Reise in die Vergangenheit beim Mittelaltermarkt in Heusenstamm

76
In diesem Jahr gab es eine besondere Premiere auf dem Mittelaltermarkt: Die Schaukämpfe der Heusenstammer Wikingergruppe „Austan Ulfar“. (Foto: ah)

Am Wochenende zog das prächtige Schloss Schönborn in Heusenstamm seine Gäste wieder in den Bann eines Mittelaltermarktes. Zwischen dem Bannturm und den Schlosswiesen erwachte die Vergangenheit wieder zu neuem Leben.


Schon der Blick auf das Schlossensemble war eine Einladung in eine andere Zeit. Das Barockjuwel, das seit dem 17. Jahrhundert die Altstadt von Heusenstamm prägt, diente auch diesmal als perfekte Kulisse. Im Innenhof wirkten Schaustände altes Handwerk greifbar, während Gruppen in farbenprächtigen Gewändern im Garten ihr Lager aufschlugen. Eine Harfinistin erzählten leise von längst vergangenen Tagen, und der Fliegende Holländer schob sich mit seinen Kunststücken durch die Menge.

Wer „gewandet“ den Mittelaltermarkt besuchte, sparte sich die Hälfte des Eintritts. (Foto: ah)

Der Schlosseingang war wie ein „Zeittunnel“ und zog die Besucher in eine Welt, in der man für zwei Tage kaisertreu durchs Leben gehen durfte. Organisator Carolan Lieb, Gründer der Agentur Lorraine Médiévale, ließ keinen Zweifel daran, wie wichtig ihm die Authentizität des Erlebnisses ist – trotz aller Fantasie: Die Geschichte greifbar machen und doch Raum für eine fantasievolle Inszenierung haben.

Für Kinder ist das Fest auch etwas Besonderes: In einer bunten Ausstellung von Handwerk, Basteleien und Geschicklichkeitsspielen geben Fabis Lederey, die Wollfee, Laydecker und Samarix den Jüngsten praktische Zugänge zur Vergangenheit. Drachenjagd und Rattenfangen testen Geschicklichkeit, während kleine Bogenschützen mit zielsicheren Pfeilen kleine Preise gewinnen können. Wer Glück hatte, ging auch beim Mäuseroulette mit einem Preis davon. Die Tavernen locken mit frisch gebackenem Brot und Kräuterlimonade statt der sonst üblichen Currywurst – ein echter Geschmack des Mittelalters. Lediglich beim Kaffee blinkte im Hintergrund eine moderne Kaffeemaschine.

Das Marktgeschehen am Schloss ist ein buntes Panoptikum: Zwischen dem Bannturm, der einst als Teil einer Wasserburg des 12. Jahrhunderts entstand, und dem kleinen Schlösschen entfaltet sich ein Marktleben, das die Zuschauer in die Vielfalt der Epoche zieht. Händler, Handwerker und Akteure zeigen ihr Können: Von handgetriebenem Holzkarussell über die Taverne bis hin zu weiteren Ständen im Innenhof – hier wird kaum ein Wunsch offengeblieben sein.

Die Musiker leisten ihren Beitrag: Harfenklänge, Lieder der PapperlaBarden, sanfter Gesang von Liane am Kranz, und die lauten mitreißenden Rhythmen der Bands Donner und Doria sowie Irregang begleiten die Schritte der Besucher. Der Abend brachte eine spektakulären Feuershow des Duos Infinity und war ein besonderer Abschluss dieses Tages, der wieder viele Zuschauer anzog. Am Ende gab es nicht nur viel Applaus und das Versprechen, im kommenden Jahr wieder dabei zu sein, sondern auch zahlreiche Zugaberufe.

In diesem Jahr gab es eine besondere Premiere auf dem Mittelaltermarkt: Die Schaukämpfe der Heusenstammer Wikingergruppe „Austan Ulfar“, die sich nahtlos in das Bild der historischen Lager einfügen. Einzeln, zu zweit oder zu dritt stellten sie sich mit Schwert und Schild bewaffnet dem Gegner. Es war zwar keine ernste Auseinandersetzung, sondern eher ein Wettkampf, bei dem ein angedeuteter Schwerttreffer für den Gegner das Aus bedeutete, aber schweißtreibend war es auf jeden Fall. Dazu trägt nicht nur das Gewicht des großen Schildes bei, sondern auch die Rüstung. Nach dem Auftritt, dem auch viele Kinder mit großen Augen verfolgten, konnten sie sich Schild und Schwert und die Rüstung von Nahem betrachten.

Wer durch die Rathauspassage schritt, entdeckte hinter dem Bannturm weitere Stände, Verpflegungsangebote und ein handgetriebenes Riesenrad. Selbst behindertengerechte Toiletten sind vorhanden – ein Hinweis darauf, wie wichtig eine barrierearme Zugänglichkeit in dieser gemischten Erlebniswelt ist. Was bleibt, ist der Eindruck einer Zeitreise, die mehr als nur Kostüm und Kulisse bietet. Man taucht zwei Tage lang in den Alltag der damaligen Menschen, erlebt Lagerleben, Handwerk und Alltagsszenerien, ohne politisch zu werden.
Wer „gewandet“ den Mittelaltermarkt besuchte, sparte sich die Hälfte des Eintritts und das nutzten nicht gerade wenige. So sah man Mönche und Nonnen, gefährlich aussehende Nordmänner und -frauen, Kreuzritter und auch schottische Kilts. Der Rabatt für die „Gewandeten“ wurde ganz bewusst gewählt, da sie so das Bild des Marktes noch bunter machen.

(Text: ah)