Wenn der Minijob zur Falle wird
Die Ausstellung „Machen Sie mehr aus Ihrem Minijob“ informiert über Rechte und Pflichten im Minijob, Kranken- und Rentenversicherung bis hin zur Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. In der, von der Arbeitsagentur initiierten, Woche der Chancengleichheit ist die Ausstellung bis 27. September zu den üblichen Öffnungszeiten im Landratsamt Groß-Gerau zu sehen.
Der arbeitsmarktpolitische Hauptzweck des Minijobs besteht darin, eine Brücke in ein reguläres, voll versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu sein. Für viele Frauen erfüllt sich diese Hoffnung nicht, weil sich aus den Branchen Handel, Gastgewerbe und Privathaushalte kaum Aufstiegschancen ergeben. Am ehesten noch im Gesundheits- und Sozialwesen. Der Minijob wirkt wie eine Klebefalle: Etwa drei Viertel aller Frauen im Minijob bleiben länger als drei Jahre, mehr als die Hälfte der Frauen über sechs Jahre und ein gutes Drittel zehn Jahre und länger.
Minijobberinnen haben zwar in der Regel eine fundierte Berufsqualifikation. Dennoch werden sie in der Regel nicht mehr als qualifizierte Fachkraft wahrgenommen. Damit ist ihre Verhandlungsposition in späteren Einstellungsgesprächen schlechter als die vergleichbarer Bewerber*innen. Im Rahmen des Minijobs findet keine Personalentwicklung statt und es gibt nur in den seltensten Fällen Fortbildungsmöglichkeiten. Dies trägt ebenfalls zum „Klebeffekt“ bei.
Die Anreizstrukturen des Instruments Minijob sprechen vor allem verheiratete Frauen an und verstärken damit das Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Ehepartnern. Angesichts einer Scheidungsquote von über 35 Prozent ist dies für viele Frauen im Scheidungsfalle ein hohes Armutsrisiko. Gerade Frauen trauen sich in höherem Alter und nach längerer Familienzeit oft nichts mehr anderes als einen Minijob zu.
Im Langzeitvergleich seit dem Jahr 2003 ist die Zahl der Personen, die im Minijob arbeiten um 66 Prozent angestiegen: von 13.737 Personen (4540 Männer und 9197 Frauen) auf 22.823 Personen im Jahr 2023 im Landkreis (10.330 Männer und 12.493 Frauen). Die höchste Anzahl an Minijobber*innen gab es 2018 mit 23.024 Personen (10.387 Männer und 12.637 Frauen). Durch die Corona-Pandemie fielen 2020 viele Minijobstellen weg, sodass der Wert auf 21.071 Personen sank. Seitdem lässt sich ein leichter Anstieg verzeichnen.
Im Alter von 15-65 Jahren gingen 2023 im Kreis Groß-Gerau 22.823 Personen einer geringfügigen Beschäftigung nach. Für etwa die Hälfte (11.113 Personen, davon 5.703 Männer und 5.410 Frauen) sorgt der Minijob als Nebenjob für einen Zusatzverdienst (Tendenz steigend). Etwas mehr als die Hälfte der Personen (51,3 Prozent) arbeitet ausschließlich geringfügig (11.710 Personen). Bei dieser Gruppe wiegen die Nachteile des Minijobs, wie der fehlende Anspruch auf Arbeitslosengeld, ein geringer Rentenanspruch, ein hohes Risiko für Altersarmut etc., besonders schwer. Der Frauenanteil liegt in dieser Gruppe bei rund 60,5 Prozent. Auch wenn die Zahl der Männer im Minijob seit vielen Jahren ansteigend ist, sind es doch deutlich mehr Frauen, die von den Nachteilen betroffen sind. Das liegt auch an den Branchen, in denen die Frauen oftmals tätig werden.
Dem möchte der Kreis Groß-Gerau, der die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern fördert, entgegenwirken. Ein erster Schritt in diese Richtung: Beratung. Unter Beratungsstellen zu Vereinbarkeitsthemen – KreisGG findet man Stellen, die zu beruflicher Weiterentwicklung und bestehenden Fördermöglichkeiten beraten.
(Text: PM Kreis Groß-Gerau)