ort

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Polizeiabsperrung auf der Baustelle in Rödelheim. (Foto: Elke Sichert)

An der Michael-Ende-Schule Frankfurt-Rödelheim in der Assenheimer Straße 40 war die Aufregung groß, als bei Erdarbeiten menschliche Knochen zutage gefördert wurden. Man verständigte die Mordkommission und das Denkmalamt.

Polizei und Archäologie arbeiten in Frankfurt am Main routiniert Hand in Hand. Immer dann, wenn menschliche Skelette unter dubiosen Umständen im Stadtgebiet gefunden werden, treffen sich die beiden Behörden am Leichenfundort. Gemeinsam gilt es zu ermitteln, wie alt die Leiche ist, unter welchen Umständen sie starb und wer für ihre Bergung zuständig ist. In manchen Fällen lässt sich das schnell beantworten, zum Beispiel, wenn der Verstorbene eine moderne zahnmedizinische Behandlung erfuhr oder das Skelett kaum oder gar nicht in den Erdboden eingebettet ist. Hier würde die Mordkommission übernehmen.

Tote wurden regulär bestattet

An der Rödelheimer Grundschule dagegen liegt der Fall anders. Die Skelette liegen in sorgsam angelegten Gräbern, die gleichmäßige Reihen bilden. Die Gräber liegen 95 bis 155 Zentimeter unter dem heutigen Schulhofniveau. Die Toten wurden also regulär bestattet. Ein Blick in alte Karten zeigt, dass hier einst der alte Rödelheimer Friedhof lag. Somit ist die städtische Bodendenkmalpflege zuständig. Die Ausgrabungen unter der örtlichen Leitung von Grabungstechniker Michael Obst wurden umgehend eingeleitet.

Auf einem Areal von 180 Quadratmetern wurden dabei 59 Gräber angetroffen. Die Verstorbenen wurden in Särgen auf dem Rücken liegend bestattet. Die Bestattungen entsprechen alle dem christlichen Ritus mit gefalteten Händen. Gemäß den Glaubensvorstellungen fehlen Beigaben. Den aufmerksamen Augen des Grabungsteams ist es zu verdanken, dass zahlreiche Stecknadeln, wohl von Leichentüchern, dokumentiert werden konnten. Einigen Verstorbenen wurden persönliche Dinge mit ins Grab gegeben, etwa eine beinerne Haarspange. Die ersten gesichteten Funde datieren die Gräber ins 19. Jahrhundert, also in die Endphase des Friedhofes. Grundsätzlich ist der Friedhof noch auf einer Karte von 1850 dargestellt, seit 1878/1879 bis heute liegt der neue Rödelheimer Friedhof in der Westerbachstraße, ehemals Sossenheimer Weg.

Areal nach Auflassen für neue Nutzung offen

Die modernen Friedhöfe Frankfurts haben eine Ruhefrist von 20 bis 35 Jahren nach dem Tag der Bestattung, danach darf das Grab wiederbelegt werden. Auch im 19. Jahrhundert währte die Grabruhe nicht ewig. Nach dem Auflassen eines vollständigen Friedhofes – etwa, wenn ein neuer Friedhof angelegt wurde – stand das großzügig bemessene Areal wieder für neue Nutzung zur Verfügung. Dass dieses dann für einen Schulneubau und den zugehörigen Schulhof genutzt wurde, ist auch in anderen Stadtteilen nachweisbar.

Ein Nachweis des Standorts der Lukaskirche gelang bei den aktuellen Ausgrabungen leider nicht. Das mittelalterliche Baudatum ist unbekannt, ab 1372 ist sie urkundlich belegt und wurde 1808 wegen Baufälligkeit abgebrochen. Die Lage des Friedhofs konnte bei der aktuellen Ausgrabung jedoch eindrucksvoll dokumentiert werden, die Archäologie ist also sicher auch bei der nächsten Baumaßnahme wieder vor Ort.

Die Toten sollen voraussichtlich auf dem nahegelegenen Friedhof Westhausen bestattet werden.

Langfristig ist Erweiterungsneubau auf dem Gelände geplant

Die Bauarbeiten an der Michael-Ende Schule leitet das städtische Amt für Bau und Immobilien. Bei dem Vorhaben handelt es sich um eine temporäre Containeranlage, bei der die vorhandenen Klassenraumcontainer ausgetauscht und insgesamt erweitert werden, weshalb die Schule zukünftig zwölf zusätzliche Räume für Schulbetrieb und Nachmittagsbetreuung sowie einen Speisesaal zur Verfügung hat. Langfristig ist ein Erweiterungsneubau auf dem Gelände geplant.

Während der Ausgrabung fand eine Führung für die interessierten Lehrerinnen und Lehrern der Michael-Ende-Schule statt, damit die Lehrkräfte die Fragen, welche die Kinder zur Ausgrabung stellen, fachkundig beantworten können.

Die Zusammenarbeit der städtischen Ämter mit Mordkommission und Schule verlief in dieser besonderen Situation angenehm und effizient. Das Denkmalamt bedankt sich hierfür noch einmal ausdrücklich.

(Text: PM Stadt Frankfurt)