CDU und FDP stoppen Verfahren: Waren Drohnenfotos rechtswidrig?
Vergangenes Jahr lernten viele Münsterer ein neues Wort(ungetüm) kennen: „Grundstücksabflussbeiwert“. Aufgetaucht war es im Sommer 2024 in einem Brief der Gemeinde an alle Grundstücks-Eigentümer im Ortsgebiet. Anlass für das Schreiben war, die Gebühren für jenen Teil des Niederschlagswassers, das in die öffentliche Kanalisation abgeleitet wird und damit kommunale Kosten verursacht (und nicht gratis über unversiegelte Grünflächen ins Grundwasser sickert), neu zu berechnen. Dies sollte zu genaueren und faireren Werten führen als in der bisherigen, 18 Jahre alten Kalkulation. Die Entscheidung für die Neuberechnung der Gebühren hatte das Münsterer Ortsparlament Anfang Juli 2024 selbst getroffen.
Schon im vorigen Herbst erntete das Rathaus für die Durchführung jedoch viel Kritik von Gemeindevertretern (besonders von der CDU) und Bürgern. Die Datenerhebung per Drohnenüberflug in recht niedriger Höhe samt scharfer Fotos der Grundstücke in Münster, Altheim und Breitefeld wurde dabei besonders scharf verurteilt. Die Union war sich schon vor zehn Monaten sicher, dass dies erhebliche Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht und die Datenschutz-Grundverordnung dargestellt habe. Bis heute herrscht dazu aber noch keine Klarheit, wie vor wenigen Tagen in der letzten Münsterer Gemeindevertreter-Sitzung vor der Sommerpause deutlich wurde. Dennoch fasste das Organ mit den Stimmen von CDU und FDP bereits einen weitreichenden Beschluss – und die CDU beantragte zur Causa auch noch Akteneinsicht in die Unterlagen der von Bürgermeister Joachim Schledt (parteilos) geführten Gemeindeverwaltung.
Dabei ging es diesmal nur am Rande um grundsätzliche Zweifel vieler Bürger (darunter eine größere Zahl aus dem „Insel-Viertel“, einem vor zwölf Jahren fertiggestellten Baugebiet nahe der Kulturhalle) an der Korrektheit der Messungen und der auf Basis der Entwässerungssatzung daraus resultierenden Niederschlagswasser-Gebührenbescheide. Vielmehr drehte sich die hitzige Debatte um die Frage, wie die Gemeinde die Drohnenfotos beauftragen und deren Ergebnisse zur Basis der Neuberechnungen machen konnte, wo derlei Vorgehen in der kommunalen doch nicht ausdrücklich festgelegt ist. Auch griff die CDU Schledt und die anderen Fraktionen mehrfach dafür an, dass diese das Verfahren nicht frühzeitig gestoppt und damit womöglich Zehntausende Euro Steuergeld verschwendet hätten. Tatsächlich ist bislang nur Fakt, dass der Hessische Städte- und Gemeindebund auf Anfrage der Gemeinde im Mai in einer E-Mail an Hauptamts-Leiter Clemens Laub die Einschätzung abgab, die via Drohnen gewonnenen Fotos seien „zu löschen“. Die Daten aus den bisher 2600 eingegangenen Eigenerklärungen der Bürger (etwa die Hälfte aller Münsterer Grundstücks-Eigentümer) dürfe die Gemeinde hingegen weiter nutzen – auch wenn diese auf der Drohnenbefliegung beruhten. Als wesentlicher stuft die Verwaltung freilich die Rückmeldung des Hessischen Datenschutz-Beauftragten ein. Der hat es indes binnen mehrerer Monate noch nicht geschafft hat, auf entsprechende Fragen aus Münster zu antworten.
Auf dieses womöglich zentrale Feedback, ob die Gemeinde durch die Beauftragung des Dienstleisters mit dessen Drohnenbefliegung Recht gebrochen hat, wollten CDU und FDP in der jüngsten Sitzung nicht mehr warten. Sie fassten ihre zunächst unabhängig voneinander formulierten Anträge letztlich zu mehreren gemeinsamen Punkten zusammen, die sie gegen das Votum von SPD und ALMA-Die Grünen durchbrachten.
Kern des Beschlusses ist, dass die Gemeinde auf dieser juristisch unsicheren Grundlage keine neuen Gebühren bemessen darf. CDU und FDP setzten sogar durch, dass alle bisherigen per Drohnenfotos gewonnenen Daten gelöscht werden. Außerdem soll die Verwaltung Regressansprüche gegenüber dem ausführenden Dienstleister prüfen. Gewinne man dabei die Erkenntnis, dass ein Teil des für das umstrittene Prozedere bislang verausgabten hohen fünfstelligen Betrags zurückzukriegen sei, soll der Haupt- und Finanzausschuss über einen potenziellen Gang vor den Kadi entscheiden.
Unabhängig davon werden die Gemeindevertreter dem Rathaus bei den Abläufen in dieser Sache im Rahmen eines Akteneinsichts-Ausschusses genauer auf die Finger schauen. Bürgermeister Schledt blieb bei der entsprechenden CDU-Ankündigung äußerlich gelassen. Allgemein räumte er im Parlament „handwerkliche Fehler“ ein, verdeutlichte aber auch, weshalb man das ganze Verfahren 2024 überhaupt angegangen sei: „Wir wollten die Ungerechtigkeit aufheben, dass manche Grundstücks-Eigentümer einfach Fläche unterschlagen haben.“ Auch im Raum seien Sünder, deutete Schledt an.
(Text: jedö)