Wie sich die Lebensqualität einer Stadt entwickelt, bemisst sich nicht allein anhand „objektiver“ Faktoren wie der Ausstattung mit bestimmten kommunalen Angeboten, sondern drückt sich vor allem auch in der subjektiven Wahrnehmung durch die Bürgerinnen und Bürger aus. Daher befragt die Stadt Wiesbaden im Rahmen der Bürgerumfrage „Leben in Wiesbaden“ seit 2014 regelmäßig eine repräsentative Auswahl von Bürgerinnen und Bürgern, um Trends in der subjektiv geprägten Lebensqualität zu erfassen. Das Amt für Statistik und Stadtforschung legt nun zu diesem Themenkomplex weitere Ergebnisse aus der Befragung vom Herbst 2022 vor, an der sich 4.282 Befragte beteiligt haben.
74 Prozent der befragten Einwohnerinnen und Einwohner und damit die überwiegende Mehrheit leben gerne in Wiesbaden. Gleichwohl hat sich die Bewertung der Lebensqualität in der Landeshauptstadt innerhalb der letzten Jahre, möglicherweise auch wegen der allgemeinen Weltlage, tendenziell zum Negativen verändert: Waren damit im letzten Erhebungsjahr 2018 – also deutlich vor Beginn der Corona-Pandemie und vor dem russischen Überfall auf die Ukraine – noch 61 Prozent der Befragten zufrieden bis sehr zufrieden, beläuft sich dieser Anteil in der aktuellen Trendabfrage nur noch auf 51 Prozent. Wichtig ist aber, zu beachten, dass der Anteil der Zufriedenheit mit dem eigenen Stadtteil relativ konstant geblieben ist (67 Prozent zu 69 Prozent) und die Bewohnerinnen und Bewohner in fast allen Stadtteilen in der Mehrheit allgemein sehr zufrieden bis zufrieden sind.
Zufriedenheit mit den meisten Punkten tendenziell gesunken
In der differenzierten Abfrage verschiedener Aspekte städtischer Angebote und Infrastruktur ist die Zufriedenheit mit den meisten Punkten tendenziell gesunken. Zufrieden sind die Befragten mit wohnungsnahen Einkaufsmöglichkeiten (75 Prozent zufrieden beziehungsweise sehr zufrieden), ärztlicher Versorgung/Krankenhäuser (70 Prozent) sowie Grünanlagen und Parks (66 Prozent). Am unteren Ende der „Zufriedenheitsliga“ findet sich hingegen unter anderem die subjektive Einschätzung der Attraktivität der Innenstadt (42 Prozent sind damit unzufrieden), öffentliche Verkehrsmittel, Sauberkeit des Stadtbildes und Infrastruktur für Autofahrer (jeweils 40 Prozent) sowie die Fahrradsituation (39 Prozent) und öffentliche Sicherheit (32 Prozent). Bemerkenswert ist jedoch, dass die Unzufriedenheit mit den Fahrradwegen und der Radverkehrssicherheit stark nachgelassen hat (-17 Prozentpunkte); hier hat Wiesbaden durch zahlreiche Maßnahmen einen starken Aufwärtstrend vollzogen. Die auffälligste Veränderung im Vergleich zu früheren Erhebungen ist ein stark gesunkener Anteile Zufriedener mit dem ÖPNV (-27 Prozentpunkte). Dies dürfte größtenteils auf die zum Befragungszeitpunkt akute Situation 2022 mit massiven Einschränkungen im Busverkehr zurückzuführen sein. Aktuell arbeitet die Stadt allerdings bereits an Möglichkeiten, wie wieder zum regulären Fahrplan zurückgekehrt werden kann. Abgenommen hat darüber hinaus die Zufriedenheit mit der Infrastruktur für Autofahrer (-12 Prozentpunkte), kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen (-11 Prozentpunkte), Attraktivität der Innenstadt (- 9 Prozentpunkte). Die Kultur und die Innenstadt waren von der Corona-Pandemie besonders stark betroffen. Eine Studie aus dem vergangenen Jahr zeigt jedoch, dass insbesondere Passantinnen und Passanten, die die Innenstadt besuchen, sich in der Wiesbadener Innenstadt wohl fühlen (56 Prozent) . Hier zeigt sich ähnlich wie bei der Zufriedenheit mit dem eigenen Stadtteil und der Stadt im gesamten, dass eine persönliche Betroffenheit eher zu einer positiven Bewertung führt.
Der längere Trendvergleich mit den Befragungsergebnissen seit 2014 zeigt, dass sich in den letzten Jahren – möglicherweise im Zuge der Corona-Pandemie und den Folgen des Ukraine-Krieges – zwar negative Trends in den Bewertungen verstärkt haben, diese Entwicklung jedoch in einigen Fällen bereits vorher eingesetzt hat, etwa in der Zufriedenheit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Schwimmbädern, Kultureinrichtungen, Versorgung durch Ärzte und Krankenhäuser oder der Sauberkeit des Stadtbildes. Gleichzeitig bleibt festzuhalten, dass auch mögliche persönliche Belastungen und allgemeine Sorgen der Befragten im Kontext der aktuellen (weltpolitischen) Umstände auf die Wertungen und Einordnungen einen Einfluss haben.
Näheres Umfeld positiver bewertet
Positiv bleibt zu vermerken: Das nähere Umfeld (die eigenen Wohnung, Wohngebiet, Stadtteil) wird von den Befragten im Schnitt deutlich positiver bewertet als Wiesbaden insgesamt. Hier gibt es allerdings je nachdem, wo die Befragten in Wiesbaden wohnen, deutliche Unterschiede im Zufriedenheitsniveau. Bedeutsam ist ein (statistischer) Zusammenhang zur Verbundenheit: So kontrastieren hier Befragte in Klarenthal (46 Prozent sind mit ihrem Stadtteil zufrieden, 53 Prozent fühlen sich ihm verbunden) mit Befragten in der Gebietsgruppe Rambach, Heßloch, Kloppenheim und Igstadt (87 Prozent sind zufrieden, 81 Prozent fühlen sich verbunden).
Wer an Details interessiert ist, kann die Wiesbadener Stadtanalyse „Lebensqualität im Wandel – Trends aus der Umfrage Leben in Wiesbaden 2022“ unter www.wiesbaden.de/umfrage2022 kostenfrei herunterladen. Alle bereits veröffentlichten und noch folgenden Ergebnisberichte auf Basis der Umfrage „Leben in Wiesbaden“ sowie Details zur Methode und Repräsentativität der Erhebung finden sich ebenfalls auf der Seite zum Download. Die Befragung stellt die erste umfassende Bestandsaufnahme des Wiesbadener Meinungsbildes seit Beginn der Corona-Pandemie dar.
Fragen beantwortet das Amt für Statistik und Stadtforschung unter Telefon (0611) 315691 oder per E-Mail an amt-fuer-statistik-und-stadtforschung@wiesbaden.de.
(Text: PM Landeshauptstadt Wiesbaden)