„Lärmschutzwand? Nein!“ Unübersehbar ist auf der Website www.muenster-entscheidet.de die Ablehnung jenes Bauprojekts, das die Deutsche Bahn mit Umsetzung ab dem Jahr 2027 an der Strecke Darmstadt-Aschaffenburg fürs Teilstück südwestlich des Altheimer Bahnhofs angeboten hat. Dort, mit je wenigen hundert Metern Abstand gen Münsterer und Altheimer Wohngebiet, sollen auf beiden Seiten der Gleise auf je etwas mehr als einem Kilometer Länge 2,50 Meter hohe Lärmschutzwände errichtet werden. Für diese Maßnahme des aktiven Lärmschutzes, die die Bahn komplett bezahlen würde, hatten die Münsterer Gemeindevertreter in ihrer März-Sitzung mehrheitlich den Weg freigemacht. SPD, FDP und ALMA-Die Grünen stimmten dafür, die CDU dagegen (wir berichteten). Durch ist die Sache damit aber noch nicht: Zwei Altheimer und ein Münsterer haben nun ein Bürgerbegehren initiiert, das sich gegen den Bau der Wände richtet.
Als sogenannte „Vertrauenspersonen“ fungieren dabei Marco Stix, Lea Strubel (beide Altheim) und Matthias Hartmann (Münster). Sie sind sich sicher, dass die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Münster und Altheim die Wände nicht möchte. Als erste Anhaltspunkte hatten die Gegner der Wände bereits im Vorfeld des Beschlusses der Gemeindevertretung das Verhältnis von Pro- und Contra-Stimmen auf Unterschriftenlisten, die Präsenz einiger Gegner in der Sitzung des Ortsparlaments und die Resultate anschließend durchgeführter Meinungsabfragen bei Facebook ausgemacht.
All das ist zwar nicht repräsentativ, die Gegner der Wände waren zuletzt aber zumindest augenscheinlich mehr – auf jeden Fall lauter. Wahrnehmbare Verteidiger des Beschlusses fand man in erster Linie in den drei Fraktionen, die dem Bahn-Vorhaben als Teil des (jährlich mit 150 Millionen Euro ausgestatteten) Programms „Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen des Bundes“ ihren Segen gegeben hatten. Neben dem in Münster fast obligatorischen Nachspiel über Pressemitteilungen und Facebook-Postings geschah diesmal aber auch Konkretes.
Denn Stix, Strubel und Hartmann haben es sich zum Ziel gesetzt, über ein Bürgerbegehren einen Bürgerentscheid herbeizuführen, der den Bau der beiden Wände doch noch verhindert. Die Sachargumente von Befürwortern wie Gegnern wurden in den vergangenen Wochen ausgiebig ausgetauscht, auch in der entscheidenden Debatte der Gemeindevertreter. Auf ihrer Website haben die Vertrauenspersonen, die die Hessische Gemeindeordnung für ein Bürgerbegehren verlangt, unter dem Punkt „(Un)Sinn“ ihre sieben Kernargumente gegen die Wände formuliert. Sie reichen von „optischer Beeinträchtigung“ über eine aus ihrer Sicht überschaubare Lärmreduzierung bis hin zu „Graffiti-Magnet“ und „sozialer Trennung der Ortsteile“. Auch hätten die Belange der Bürger im Vorfeld (trotz einer Infoveranstaltung Anfang 2024 und einer Bürgerversammlung im Oktober 2024) unzureichend Gehör gefunden.
Nun hat das Trio laut Marco Stix das Ziel, bis zur Frist am 23. Mai mindestens 1200 Unterschriften von in Münster kommunalwahlberechtigten Bürgern (alle Deutsche und EU-Ausländer ab 18 Jahren) zu sammeln, um mit dieser Form des Bürgerbegehrens bei der Gemeinde Münster einen Bürgerentscheid beantragen zu können. Tatsächlich wären etwas weniger Stimmen nötig, doch wegen des Risikos ungültiger Signaturen kalkulieren die Macher mit einem Puffer.
Das Bürgerbegehren nennt das Ziel, den Beschluss pro Bau der Wände vom 24. März rückgängig zu machen. Die eigentliche kommunalpolitische Sachfrage eines möglichen Bürgerentscheids würde dann so formuliert: „Sind Sie dafür, den Beschluss der Gemeindevertretersitzung vom 24. Märzzum Bau einer Lärmschutzwand aufzuheben?“
Denkbar, momentan aber unwahrscheinlich ist zudem, dass die Gemeindevertretung das Thema erneut aufgreift und einen anderslautenden Beschluss fasst. Dann wäre der Bürgerentscheid als Akt der direkten Demokratie obsolet.
(Text: jedö)