Die Versammlungsbehörde im Ordnungsamt Frankfurt hat eine für Samstag, 30. August, angemeldete, potenziell antisemitische Versammlung verboten. Gleichzeitig werden auch alle gleich oder ähnlich lautenden Versammlungen der Anmelderin an diesem Tag an einem anderen Ort (Ersatzkundgebungen) untersagt, wenn dabei eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu erwarten ist.
Angemeldet ist ein pro-palästinensischer Demonstrationszug mit dem Titel „United4Gaza – Stoppt den Völkermord jetzt!“. Zwischen 15 und 21 Uhr wollen hierzu nach Angaben der Anmelderin bis zu 5000 Menschen vom Hafenpark zum Roßmarkt/Goetheplatz/Rathenauplatz durch die Frankfurter Innenstadt ziehen.
Versammlungen sind grundsätzlich nicht genehmigungs-, sondern lediglich anmeldepflichtig. Nach dem Hessischen Versammlungsfreiheitsgesetz kann die Versammlungsbehörde eine angemeldete Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen oder gar verbieten, wenn nach den zurzeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Nach Erkenntnissen der Versammlungsbehörde liegen in Bezug auf die für den 30. August angemeldete Demonstration derart belastende Umstände vor, die ein komplettes Verbot der Versammlung rechtfertigen. Dieses Verbot hat die Versammlungsbehörde am heutigen Mittwochnachmittag, 27. August, gegenüber der Versammlungsanmelderin bekanntgegeben.
Begründet wird dieses Verbot unter anderem mit der derzeit äußerst angespannten Stimmung zwischen propalästinensischen und proisraelischen Aktivistinnen und Aktivisten sowie einer möglichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch eine Eskalationsspirale. Zudem wurde die Prognose gestellt, dass ein ungehinderter Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen und Rechte führen würde. Auch eine etwaige Beschränkungsverfügung mit Auflagen könnte diesen wahrscheinlichen Schadeneintritt nicht verhindern, sodass als Ultima Ratio, also als schwerste mögliche Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit, nur ein Verbot der angemeldeten Versammlung in Betracht kommt.
Unter Berücksichtigung der Situation im Nahen Osten und den bereits stattgefundenen, teils gewalttätigen und antisemitischen Kundgebungen zu diesem Thema in Deutschland und auch in Frankfurt am Main geht das Ordnungsamt von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bei Durchführung der Versammlung aus. Infolge der in der Bundesrepublik Deutschland, speziell auch in Frankfurt, aktuell bestehenden Spannung im Rahmen dieses Israel-Palästina-Konflikts – so ist es in Frankfurt in kürzerer Vergangenheit vermehrt zu antisemitisch motivierten Straftaten gekommen – liegen Umstände vor, wonach die öffentliche Sicherheit durch Straftaten der Versammlungsteilnehmenden gegen das Grundrecht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Gesundheit anderer Versammlungsteilnehmender, unbeteiligter Dritter oder eingesetzter Polizeikräfte ohne das verfügte Verbot konkret gefährdet ist. Die nach dem Hessischen Versammlungsfreiheitsgesetz erforderliche unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit droht bei der angekündigten Versammlung aber auch aufgrund zu befürchtender Straftaten durch Äußerungen in Wort und Bild. Hier ist vor allem die Erfüllung der Straftatbestände der Volksverhetzung, der Billigung von Straftaten sowie der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten zu befürchten.
In Bezug auf die jüngst stattgefundene Versammlung zu gleichem Motto in Berlin ist festzuhalten, dass diese nicht friedlich verlief. Hier wurden Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gezeigt, rechtlich unzulässige Parolen, die das Existenzrecht Israels absprechen, skandiert und gezeigt sowie Sachbeschädigungen und Übergriffe auf Einsatzkräfte verübt. Auch bei dieser Versammlung waren rund 5000 Teilnehmende angemeldet. Sie wuchs jedoch mit starkem Zustrom auf 15.000 Personen an. Dieser starke Zulauf zog ein breites Spektrum gewaltbereiter Akteurinnen und Akteure an, darunter linke Gruppen, bekannte Aktivistinnen und Aktivisten der Berliner Pro-Palästina-Szene sowie Gruppen, die der islamistischen Bewegung nahestehen. Diese Zustände sind bei einer aktuell stattfindenden überregionalen Mobilisierungskampagne auch in Frankfurt zu erwarten.
Aus diesen Gründen liegen nach Auffassung der Versammlungsbehörde Umstände vor, wonach die öffentliche Sicherheit durch Straftaten der Versammlungsteilnehmenden ohne das verfügte Verbot konkret gefährdet ist. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass im Rahmen dieser Versammlung strafbare antisemitische Äußerungen, Drohungen und Handlungen getätigt würden. Ein Verbot der Versammlung ist damit gerechtfertigt und letztlich unumgänglich.
Sicherheitsdezernentin Annette Rinn betont: „Die Entscheidung, eine Versammlung zu verbieten, gehört zu den schwerwiegendsten Eingriffen in ein Grundrecht. Doch die Analyse der Sicherheitslage zeigt deutlich, dass hier eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu erwarten ist. Unser Ziel ist es, die Versammlungsfreiheit zu schützen, aber ebenso müssen wir das Grundrecht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und die Sicherheit aller Menschen in unserer Stadt gewährleisten. Darüber hinaus ist Frankfurt am Main kein Platz für antisemitische Umtriebe. Hass und Hetze gegen Israel auf unseren Straßen und Plätzen werden wir niemals akzeptieren. In dieser Abwägung war ein Verbot unumgänglich.“
(Text: PM Stadt Frankfurt)