Zwei Stunden warten bis zum nächsten Level? Das verleitet viele Spieler dazu, am Smartphone oder Tablet Geld auszugeben, um schneller voranzukommen oder Bonus-Inhalte freizuschalten. Doch was, wenn Minderjährige Skins, Lootboxen und Co. kaufen? Zum Start der Gamescom gibt das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) Eltern Tipps gegen ungewollte Rechnungen von Spieleentwicklern aus einem anderen EU-Land.
Kostenfalle Gratis-Games
In Europa spielen laut dem Newzoo Global Games Market Report 2024 über 450 Millionen Menschen. Besonders bei jungen Menschen sind Videospiele ein beliebter Zeitvertreib: In Deutschland zockten 2024 laut JIM-Studie 73 Prozent der Kinder und Jugendlichen täglich oder mehrmals die Woche Videospiele auf dem Smartphone oder Computer. Besonders beliebt: „Free-to-Play“-Titel wie Fortnite, Roblox, Brawl Stars oder Clash of Clans. Diese sind gratis und für Kinder ab 12 Jahren freigegeben. Vielen Eltern ist aber nicht bewusst, dass diese vermeintlich kostenlosen Spiele ganz schön teuer werden können. „Die Spiele verleiten dazu, Geld auszugeben. Sei es, um Wartezeiten zu überbrücken, für eine besondere Ausrüstung oder In-Game-Währungen wie Coins oder Juwelen“, berichtet Alexander Wahl aus dem EVZ-Juristenteam über das Geschäft mit In-Game-Käufen.
Immer wieder wenden sich Eltern ans EVZ, wie im folgenden Beispiel-Fall: Der zehnjährige Sohn Lukas von Familie Mossmann (Name geändert) spielt regelmäßig auf dem Tablet seiner Mutter. Darunter vor allem Spiele wie Minecraft, Clash of Clans oder Brawl Stars. In allen Spielen können Nutzende besondere Spiel-Inhalte kaufen – so auch Lukas. Ohne das Wissen seiner Eltern verwendet er dafür die im Google Play Store hinterlegte Kreditkarte.
Nachdem die Eltern ihre Kreditkartenabrechnung von insgesamt 1.200 Euro zu sehen bekommen, sind sie schockiert. Müssen sie das nun zahlen, auch wenn Lukas ohne Erlaubnis Geld für Spiele-Inhalte ausgegeben hat?
Müssen Eltern In-Game-Käufe ihrer Kinder bezahlen?
Gesetzlich ist in Deutschland klar geregelt: Kinder bis 7 Jahre sind nicht geschäftsfähig. Sie können daher keine Verträge wie In-Game-Käufe abschließen. Im Alter von 7 bis 18 Jahren sind Kinder und Jugendliche beschränkt geschäftsfähig. Für einen wirksamen Vertrag benötigen sie jedoch die Zustimmung der Eltern. Die Ausnahme davon ist der sogenannte Taschengeldparagraf. Laut diesem dürfen Kinder und Jugendliche ihr Taschengeld frei verwenden, solange die Erziehungsberechtigten mit dem Zweck einverstanden sind. Eine vorherige Genehmigung braucht es dann dafür nicht. „In vielen Fällen greift der Taschengeldparagraf jedoch nicht, zum Beispiel wenn die ausgegebene Summe zu hoch ist oder ein Abonnement abgeschlossen wird“, sagt Alexander Wahl.
Eine Zahlungspflicht besteht bei nicht genehmigten In-App-Käufen für Eltern in der Regel nicht. Hat Ihr Kind also unbeaufsichtigt einen Kauf getätigt, sollten Sie schnellstmöglich Widerspruch einlegen.
Schwierig wird es, wenn ein Kind den Zugang der Eltern genutzt hat, oder deren Passwort oder Kreditkartendaten bekommen hat. „Die Eltern müssen nachweisen, dass das Kind den Kauf getätigt hat und nicht sie selbst“, erklärt Wahl. Ebenfalls problematisch wird ein Widerspruch, wenn Minderjährige wiederholt für In-App-Käufe bezahlt haben. Alexander Wahl: „Die Rechtsprechung geht in diesem Fall davon aus, dass die Eltern die Ausgaben geduldet haben.“
Verbraucherschützer verurteilen das Geschäftsmodell
Wie ist es aber möglich, dass Anbieter für Gratis-Spiele, deren Zielgruppe größtenteils Kinder und Jugendliche sind, Milliarden-Umsätze mit In-Game-Käufen machen können? Schon im September 2024 warnte die europäische Verbraucherschutzorganisation BEUC vor den versteckten Kosten in Videospielen.
Europaweit einheitliche Gesetze, die das Geschäftsmodell in digitalen Spielen regulieren, gibt es nach wie vor nicht. Doch das könnte sich in Zukunft ändern: Das Consumer Protection Cooperation Network (CPC) der EU-Kommission hat im März 2025 sieben neue Leitlinien zu In-Game-Währungen veröffentlicht. So sollen Spiele klar und transparent den Euro-Gegenwert von Inhalten und Spielwährungen ausweisen und beim Design verantwortungsbewusst gestaltet sein, besonders unter Rücksichtnahme auf Kinder und Jugendliche. Allerdings handelt es sich bei den Leitlinien lediglich um Handlungsempfehlungen und „ein Verstoß dagegen stellt nicht automatisch einen Rechtsbruch dar“, wendet Alexander Wahl ein.
So vermeiden Sie ungewollte In-Game-Käufe
Wie können sich Eltern gegen hohe Kosten schützen? „Vorsicht ist besser als Nachsicht“, lautet der Rat des EVZ-Experten:
• Nutzen Sie einen Passwortschutz für Einkäufe in Apps oder deaktivieren Sie In-App-Käufe komplett im jeweiligen App-Store.
• Vermeiden Sie die automatische Abrechnung über die Handyrechnung (sogenanntes „Carrier-Billing“) und richten Sie eine Drittanbietersperre bei Ihrem Mobilfunkanbieter ein.
• Prepaid-Karten der App-Stores helfen, die Ausgaben im Blick zu behalten.
• Hinterlegen Sie keine Zahlungsdaten auf dem Gerät Ihres Kindes. Nutzt Ihr Kind Ihren Account? Dann die gespeicherten Bezahldaten entfernen oder im App-Store sperren.
• Klären Sie Ihre Kinder über die Risiken von In-App-Käufen auf.
Weitere Infos: In-App-Käufe & In-Game-Käufe: Worauf muss ich achten?
(Text: PM Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland)