Seit vier Jahren haben einige Altheimer ein buchstäblich tierisches Problem: Ein Biber staut die Semme dort auf, wo das Flüsschen einige hundert Meter lang zwischen der B26 und dem Münsterer Ortsteil entlang fließt. In der Folge überschwemmt das Gewässer mehrere Wiesen auf seiner Südseite, sickert von dort auch ins Grundwasser und drückt sich einige Meter weiter wieder hoch. Wasser in Kellern und Scheunen, morsche Bäume und andere Probleme sind die Folgen, für die die Anwohner in Abstimmung mit den Behörden und im Einklang mit dem Naturschuss schon seit 2021 eine Lösung suchen. Bis heute ist die jedoch nicht gefunden, was für Frust und Ärger sorgt. Zugleich gibt es nun einen neuen Hoffnungsschimmer, dass Bewegung in die Sache kommt.
Gleich 13 E-Mail-Adressaten von Ansprechpartnern verschiedener Ämter, mit denen die Anwohner bereits in Kontakt standen, weist Christel Frank im Rahmen des Ortstermins mit dem Autor dieser Zeilen nach. Frank ist Altheimerin und besitzt eine der betroffenen Wiesen, die zwischen der Semme und einem asphaltierten Weg liegen, der die Grünflächen von der Rückseite der Grundstücke der Hauptstraße trennt. Unter anderem mit den Naturschutz-Behörden bei Landkreis und Regierungspräsidium kommunizierten die Betroffenen schon, auch mit dem Wasserverband Gersprenz und der Gemeinde Münster. „Am stärksten hat sich bisher der Bibermanager von Hessen Forst eingesetzt“, sagt Frank. Ein konkretes Ergebnis ist aber noch immer nicht zustande gekommen, die Geduld der Anwohner mittlerweile spürbar aufgebraucht. „Die Ämter schicken uns von A nach B“, kritisiert Frank.
Mancher ist zudem der Meinung, es müsse auch dann Abhilfe geschafft werden, wenn man das Problem womöglich an der falschen Stelle adressiert habe. Schließlich dürfe der Bürger erwarten, dass sich die Behörden untereinander abstimmten, wenn es um die Behebung offenkundiger Schwierigkeiten gehe. Denn die Ursachenforschung zu den Überschwemmungen fällt nach einer Begehung des Semme-Ufers leicht: Mit seinem Damm hat der Biber ganze Arbeit geleistet und das Wasser derart gründlich aufgestaut, dass durchs Gehölz nur noch ein Rinnsal fließt und der Pegel auf der anderen Seite des Damms rund einen Meter niedriger ist.
Von der gestauten Seite fließt das Semme-Wasser ausschließlich auf die tiefer gelegene Seite ab, wo die privaten Wiesen liegen. Die nutzen ihre Altheimer Besitzer für unterschiedliche Zwecke: als Pferdewiese, zur Lagerung von Brennholz, für die Kultivierung von Obst. Nutzten, müsste man vielleicht sagen, denn inzwischen übersäen ab dem Standort des Biberdamms in östlicher Richtung mehrere Monate am Stück etliche Pfützen und Seen das Gras.
„Die Bäume werden unterspült und morsch, gehen kaputt“, berichtet ein Anwohner. An eine Obsternte sei nun nicht mehr zu denken. Ein anderer erzählt von ersten Schäden an den Nachbarhäusern. Frank ergänzt: „Die Wiesen sind nicht nutzbar für die Pferde, das teure Brennholz verrottet.“ Zudem werde „darüber hinweggesehen, dass durch die permanente Überschwemmung andere Tiere keine Chance mehr haben“. So fänden Igel im Gegensatz zu früher keinen Unterschlupf mehr in trockenem Gehölz der Grundstücke.
Dabei geht es den Anwohnern nicht darum, den Sinn ihrer Wiesen auch als Überschwemmungsland zu negieren. Dies solle sich aber auf gelegentliches Hochwasser infolge hoher Niederschläge beschränken. Zweimal schienen sich in Kooperation mit den Behörden Lösungen anzubahnen, die sowohl Mensch als auch Tier hätten gerecht werden können: Erst sollte 2022 eine Firma die Semme säubern und den als Nebenbau deklarierten Biberdamm (Damm, in dem keine Jungenaufzucht stattfindet) teilweise abtragen. Dies zerschlug sich letztlich ebenso wie die Idee aus 2024, ein Drainagerohr für den üppigeren Durchfluss des Wasser am Damm zu verlegen. Beides wurde bis heute nicht umgesetzt.
Entsprechend verstetigt sich der Konflikt zwischen den betroffenen Altheimern und dem Biber seit nunmehr vier Jahren, ohne dass die öffentliche Hand hinsichtlich einer Lösung konkret vorangekommen ist. Neuen Schwung in die Sache soll jetzt die Münsterer Klimaschutz-Managerin Thekla Hecker bringen, die selbst in Altheim wohnt: Obwohl nicht originäre Aufgabe der Gemeinde, hat sich Bürgermeister Joachim Schledt (parteilos) des Themas angenommen und die Mitarbeiterin seiner Kommunalverwaltung als Mittelsfrau mit der Aufgabe betraut.
(Text: jedö)