Lea Strubel wohnt am Altheimer Bahnhof und hält das DB-Projekt trotzdem für überflüssig
Ihren Humor hat sich Lea Strubel bewahrt: „Den Hahn in der Nachbarschaft könnte ich manchmal erschießen“, sagt die Altheimerin augenzwinkernd, und wie auf ein Stichwort kräht es kräftig aus dem Garten nebenan. Strubel wohnt in der Münsterer Straße, nur einen Steinwurf vom Altheimer Bahnhof und der Bahnstrecke Darmstadt-Aschaffenburg entfernt. Näher als sie ist tagtäglich kaum wer dran an den Gleisen, die nach einem Vorschlag der Deutschen Bahn und einem Mehrheitsbeschluss der Münsterer Gemeindevertretung ab 2027 auf etwas mehr als einem Kilometer Länger zwischen Münster und Altheim mit zwei 2,50 Meter hohen Lärmschutzwänden eingehaust werden sollen. Obwohl Strubel vom Projekt akustisch vermeintlich am stärksten profitieren würde, ist sie doch klar dagegen. Den Autor dieser Zeilen hat sie in ihren Garten eingeladen, um zu schildern, warum.
Die kurze Antwort geht so: Der Zugverkehr stört die Anwohnerin einfach nicht – und ihren direkten Nachbarn gehe es ähnlich. „Ich kenne in unserer Straße niemanden, der die Wände will“, sagt sie. Jene Wand auf der Südseite der Gleise würde nur einige Dutzend Meter entfernt von jenem Haus beginnen, das ums Jahr 1970 herum ihre Großeltern bauten und das Lea Strubel seit einigen Jahren selbst bewohnt.
In der ausführlicheren Beschreibung ihrer Beweggründe, die geplanten Wände nicht nur abzulehnen, sondern sich auch als eine von drei Vertrauenspersonen an vorderster Front im kürzlich gestarteten Bürgerbegehren (das zur Aufhebung des umstrittenen Parlamentsbeschlusses führen soll, wir berichteten) zu engagieren, geht es ebenfalls um Geräusche – störende und zu vernachlässigende. Drei Häuser liegen entlang der Münsterer Straße noch zwischen ihrem und dem Bahnübergang, auf der Rückseite ihres Grundstücks befindet sich gen Gleise aber gar kein Gebäude mehr. „Da stehen aber Büsche und Bäume, das reicht“, findet Strubel. Im Winter seien die naturgemäß kahler, „da ist es dann etwas lauter“. Die Betonung legt sie auf „etwas“: Denn dass die Züge das Leben der Anwohner nennenswert störten, sei für sie „nie ein Thema gewesen, bis es jetzt aufkam“.
Bis circa 2020 habe man „durchaus mal was gehört“, gerade wenn Güterzüge vorbeigefahren seien. „Seither sind die Züge aber deutlich leiser geworden.“ Tatsächlich nimmt man sie selbst in Strubels Garten erst wahr, wenn man angestrengt darauf achtet. Was freilich nur ein subjektiver Eindruck ist und an anderen Orten in der Nähe der Strecke den dortigen Anwohnern aus Altheim und Münster ganz anders gehen kann.
Ebenso subjektiv und trotzdem klar zu vernehmen: Der Pkw-Verkehr auf der Münsterer Straße nervt wesentlich mehr. Nicht mal die nahe B26 kommt da mit. Strubel jedenfalls kann dem Vorhaben an den Gleisen wenig abgewinnen: „Ich denke nicht, dass so eine Wand mehr Lärmschutz bringt.“ Zugleich behindere sie „den Wildwechsel, die Tiere laufen nicht zum Bahnübergang“. Dazu sorgt sie sich um die in der Nähe lebende Fledermaus-Population. Mehr Bepflanzung sei die bessere und zugleich schönere Alternative. Am Ende macht Lea Strubel, deren Haus lediglich zweifach verglaste Fenster und damit nicht mal den maximalen passiven Lärmschutz hat, noch mal einen Spaß: „Es sind Kind und Hund, die mir den Schlaf rauben – aber nicht die Züge!“
Doch kommt der Bürgerentscheid wirklich? Am Wochenende hatte das Bürgerbegehren rund 650 Unterstützer. 1030 (gültige) Signaturen werden benötigt. Fristende fürs Unterschreiben ist der 19. Mai.
(Text: jedö)