Immer mehr Kommunen streben die größtmögliche Unabhängigkeit in der Stromversorgung an. Vor allem die Sonne ist der Energieträger, der in hiesigen Gefilden dazu beitragen kann. In der Münsterer Gemarkung ist das derzeit größte Vorhaben dieser Art privater Natur: Das Altheimer Ehepaar Jürgen und Karin Schoeltzke plant südlich des Ortsteils auf einer 1,1 Hektar großen Wiese einen genossenschaftlich organisierten und möglichst von der Entega betriebenen Solarpark. Darunter sollen gleichzeitig die Merino-Schafe und Hausgänse grasen, die sie auf ihrem Areal mit dem Bauernhaus nahe der Stadthäuser Mühle halten. Schon im März 2023 leierten sie ihre Initiative an. Diverse bürokratische Hürden haben das Projekt bis heute erschwert.
„Wir wollen, dass die Einwohner, Gewerbetreibenden, Gemeindeeinrichtungen und Vereine in Münster, Altheim und Breitefeld energetisch unabhängig werden, beim Strom in den Objekten wie auch in der Elektromobilität“, erläutert Jürgen Schoeltzke den Kern des Ansinnens. Die örtliche Energieerzeugung solle zugleich eine „Abkehr von maximalen Energieprofiten und bezahlbare Energie für alle“ erreichen.
Dies sei nicht als Alleingang von seiner Frau und ihm gedacht – und dürfte es nach Einschätzung der beiden auch nicht werden: „Das Interesse der Leute ist da“, sagt der Altheimer, dessen Frau seit 1993 Besitzerin der Immobile unweit der L3095 gen Richen ist und später das Grundstück dazugepachtet hat. Den Schoeltzkes schweben Beteiligungsmöglichkeiten für Privatleute ab Beträgen von 1500 Euro vor. Auch die Gemeinde könne sich bei Interesse mit einer größeren Summe einbringen. Verbraucht werden soll der Strom von den Anteilseignern, Überschüsse verkauft werden.
Auf etwa 6 000 der 11 000 Quadratmeter könnten unter minimaler Versiegelung des Bodens Panele installiert werden, „ein Stück an der Straße und wegen einer Gasleitung noch einen anderen Teil der Wiese müssten wir freilassen“. Bis zu 0,6 Megawatt Leistung könnten auf ihrer Fläche generiert, 600 000 Kilowattstunden Strom jährlich erzeugt werden. Dies würde rechnerisch beispielsweise den Bedarf von mehreren hundert Altheimer Privathaushalten decken. Eine Mittelspannungs-Leitung an der Kreisstraße ist vorhanden, das Trafohäuschen käme auf die Wiese. Die Baukosten beziffert die Initiatoren auf „600 000 bis 800 000 Euro, plus Kosten für die Gründung der Betriebsgesellschaft“.
Mit maximal einer Million Euro Gesamtinvestment könnte der Altheimer Solarpark also Wirklichkeit werden. Doch mehr als die Suche nach Kapitalgebern sorgt die Schoeltzkes die formaljuristische Seite. „Die Gemeinde Münster müsste sagen, ob sie einen Bebauungsplan für das Grundstück aufstellen will oder nicht“, nennt Jürgen Schoeltzke einen wesentlichen Punkt. Momentan existiert für die Grünfläche kein B-Plan. Zudem zieht das vom Amt für Bodenmanagement beabsichtigte Flurbereinigungsverfahren rund um den (500 Meter weiter nördlich fließenden) Richer Bach auch hier seine Kreise: „Wir bräuchten für unser Vorhaben deshalb eine doppelte Genehmigung. Neben Kreis, Gemeinde und Regierungspräsidium würde beim Bauantrag auch das Amt für Bodenmanagement mitreden, ein klarer Nachteil“, so Schoeltzke. Mit der Anordnung der Flurbereinigung, die rund um den Richer Bach von der EU-Wasserrahmenrichtlinie und ihrem Ziel ökologischer Verbesserungen von Fluss und Uferzone herrührt, werde man „in den Eigentumsrechten eingeschränkt“.
Im Münsterer Rathaus scheint man auch in Zeiten der vakanten Stelle des Klimaschutz-Managers (Frank Nierula verließ die Gemeinde vor wenigen Wochen) offen für das Vorhaben, sieht vor der Umsetzung aber noch „einige Hürden“. Das Grundstück liege in der Nähe eines Vogelschutzgebietes und innerhalb des Vorranggebietes regionaler Grünzug. Das Regierungspräsidium brauche für seine Einschätzung überdies „noch detailliertere Angaben zu Lage, Größe und Art der Anlage“. Ein Planungsbüro hat 2023 eine Stellungnahme zur Umsetzbarkeit der „Photovoltaik-Freiflächenanlage in Münster-Altheim“ abgegeben, die den Initiatoren ebenso vorliegt wie dem Autor dieser Zeilen. Aktuell erstelle das gleiche Planungsbüro im Auftrag der Gemeinde „noch eine Stellungnahme zu einer großflächigeren Untersuchung in Münster, Altheim und Breitefeld, um herauszufinden, ob sich auch weiter gefasste Bereiche für ein mögliches Solarpark-Projekt eignen würden“. Mit den Ergebnissen werde „noch diesen Sommer“ gerechnet.
Die Stellungnahme weist das Grundstück der Schoeltzkes in seinem Fazit „nach erster Einschätzung als Standort grundsätzlich geeignet“ aus. Wegen der geringen Fläche sei das Projekt auch innerhalb des Grünzugs „nicht als raumbedeutsam einzustufen“. Zugleich beurteile man die recht kleine Dimension jedoch „im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit kritisch“. Auch deshalb prüft die Gemeinde eine mögliche Ausdehnung.
Die Schoeltzkes treibt vor allem ein möglicher Bebauungsplan mit selbst zu tragenden Kosten von 20 000 Euro und die Mitsprache des Amts für Bodenmanagement um. Entmutigt sind Jürgen und Karin Schoeltzke aber noch nicht: Zu überzeugt sind sie nach wie vor von ihrer Idee, lokal und klimafreundlich Strom zu produzieren und ihre im Nebenerwerb gehaltenen Schafe und Gänse zwischen den Panelen weiden zu lassen.
(Text: jedö)