Instandhaltung und technische Innovation der U-Bahn: VGF arbeitet in den Sommerferien im Tunnel von U4 und U5

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Symbolbild U-Bahn-Tunnel (Foto: Pixabay)

Streckensperrung wegen umfangreicher Arbeiten

In den kommenden Sommerferien ist es wieder so weit: Ein wichtiger Abschnitt des Frankfurter Nahverkehrssystems muss vorübergehend gesperrt werden, denn die selbsterhaltende Infrastruktur ist bis jetzt nicht erfunden worden. Gleise müssen repariert, Weichen ersetzt werden. Gleichzeitig finden erste Arbeiten für die neue digitale Zugsicherung statt, mit der die Strecke als erste im Netz ausgestattet wird. Unter Betrieb ist beides – Instandhaltung und Einbau neuer Komponenten – kaum möglich, denn das würde hohe Kosten verursachen und über einen längeren Zeitraum Fahrgäste erheblich behindern.

Von Samstag, 22. Juli, bis Montag, 4. September, sperrt die VGF daher den Tunnel der Linien U4 und U5. Während die U4 in den Sommerferien eingestellt wird, fährt die U5 zwischen Hauptfriedhof und Preungesheim. Zwischen Konstablerwache und der Station Marbachweg/Sozialzentrum – hier sowie an der Station Hauptfriedhof ist der Umstieg zur U5 möglich – setzt die VGF einen Ersatzverkehr mit Bussen ein. Zusätzlich fährt vorübergehend eine Straßenbahn-Sonderlinie 10, die zwischen Ginnheim und Hugo-Junkers-Straße auf verschiedenen Abschnitten alternative Verbindungen zu den U-Bahnen herstellt. Zu den betrieblichen Auswirkungen, vor allem aber zum Angebot, mit dem Fahrgäste, die sonst U4 und U5 nutzen, trotzdem ihr Ziel erreichen, siehe die Presseinformation „Sommerferien 2023: Linie U4 gesperrt / Linie U5 nur auf Teilstrecke unterwegs / SEV und Sonderstraßenbahnlinie im Einsatz“, die unter vgf-ffm.deExternal Link zu finden ist.

„Wir nutzen die Sperrung, die der reguläre Austausch von zum Beispiel Schienen, Weichen, Fahrleitung und Fahrtreppen notwendig macht, auch zum Einbau eines neuen BOS-Funksystems und erster Teile unserer neuen digitalen Zugsicherung. ‚Digital Train Control – System Frankfurt‘ wird den öffentlichen Nahverkehr in Frankfurt auf eine ganz neue Basis stellen und wird ein ganz wesentlicher Teil der Mobilitätswende sein, weil wir die Kapazität auf bestehenden U-Bahnstrecken signifikant ausbauen können. So können wir in naher Zukunft einer erhöhten Fahrgast-Nachfrage nachkommen“, sagt VGF-Geschäftsführer Michael Rüffer zu den geplanten Arbeiten.

Zweitälteste Tunnelstrecke Frankfurts

Im Frankfurter System wird die von den Linien U4 und U5 befahrene Trasse als B-Strecke bezeichnet, weil sie nach der im Oktober 1968 eröffneten A-Strecke (Hauptwache – Nordwestzentrum) schlicht der zweite U-Bahn-Abschnitt war: Am 26. Mai 1974 wurde die Strecke Theaterplatz (heute Willy-Brandt-Platz) – Scheffeleck via Konstablerwache in Betrieb genommen; bis Gießener Straße fuhren die Bahnen oberirdisch. Drei Jahre später, im März 1977, wurde dieser Abschnitt bis zu seiner heutigen Endstation Preungesheim verlängert. Am anderen Ende der Strecke wurde ebenfalls gebaut, bis im Mai 1978 der Abschnitt Theaterplatz – Hauptbahnhof dem Betrieb übergeben werden konnte – zeitgleich mit Eröffnung der S-Bahn zwischen Hauptbahnhof und Hauptwache. Am 31. Mai 1980 schließlich wurde der Tunnelabschnitt Konstablerwache – Seckbacher Landstraße via Bornheim Mitte eröffnet, im Februar 2001 die Verlängerung Hauptbahnhof – Bockenheimer Warte, die allerdings der ganz eigenen Frankfurter Logik nach als D1 zur D-Strecke gehört. Der heute von U4 und U5 befahrene Tunnel hat mit seinen zwei Ästen also zwischen 43 (Konstablerwache – Seckbacher Landstraße) und 49 Jahre (Willy-Brandt-Platz – Scheffeleck) auf dem Buckel.

Zahlen – Daten – Fakten

Dem eigentlichen Bauwerk macht diese Zeit nichts aus, daher wird auch nicht am, sondern im Tunnel gearbeitet: Drei Kilometer Schienen werden ersetzt, 15 Kilometer profiliert – ein Schleifen, das die Lebensdauer der Schienen erhöht – elf Weichen ausgetauscht und zehn Kilometer Fahrleitung erneuert. 97 Kilometer Elektrokabel für unterschiedliche Zwecke – unter anderem die Tunnelbeleuchtung und neue Energieverteiler – zieht die VGF neu, hinzu kommen weitere 50 Kilometer Kommunikationskabel. Dazu werden auch 13.000 neue Kabelhalterungen für die Tunnelbeleuchtung montiert. Weitere 33.000 Kabelhalterungen sind für den BOS-Funk notwendig. 1030 LED-Sicherheitsleuchten und 190 Energieverteiler werden erneuert. Mehr als 200 Transportfahrten mit Arbeitszügen werden stattfinden, zumal die VGF in der Station Konstablerwache auch vier neue Fahrtreppen montieren wird.

Instandhaltung: Gleisbau

Mit Wendeanlagen und Abstellgleisen liegen im Tunnel zwischen Bockenheimer Warte und der Rampe Seckbacher Landstraße rund 35 Kilometer Schienen. Drei Kilometer davon erneuert die VGF, da sie in die Jahre gekommen sind. Denn Schienen und Weichen – aber auch Oberleitungen und ihre Befestigungen – unterliegen natürlichem Verschleiß und müssen ausgetauscht werden, um jederzeit Betriebsqualität und -sicherheit garantieren zu können. Einzelne Schienen im B-Tunnel liegen tatsächlich rund 40 Jahre.

Hierzu ist ein großer Teil der 200 Transportfahrten notwendig, mit denen Schienen sowie Bau- und Arbeitsmaterial zu den unterirdischen Baustellen gebracht werden. Die VGF nutzt die seltene Vollsperrung einer Strecke aber auch, um neue Technik in den Tunnel zu bekommen, zum Beispiel Komponenten für die neue digitale Zugsicherung.

Innovation: „Digital Train Control“

Mit der Montage von mehreren Tausend Kabelhalterungen und der Verlegung von 50 Kilometer Kommunikationskabeln beginnt die VGF, erste Komponenten ihrer neuen Zugsicherung „Digital Train Control – System Frankfurt“ (DTC) einzubauen. DTC ist das größte Innovationsprojekt der VGF: eine digitale Zugsicherung, die in der Branche als „Communication Based Train Control“ oder kurz CBTC bezeichnet wird. Bis 2031 soll das ganze VGF-Netz auf eine digitale Zugsicherung umgerüstet werden, zunächst alle neun Linien des U-Bahn-Systems, dann die zehn Straßenbahn-Linien. Den Anfang macht die B-Strecke mit den Linien U4 und U5, inklusive der U5-Verlängerung ins Europaviertel, wo die erste U-Bahn-Linie mit digitaler Zugsicherung fahren wird.

Hinter CBTC verbirgt sich ein komplexes System von digitalen Signalen und Meldungen, die Fahrzeuge und Strecke permanent miteinander in Echtzeit austauschen. Verschiedene Komponenten auf der Strecke und in den Fahrzeugen machen diese funkbasierte, bidirektionale Datenkommunikation zwischen Zug und Infrastruktur möglich, bei der Fahrweg-Informationen über Funksystem auf die Züge übertragen werden. Mit DTC wird die VGF die Kapazität auf ihren Strecken signifikant erhöhen, denn mit digitaler Zugsicherung können Züge „im wandernden Raumabstand“ aufeinander folgen. Da sie also nicht mehr im Abstand ihres Bremswegs unterwegs sind, kann die VGF mehr Züge gleichzeitig auf einer Strecke einsetzen. DTC ermöglicht außerdem einen effizienteren Betrieb mit Energie-Einsparungen bis zu 15 Prozent und erhöht durch sanfteres Beschleunigen und Abbremsen den Komfort der Fahrgäste.

Ein kurzer VGF-Film erklärt anschaulich das komplexe System und steht – zusammen mit weiteren Informationen zu DTC – auf der Innovations-Seite des Unternehmensunter DTCExternal Link zur Verfügung.

BOS-Funk

Die Abkürzung BOS steht für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, also Landespolizei, Bundespolizei, Branddirektion, Rettungskräfte und andere. Die VGF betreibt ein analoges BOS-Objektfunksystem zur Versorgung der unterirdischen Verkehrsanlagen. Sie nutzt als Betreiberin dieses System nicht selbst, sondern stellt für die genannten BOS-Nutzer eine flächendeckende Netzabdeckung in ihren Anlagen sicher.

Nach dem Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetz ist die VGF als Objektbetreiber der unterirdischen Verkehrsanlagen verpflichtet, auf eine digitale BOS-Objektfunkanlage umzurüsten. Hierfür finden im Rahmen der sommerlichen Tunnelsperrung mit der Montage von weiteren Kabelhalterungen entsprechende Arbeiten statt. Die ebenfalls notwendige aktive Technik wie Schaltschränke kann in den Stationen anschließend unter Betrieb installiert werden.

Die Umstellung von analogen auf digitalen BOS-Funk soll netzweit im Spätsommer 2025 abgeschlossen sein, bis dahin sind auf A- und C-Strecke Arbeiten wie aktuell im B-Tunnel notwendig. Im Innenstadtbereich sollen die Arbeiten im Mai 2024 abgeschlossen sein, damit der digitale BOS-Funk zur EM 2024 genutzt werden kann.

Fahrtreppen

Die Sperrung nutzt die VGF auch, um vier Fahrtreppen in der Station Konstablerwache zu erneuern. Solche Arbeiten sind aufwendige und teure Routine, im Jahr 2023 sind 13 der insgesamt 270 Fahrtreppen in den Stationen der VGF auf dem Erneuerungsprogramm. Denn: Auch diese Anlagen verschleißen und stehen ohne Instandhaltung – oder eben eine umfassende Erneuerung – den Fahrgästen nicht uneingeschränkt zur Verfügung.

(Text: PM Stadt Frankfurt)