GGL veröffentlicht Tätigkeitsbericht: Was lief gut, was muss sich verbessern?

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Der Jahresbericht der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder ist kein Lesestoff für einen verregneten Sonntagnachmittag und doch lohnt sich der Blick in die Details. Denn was hier zwischen Zahlenkolonnen, Marktanteilen und Maßnahmenpaketen steht, betrifft weit mehr als nur Anbieter, Plattformen und Paragrafen.
Es geht um einen Milliardenmarkt, der sich seit der Neuordnung im Glücksspielstaatsvertrag 2021 auf einem schmalen Grat bewegt: zwischen Regulierung und Realität, zwischen Anspruch und Ausführung.


Rekordeinnahmen und steigende Spielerträge

Beginnen wir mit dem, was für wirtschaftliche Beruhigung sorgt: Die Einnahmen des legalen Glücksspielmarkts haben 2024 ein neues Hoch erreicht. Satte 14,4 Milliarden Euro Bruttospielertrag stehen in der Bilanz. Das sind etwa 5 Prozent mehr als im Vorjahr. Ein klares Zeichen dafür, dass der Markt stabil ist und weiter wächst, trotz oder gerade wegen der behördlichen Aufsicht.
Auch für die Staatskasse war 2024 kein schlechtes Jahr. Rund 7 Milliarden Euro flossen in Form von Steuern und Abgaben. Gelder, die unter anderem in Suchtprävention, Breitensportförderung oder kulturelle Projekte zurückfließen.
Aber nicht nur die Einnahmen sprechen eine deutliche Sprache. Auch auf Seiten der Anbieter ist Bewegung: Insgesamt 230 Anträge auf Zulassung oder Änderungen bearbeitete die GGL im vergangenen Jahr. Die Zahl der aktiv beaufsichtigten Anbieter liegt inzwischen bei 141, Tendenz steigend.
Ein interessanter Nebeneffekt der Regulierung zeigt sich übrigens bei einem oft diskutierten Punkt: den Auszahlungsquoten. Wer denkt, dass sich Spieler im legalen Markt auf Quoten über 95% freuen können, wird enttäuscht. Auszahlungsquoten über 95% sind in DE nicht möglich wegen der Einsatzsteuer, die bereits 5,3 % beträgt. Das schmälert den theoretischen Gewinn und wird in der Konkurrenz zu illegalen Anbietern zum echten Nachteil.
Die Botschaft ist dennoch deutlich: Der regulierte Markt funktioniert. Die GGL hat sich als zentrale Kontrollinstanz etabliert, nimmt ihre Rolle als Hüterin des Glücksspielstaatsvertrags ernst und agiert zunehmend koordiniert. Lizenzvergabe, Marktanalyse, Verfolgung von Verstößen. Alles läuft zentral zusammen. Das mag bürokratisch klingen, ist aber ein echter Fortschritt im Vergleich zu den früheren Flickenteppichen der Landeszuständigkeiten.

Illegales Glücksspiel im Visier

Womit wir direkt auf der anderen Seite der Medaille wären. Denn auch wenn die legalen Zahlen stimmen. Das Problem des illegalen Glücksspiels ist keineswegs gelöst. Die GGL hat 2024 insgesamt 1.702 Portale unter die Lupe genommen und 858 davon als illegal eingestuft. Dahinter stecken 212 verschiedene Betreiber, viele davon mit Sitz außerhalb der EU, schwer greifbar und geschickt darin, juristische Schlupflöcher auszunutzen.
Das Besorgniserregende: Im besonders sensiblen Bereich der Online-Automatenspiele und des Online-Pokers soll der Schwarzmarktanteil laut GGL bei rund 25 Prozent liegen. Im Gesamtmarkt ist er mit geschätzten 3 bis 4 Prozent zwar geringer, doch allein das entspricht einem Bruttospielertrag von 500 bis 600 Millionen Euro. Geld, das an jeder Kontrolle vorbei wandert.
Die Behörde reagiert, so gut es geht. 231 Untersagungsverfahren wurden eingeleitet. Rund 450 Seiten konnten nach Aufforderung offline genommen werden, weitere 657 wurden durch Geoblocking technisch aus dem deutschen Netz entfernt. Dazu kommen Maßnahmen wie Payment-Blocking, um Zahlungsströme zu unterbinden und den Geldhahn illegaler Anbieter trocken zu legen.

Warum die Zahlen nicht alle überzeugen

So solide sich die GGL in ihrem Bericht positioniert, nicht alle Beobachter applaudieren. Vor allem aus der Branche selbst kommen kritische Stimmen. Der Deutsche Sportwettenverband beispielsweise hält die offiziellen Schätzungen zum Schwarzmarkt für deutlich zu niedrig. Eigene Erhebungen sprechen von einem Anteil von über 50 Prozent. Ein dramatischer Unterschied, der Fragen zur Methodik aufwirft.
Auch unter den legalen Anbietern macht sich Unmut breit. Tipico etwa äußert Zweifel daran, dass die Maßnahmen der GGL, vor allem im Bereich Werbung, schon jetzt den gewünschten Effekt entfalten. Die Sichtbarkeit legaler Anbieter sei nach wie vor eingeschränkt, während illegale Plattformen mit aggressiven Onlinekampagnen weiterhin Reichweite generierten.
Der Wunsch nach mehr Freiheiten im legalen Werbemarkt ist daher verständlich. Die Anbieter argumentieren, dass nur mit klaren Kommunikationskanälen auch eine erfolgreiche Kanalisierung weg vom Schwarzmarkt gelingen könne. Wer sich als legaler Anbieter an strikte Regeln hält, aber auf zentralen Plattformen kaum sichtbar ist, zieht im Vergleich zu den wilden Konkurrenten oft den Kürzeren.

Spielerschutz und Prävention

Ein weiteres zentrales Thema: der Spielerschutz. Hier setzt die GGL 2024 auf technologische Unterstützung, etwa durch sogenannte „Markers of Harm“. Dieses Frühwarnsystem analysiert Spielverhalten bei besonders hohen Einzahlungen und schlägt Alarm, wenn bestimmte Muster auf problematisches Spielverhalten hindeuten. Das Verwaltungsgericht Mainz bestätigte diese Vorgehensweise im Berichtsjahr. Ein juristisch wichtiger Meilenstein.
Neben den Markern gibt es weitere Schutzmechanismen: Ein monatliches Einzahlungslimit von 1.000 Euro gilt für alle legalen Online-Angebote, unabhängig vom Anbieter. Zudem ist die zentrale Sperrdatei OASIS verpflichtend für alle Marktteilnehmer. Wer sich selbst ausschließt oder von Dritten gesperrt wird, bleibt draußen.

Die offenen Baustellen der Glücksspielregulierung

Der Tätigkeitsbericht liest sich wie ein Zwischenzeugnis. Ordentlich in vielen Fächern, aber noch mit Verbesserungspotenzial. Denn trotz aller Erfolge bleibt die strukturelle Schwäche bestehen: Der Schwarzmarkt lebt weiter.
Viele Anbieter agieren aus Drittstaaten mit kaum greifbarer Infrastruktur. Server sitzen irgendwo auf Inseln mit wohlklingenden Namen, Zahlungswege führen über internationale Dienstleister, juristische Zuständigkeiten verlaufen im Kreis. Die GGL bemüht sich, diese Knoten zu durchschlagen, doch ohne internationale Standards und weitreichende Kooperationsabkommen wird das Spiel auf Zeit schwer zu gewinnen sein.
Auch im Inland braucht es Nachbesserungen. Nicht alles ist im Glücksspielstaatsvertrag so eindeutig geregelt, wie es sein müsste. Werbeverbote, Affiliate-Marketing, Streaming-Kooperationen. Vieles bewegt sich in juristischen Graubereichen, deren Klärung noch aussteht. Gerichtsverfahren verzögern Maßnahmen, klare Linien fehlen.

Fortschritt ja, aber der Weg zur Marktkonsolidierung bleibt steinig

Am Ende lässt sich festhalten: Die GGL hat geliefert. Der legale Markt wächst, die Einnahmen steigen, erste internationale Partnerschaften zeigen Wirkung. Dass Google Werbung für illegale Anbieter inzwischen blockiert, ist kein kleines Detail, sondern ein echter Fortschritt.
Trotzdem bleibt viel zu tun. Der Schwarzmarkt ist nicht weg, nur weniger sichtbar. Die Kontrollmechanismen greifen, aber noch nicht überall. Und während legale Anbieter sich an strenge Regeln halten, bleibt die Konkurrenz aus der Schattenwelt oft zwei Schritte voraus.
Spielerschutz ist im System angekommen. Technisch gestützt, rechtlich gefestigt. Aber bis zur flächendeckenden Wirkung wird Zeit vergehen. Die GGL hat das erkannt und setzt auf langfristige Strukturen. Regulierung ist eben kein Zustand, sondern ein Prozess. Einer, der nicht aufhört, sondern sich immer wieder neu beweisen muss.
Und genau darin liegt auch die eigentliche Erkenntnis des Berichts: Der legale Glücksspielmarkt ist kein Selbstläufer. Aber mit klarem Kompass, wachsamem Blick und etwas mehr Rückenwind könnte er zu dem werden, was er sein soll. Ein sicherer, transparenter und fairer Raum für alle, die in ihrer Freizeit spielen wollen. Nur eben nicht auf Kosten derer, die sich darin verlieren könnten.

 

Foto: unsplash.com