Am Freitagabend hallte der Ruf „Wem is die Kerb?“ laut vor dem alten Spritzenhaus in Weiskirchen wider, gefolgt von der vielstimmigen Antwort: „Unser!“ Mit diesem Auftakt begann die fünftägige Kerb, ein traditionsreiches Fest, das von vier verschiedenen Vereinen bewirtet wird.
Die Eröffnung am Freitag wird traditionell von der Freiwilligen Feuerwehr gestaltet. Am Samstag und Sonntag übernehmen die Hobbyfußballer „Rodgau Rangers“ die Bewirtung und bieten ihre berühmten halben Hähnchen an, die sie früher parallel zu den Kerbveranstaltungen auf der Hauptstraße verkauft haben. Am Montag lud der Musikverein zur „Feierowend-Kerb“ ein, während der Heimat- und Geschichtsverein am Dienstag das Fest mit der Verbrennung des Kerbborschen abschloss. Früher fand die Eröffnung der Kerb am Feuerwehrhaus statt. Seit der Jubiläumskerb „550 Jahre Kerb Weiskirchen“ im letzten Jahr wird das Fest auch am Spritzenhaus gefeiert. „Hier gibt es zwar auch einiges vor dem Fest zu tun, aber der Platz hat auch einige Vorteile. Hier muss am Ende nur die Straße sauber gemacht werden“, erklärt Florian Petersberger, Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr. Am Feuerwehrhaus musste nach der Veranstaltung alles wieder weggeräumt werden, um für Einsätze bereit zu sein. Am Freitag waren 50 Helfer im Einsatz, davon 16 für den Aufbau.
Bevor der Kerbborsch hoch oben am Spritzenhaus seinen Platz fand, fuhr er einige Runden auf dem Kinderkarussell und wurde dann von der Jugendfeuerwehr zum Kerbplatz getragen, wo ihn die schon recht große Zahl an Gäste mit Beifall empfingen. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung vom Musikverein, der damit lautstark verkündete, dass die Kerb begonnen hatte. Nach dem Kerbspruch durch Kerbvaddder Jonas Friedrich und einigen Kerbliedern folgte der traditionelle Bieranstich. Kerbvadder Friedrich hoffte auf mehr Glück als im Vorjahr, doch seine Befürchtungen bewahrheiteten sich. Auch nach drei kaputten Dichtungsringen war der Hahn noch nicht im Fass. Vielleicht war sein Schlag zu fest und so durfte es ein kleines Mädchen probieren. Aber auch sie hatte kein Glück. Als Nothelfer wurde dann Bürgermeister Max Breitenbach geholt, der ja inzwischen reichlich Erfahrung mit Bieranstichen hat. Und wirklich, nach einem Schlag war der Hahn im Fass und davon war er selbst überrascht. Ein Schlag für den Bieranstich dürfte auch bei ihm Seltenheitswert haben. Mit vereinten Kräften und einigen Seilen, wurde der Kerbborsch anschließen auf seinen Platz hoch am Turm des Spritzenhauses gezogen und jeder war gespannt, ob er auch die Tage dort ungestört verbringen kann.
Diese Hoffnung erfüllte sich nicht, denn in dieser Nacht wurde er gestohlen. Zwei Tage lang blieb er verschwunden und stand dann überraschend wieder vor der Tür, ohne dass sich die Entführer zu erkennen gaben oder wie sonst üblich, eine Ablöse verlangten. Die „Rodgau Rangers“ erlebten die Kerb zweigeteilt, aber der wenig freundliche Samstagabend wurde durch den sonnigen Sonntag wettgemacht.
Am Montag bewirtete der Musikverein Weiskirchen die Gäste bei der „Feierowend-Kerb“ mit ausgewählten Weinen vom prämierten Weingut Ernst Bretz aus Rheinhessen, erfrischendem Aperol Sprizz, Sarti Sprizz, kühlem Glaabsbräu Festbier und leckeren Schmankerln. „Jeder Verein bietet hier etwas anderes“, erklärt Christian Massoth vom Musikverein. Die Zusammenarbeit und das Miteinander der Vereine sei aber fast wichtiger als der Erlös der Veranstaltung, so Massoth. So waren unter den etwa 22 Helfer an diesem Tag auch viele jüngere Vereinsmitglieder.
Am Dienstag schlug dann wieder die letzte Stunde des Kerborschen, der dann dem Feuer übergeben wurde. Unter lautem Wehklagen der zahlreichen „Trauergäste“ verabschiedete er sich so bis zum nächsten Jahr.
(Text: ah)
- Redaktion
- Kontakt
… erschließt sich ihre Welt, indem sie viel Zeit in der Natur verbringt. Bei langen Fahrradtouren und schöne Wanderungen tankt sie Kraft. Lokale Themen sind ihre Welt. Sowohl in den Printprodukten als auch online informiert sie am liebsten über Polizeiberichte, Tiergeschichten und Umweltthemen. Absolute Lieblingsbeschäftigung in der Adventszeit: Plätzchen backen.
Mag: Tiere | Backen | Lokale Geschichten