Bluthochdruck nicht auf die leichte Schulter nehmen

353
Professor Thomas Mengden (Foto: privat)

Zum Welt-Hypertonie-Tag stellt Professor Thomas Mengden im KongressCenter sein neues Buch über eine Erkrankung vor, an der viele Menschen leiden. Häufig wird sie erst sehr spät entdeckt – mit ernsten Folgen

Wenn man selbst merkt, dass mit dem Blutdruck etwas nicht stimmt, ist die Erkrankung meistens schon recht weit fortgeschritten. Bluthochdruck sollte niemand auf die leichte Schulter nehmen, sagt Professor Thomas Mengden. Der 63 Jahre alte Mediziner ist ausgewiesener Experte und Top-Spezialist für Bluthochdruck: Seit 2009 wirkt er als Ärztlicher Direktor der Abteilung Kardiologische Rehabilitation der Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim, wo er auch das ESH-Exzellenz-Zentrum Hypertonie leitet. Hypertonie ist die medizinische Bezeichnung für Bluthochdruck.


Jährlich am 17. Mai wird der Welt-Hypertonie-Tag der Welt-Hochdruckliga begangen, der zum Ziel hat, das Thema Bluthochdruck mit Aufklärungskampagnen, Vorträgen und Messaktionen stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Den Aktionstag nimmt Mengden zum Anlass, bei einer Veranstaltung am Freitag, 16. Mai um 19.30 Uhr im KongressCenter Bad Homburg, Louisenstraße 58, über Bluthochdruck zu informieren. Mengden stellt dort sein Buch „Expertenwissen: Bluthochdruck“ vor, das im Dezember vergangenen Jahres in der Reihe „Trias Expertenwissen“ erschien, liest einige Abschnitte daraus vor und beantwortet die Fragen der Besucher. Erläutert werden nicht nur die mit Bluthochdruck verbundenen gesundheitlichen Risiken, sondern auch die Therapiemethoden, mit denen man der Erkrankung entgegenwirken oder sie ganz vermeiden kann. Der Eintritt ist frei; interessierte Zuhörer sollten sich unter eventbrite.de (Stichwort: Lesung Mengden – Bad Homburg) anmelden.

Bluthochdruck kommt häufiger vor, als man denkt: Weltweit sind fast 1,3 Milliarden Menschen davon betroffen. Allein in Deutschland leiden etwa 25 Millionen Menschen daran. Als normal gelten Werte von weniger als 130/80 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule). Ständiger Stress im Berufs- oder Privatleben ohne Ruhephasen kann den Blutdruck in die Höhe treiben. Stress sei der häufigste Risikofaktor für diese Erkrankung, sagt Mengden. Der Mediziner empfiehlt, als Patient „mehr Resilienz“ aufzubauen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um mit Stress besser fertigzuwerden. Entspannungsübungen könnten ebenso helfen wie Spaziergänge im Wald: „Da gehen Blutdruck und Puls herunter.“

Essgewohnheiten spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle: Hoher Salzkonsum begünstigt das Entstehen von Bluthochdruck. Wer weniger als drei Gramm Salz am Tag zu sich nimmt, hat ein deutlich geringeres Risiko, an Bluthochdruck zu erkranken. Tatsächlich liegt der durchschnittliche Salzkonsum in Deutschland jedoch bei acht bis neun Gramm am Tag.

Mengden weist auf Finnland hin: In Nord-Karelien verständigte sich die Lebensmittelindustrie in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts darauf, ihren Fertigprodukten weniger Salz beizugeben. In der Folge sei die Häufigkeit von Bluthochdruck „dramatisch“ gesunken. Der Einfluss von Salz auf das Auftreten von Hypertonie werde komplett unterschätzt, machte Mengden deutlich.

Eine Studie, die sich mit einer anderen Weltregion befasste, belegt ebenfalls einen solchen Zusammenhang: Zwei Volksstämme in Venezuela, Yanomami und Yekwana, sind dort in einer vergleichbaren natürlichen Umgebung zu Hause. Die Yanomami haben keinen Kontakt zur Außenwelt und leben von Landwirtschaft. Sie ernähren sich vegetarisch und mit weniger als einem Gramm Salz am Tag sehr salzarm. Ihr Blutdruck liegt bei 95/63 mmHg. Die Yekwana haben durch einen kleinen Flughafen Kontakt zur Außenwelt und konsumieren dadurch auch verarbeitete salzhaltige Nahrung. Der Blutdruckwert der Yanomami lag im Durchschnitt deutlich niedriger als jener der Yekwana. Allerdings blieb der bei der Studie ermittelte durchschnittliche Blutdruckwert auch der Yekwana mit 104/66 mmHg noch immer erheblich unter 124/73 mmHg: Dies ist der durchschnittliche Blutdruckwert in Deutschland.

Zu hoher Blutdruck birgt erhebliche Risiken für die Betroffenen: So kann die Erkrankung nicht nur zu Herzrhythmusstörungen oder Herzmuskelschwäche führen, sondern auch einen Schlaganfall auslösen und das Entstehen von Demenz begünstigen. Welche Botschaften möchte Mengden bei der Veranstaltung am 16. Mai in Bad Homburg den Besuchern vermitteln? „Häufig den Blutdruck messen“, lautet die erste Antwort. Bei jedem Arztbesuch sollten die Werte kontrolliert werden. „Je früher man Bluthochdruck entdeckt, desto günstiger sind die Behandlungsaussichten und desto weniger Schäden sind schon entstanden“, macht Mengden deutlich, der Mitglied der Deutschen und der Europäischen Hochdruckliga ist. Als Fachgesellschaft empfehle man, den Blutdruck beim Arztbesuch „sehr großzügig zu screenen“.

Mengdens zweite Botschaft: Liegt der Blutdruck zu hoch, müsse dies konsequent und rechtzeitig behandelt werden. Dies heiße aber nicht automatisch, dass der Betroffene Tabletten einnehmen müsse. In frühen Stadien reichten nichtmedikamentöse Maßnahmen aus. Gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology in Wien hat Mengden ein kleines, inzwischen patentiertes Gerät entwickelt, das den Blutdruck manschettenlos ohne lästiges Auf- und Abpumpen misst und über eine App Echtzeit-Biofeedback zu Tablet oder Smartphone übermittelt. Die Nutzer werden zu Yoga-Atmungsübungen angeleitet, die Blutdruck und Stress dauerhaft verringern. Erst wenn nichtmedikamentöse Maßnahmen nicht geholfen hätten, sollten Tabletten zur Behandlung eingesetzt werden.

Und noch eine dritte Botschaft will der Bluthochdruck-Experte weitergeben: Die Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall ähnelten in großen Teilen jenen für Demenz. Die Behandlung des Bluthochdrucks sei „eigentlich die einzige nachgewiesene wirksame medikamentöse Prävention der Demenz“. Wenn man bei Menschen im Alter unter 60 Jahren Bluthochdruck rechtzeitig behandele, lasse sich das Demenzrisiko um 25 Prozent reduzieren.

(Text: PM LPR)