Kommunalpolitische Ausnahmeerscheinung Paul Scherer hat sich für Rodgau und die Region unermüdlich eingesetzt
Mit stehenden Ovationen, herzlichen Worten und bewegenden Erinnerungen wurde am Sonntag im Bürgerhaus Weiskirchen eine kommunalpolitische Ausnahmeerscheinung gefeiert: Paul Scherer, ehemaliger Bürgermeister von Rodgau, langjähriger Kreistagsvorsitzender und Ehrenbürger, wurde 90 Jahre alt.
Vertreter aus Politik, Vereinen, Kirche und Wirtschaft ehrten einen Mann, der über sechs Jahrzehnte hinweg mit Fleiß, Anstand und Akribie das öffentliche Leben in Rodgau und dem Kreis Offenbach mitgestaltet hat – und dabei stets den Menschen im Blick behielt. „Ein außergewöhnlicher Mann“, nannte ihn Bürgermeister Max Breitenbach in seiner Begrüßungsrede und betonte, wie sehr Scherers Einsatz das heutige Gesicht der Region geprägt habe: „Diese Region wäre heute nicht die gleiche, wenn es einen Mann wie Paul Scherer nicht gegeben hätte.“ Scherer selbst hatte auf persönliche Geschenke verzichtet und stattdessen um Spenden für die Hospizstiftung Rodgau gebeten – ein Projekt, das ihm am Herzen liegt.
Stadtverordnetenvorsteher Jürgen Kaiser erinnerte an die Rolle Scherers während der Gebietsreform und der Gründung Rodgaus als Einheitsgemeinde: Bereits 1960 begann er seine kommunalpolitische Karriere in der Gemeindevertretung von Weiskirchen. In der turbulenten Zeit der Neugliederung ab 1977 habe Scherer als „unermüdlicher Gestalter“ entscheidend dazu beigetragen, aus fünf Stadtteilen eine starke Stadt mit eigener Identität zu formen. „Rodgau sollte mehr sein als die Summe seiner Teile – ohne dass die Ortsteile ihre Identität verlieren. Dieser Spagat ist gelungen – auch dank Paul Scherer.“
Die zentrale Laudatio hielt der Vizepräsident des Hessischen Landtags, Frank Lortz, selbst ein langjähriger Weggefährte Scherers. In bewegenden Worten würdigte er die jahrzehntelange Arbeit seines Mentors: „Mit seinem Engagement über sechs Jahrzehnte hat er Maßstäbe gesetzt – nicht nur bei uns, sondern im ganzen Land Hessen.“ Lortz hob besonders Scherers Rolle als Finanzpolitiker hervor: „Keiner war so gut vorbereitet. Keiner kannte die Zahlen so wie er.“ Legendär seien seine Haushaltsreden im Kreistag gewesen, bei denen nicht einmal die eigene Fraktion verschont blieb. „Er war fordernd, aber immer fair. Sachlich klar, korrekt im Stil.“ 52 Jahre war Paul Scherer Mitglied des Kreistags Offenbach – bis heute ein Rekord. Als Fraktionsvorsitzender, später als Kreistagsvorsitzender und Ehrenvorsitzender des Kreisverbands prägte er nicht nur Inhalte, sondern auch den Stil: „Die Demokraten müssen zusammenhalten – nur dann haben Extremisten keine Chance“, zitierte Lortz den Jubilar.
Auch jenseits der Politik war Scherer prägend. Als Vorsitzender des Verwaltungsrats der Sparkasse Langen-Seligenstadt, als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung oder als langjähriger Beiratsvorsitzender der Energieversorgung Offenbach – er blieb überall ein wacher Geist, ein Mahner, ein Möglichmacher. „Er ging den Dingen auf den Grund“, sagte Lortz, „und verlangte plausible Antworten – auch wenn das nicht immer bequem war.“ Neben dem öffentlichen Engagement betonten alle Redner auch die Bedeutung seiner Familie – insbesondere seiner Ehefrau Inge, mit der er seit 64 Jahren verheiratet ist. „Ohne Inge wäre dieses Lebenswerk nicht möglich gewesen“, so Lortz, was das Geburtstagskind bei seinem abschließenden Dank mehrmals bestätigte. Mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts im Jahr 1998 würdigte die Stadt Rodgau bereits zu Amtszeiten sein Wirken. Auch auf Landesebene erhielt Scherer höchste Auszeichnungen, darunter das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. Doch was ihn wirklich auszeichnet, ist seine Haltung: Verantwortungsbewusstsein, Bürgernähe und Integrität. Zum Schluss blieb allen Rednern nur eines: Dank. Und der Wunsch, dass Paul Scherer der Stadt, dem Kreis und der Gesellschaft noch lange mit Rat, Optimismus und kritischer Stimme erhalten bleibt. „Bleib wie du bist – ein Mensch mit Rückgrat, Herz und Verstand“, sagte Frank Lortz und sprach damit für alle Anwesenden.
(Text: ah)