Stadt setzt starkes Zeichen gegen Gewalt an Frauen
Wenn das Offenbacher Rathaus ab 25. November orange leuchtet, ist das mehr als eine stimmungsvolle Beleuchtung: Es ist ein Aufruf. Ein Appell, nicht wegzusehen und ein Zeichen für Solidarität mit allen Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen sind. Bis 10. Dezember beteiligt sich Offenbach erneut mit zahlreichen Aktionen, Ausstellungen und Veranstaltungen an der weltweiten Kampagne „Orange the World“ der UN Women. Sie erinnert daran, dass 50 Prozent der Bevölkerung noch immer keinen ausreichenden Schutz vor Gewalt genießen, sondern patriarchalen Strukturen ausgeliefert sind.
Gewalt gegen Frauen bleibt erschreckend alltäglich
Auch in der Bundesrepublik bleiben die aktuellen Zahlen alarmierend: So wurden laut der Polizeilichen Kriminalstatistik im vergangenen Jahr 265.942 Menschen Opfer häuslicher Gewalt und damit so viele wie nie zuvor. Rund 73 Prozent der Betroffenen waren Frauen. Nach wie vor gefährlich ist dabei oft das häusliche Umfeld, rund 171.100 Fälle, in denen die Gewalt von Partnern oder Ex-Partnern ausgeübt wurden gab es – und damit ein Plus um knapp zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Fast 80 Prozent der Betroffenen waren weiblich und die Täter in drei von vier Fällen Männer.
Mehr als die Hälfte aller registrierten Taten waren Körperverletzungen, etwa ein Viertel entfiel auf Bedrohungen, Nötigungen und Stalking, rund vier Prozent auf Sexualstraftaten. Diese Zahlen beleuchten das sogenannte Hellfeld, Fachleute gehen von wesentlich höheren Fallzahlen aus, da viele Betroffene aus Angst, Scham oder Abhängigkeit auf eine Anzeige verzichten.
„Diese erschreckend hohen Zahlen zeigen, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen kein Randphänomen ist und wir nicht über tragische Einzelfälle reden, sondern über ein gesamtgesellschaftliches Problem“, sagt Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke. „Es geht um Rollenbilder, die Frage was „Männlichkeit“ bedeutet und Bildung. Ein Mann schlägt Frauen nicht. Ganz einfach. Frauen müssen sich zu jeder Zeit sicher fühlen können – ausdrücklich nicht nur im öffentlichen Raum, sondern selbstverständlich auch zuhause. Darauf weisen die Orange Days in besonderer Weise – auch hier in Offenbach – hin. Wir zeigen Haltung, gemeinsam mit vielen, die sich tagtäglich für Schutz, Aufklärung und Gerechtigkeit einsetzen.“
Bündnis der Solidarität
Das Frauenbüro der Stadt Offenbach organisiert die Orange Days federführend für die Stadt, an der Umsetzung beteiligen sich zahlreiche Akteurinnen und Akteure aus der Stadtgesellschaft wie der Verein Frauen helfen Frauen e. V., der Arbeitskreis gegen häusliche und sexualisierte Gewalt sowie Kultureinrichtungen, Gewerkschaften und weitere Initiativen. „Die Orange Days sind ein starkes Symbol der Solidarität. Sie zeigen: Gewalt hat keinen Platz in unserer Gesellschaft“, sagt Dr. Inga Halwachs, Kommunale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte. „Aber sie sind auch nur ein Schlaglicht. Wir alle müssen das ganze Jahr über genau Hinschauen und Angebote machen, in Politik, Verwaltung, Medien, Nachbarschaften und Bildungseinrichtungen.“
Sichtbare Aktionen während der Orange Days
Rund um die Illuminationen der öffentlichen Gebäude, Fahnen und Bannern hat das Frauenbüro ein informatives Programm zusammengestellt, das Gedenken, Information und Engagement miteinander verbindet. Ein Höhepunkt ist die Kundgebung am Dienstag, 25. November, die das Frauenbüro gemeinsam mit dem Verein Frauen helfen Frauen e. V. organisiert, bei der verschiedene Akteurinnen und Akteure aus dem Gewaltschutz, aus feministischen Projekten und Initiativen, ihre Perspektiven einbringen.
Gewalt kennt viele Formen, dazu zählen auch sexistische Witze und anzügliche Bemerkungen. Deshalb wird es auch die inzwischen schon etablierte Sprühkreidenaktion des Arbeitskreises gegen häusliche und sexualisierte Gewalt wiedergeben – und erneut für Gespräche und Aufmerksamkeit sorgen: Mit leuchtend orangefarbenen Schriftzügen wie „Stopp Gewalt an Frauen“ wird das Thema buchstäblich in den öffentlichen Raum getragen.
Mit der Bäckertütenaktion „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“ erreicht die Botschaft der Orange Days viele Menschen direkt im Alltag. Mehrere Offenbacher Bäckereien beteiligen sich an der Aktion und nutzen während des Aktionszeitraums Tüten mit dem Aufdruck des Slogans sowie wichtigen Informationen zu Hilfs- und Beratungsangeboten in der Stadt. So wird das Thema auf unkomplizierte Weise in den Alltag getragen – beim morgendlichen Brötchenkauf oder dem Snack in der Mittagspause. Zum Auftakt am 25. November verkauft Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke in der Bäckerei Beck gemeinsam mit dem Team vor Ort die ersten Brötchen in den Aktionstüten und macht damit deutlich: Gewalt gegen Frauen darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben.
Gewalt hat viele Gesichter, Femizide sind ihre extremste Form. Als Femizid wird die Tötung einer Frau bezeichnet, weil sie eine Frau ist, meist durch den (Ex-)Partner. In Deutschland wurden 2023 155 Frauen durch ihren (Ex-)Partner getötet. Mit der Ausstellung „Femizide stoppen!“ im Foyer des Rathauses macht das Frauenbüro diese tödliche Form patriarchaler Gewalt sichtbar und erinnert an die Frauen, die im Jahr 2024 getötet wurden, darunter auch eine Frau aus Offenbach.
Ergänzt wird das Programm mit einem Filmabend in Kooperation mit Gewerkschaften sowie einer Kunstausstellung in den Parkside Studios in der Friedhofstraße 59, die sich mit feministischen Perspektiven auf Gewalt, Selbstermächtigung und Sichtbarkeit beschäftigt.
Istanbul-Konvention als Grundlage
Die Orange Days haben sich haben sich in Offenbach als feste Aktionstage etabliert mit denen die Stadt jedes Jahr im November ein deutliches Nein zu Gewalt gegen Frauen zum Ausdruck bringt. „Die Orange Days sind ein wichtiges und kraftvolles Signal. Wir nehmen unsere Verantwortung ernst und arbeiten an dauerhaften Strukturen und einer langfristigen Strategie, um Frauen und Mädchen nachhaltig vor Gewalt zu schützen“, betont Luzia Rott, Fachreferentin für die Umsetzung der Istanbul-Konvention. Dazu gehören Maßnahmen zur Prävention und Unterstützung, wie sie im 2011 geschlossenen Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, auch bekannt als Istanbul-Konvention, beschlossen wurde. „Jede Form der Gewalt ist eine Verletzung der Menschenrechte“, sagt Rott. „Und jeder Mensch, der hinsieht, nachfragt oder hilft, trägt zu einer strukturellen Veränderung bei.“ Schließlich sind die zahlreichen Fälle von Gewalt gegen Frauen keine Einzelfälle, sondern finde in allen gesellschaftlichen Schichten, zu allen Zeiten und in allen Altersgruppen statt. Mit den Orange Days soll daher nicht nur sensibilisiert, sondern auch Mut gemacht werden, sich einzumischen, Unterstützung anzubieten und Betroffene zu stärken.
Die Orange Days finden immer im Zeitraum vom 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, statt.
Weitere Informationen gibt es hier: www.offenbach.de/orangeyourcity
Hilfe und Beratung bei häuslicher oder sexualisierter Gewalt
In Offenbach
Frauen*- und Kinderhaus Offenbach, Frauen helfen Frauen e.V.: Tel.: 069 886 139
Beratungsstelle für Frauen* und betroffene Minderjährige bei häuslicher Gewalt, Frauen helfen Frauen Offenbach: Tel.: 069 816 557
Beratung bei sexualisierter Gewalt und Vergewaltigung, pro familia Offenbach: Tel.: 069 850 968 022
Bundesweit
Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen (rund um die Uhr, kostenfrei, in 18 Fremdsprachen): Tel.: 116 016
(Text: PM Stadt Offenbach)


