
Seit Anfang April gibt es mit dem Bebauungsplan nun Rechtssicherheit, wo auf dem Innocampus zukünftig Straßen und Wege verlaufen werden. Eigentlich wollte die stadteigene INNO GmbH am Tag der Rechtskraft sofort mit der Vergabe von Bauleistungen loslegen können. Doch Anfang März kündigte der bis dahin dafür beauftragte Generalplaner wegen Personalmangels überraschend per Anwaltsschreiben. Die INNO reagierte umgehend und kommt nun voran.
Nach der Kündigung wurde umgehend das Vergabeverfahren für einen neuen Generalplaner veranlasst. Nach der Auswertung wurde die Ingenieurgesellschaft Schüssler-Plan bereits am 24. März mit der weiteren Generalplanung für den Innovationscampus beauftragt. Das Büro wird auch die Bauüberwachung für die öffentlichen Flächen auf dem Innovationscampus übernehmen. Jetzt konnte die INNO den Termin für die Submission, das heißt den Abgabetermin der erforderlichen Angebote für die anstehenden Erschließungsmaßnahmen auf dem INNO-Areal am 7. Mai 2025 gemeinsam mit dem neu beauftragten Generalplaner durchführen. Voraussichtlich im dritten Quartal 2025 ist mit dem Baustart für die endgültigen Erschließungsmaßnahmen zu rechnen.
„Was sehr technisch klingt, wird nach Abschluss aller Verfahren gut sichtbare Auswirkungen sowohl für die angesiedelten Unternehmen im Gebiet als auch für die Bürgerinnen und Bürger haben: Kern der nun zu vergebenden Bauleistungen sind nicht nur unterirdische Kanäle, sondern anschließend auch oberirdisch das sogenannte „Innovationsband“. So wird die Allee bezeichnet, welche die Haupterschließungsachse für das Gelände mit Anbindung an die Mainstraße im Norden Ende 2026 und einer großen Kreuzung an die Mühlheimer Straße Ende 2027 im Süden sein wird“, so Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke.
Die Fertigstellung in ihrer finalen Form der öffentlichen Erschließung soll 2027 abgeschlossen werden. „Allein im Abschnitt „Innovationsband“ sind dabei fast 140 neue Bäume vorgesehen. Das wird ein großer Unterschied zu früher, als die Fläche komplett versiegelt war“, so OB Schwenke.
Das 36 Hektar umfassende ehemalige Clariant-Gelände, die größte zusammenhängende innerstädtische Entwicklungsfläche der Stadt Offenbach wird zu einem attraktiven Standort für zukunftsorientierte Unternehmen entwickelt. Magistrat und Stadtverordnetenversammlung hatten dem Satzungsbeschluss für das Areal im März zugestimmt – damit ist der Bebauungsplan rechtskräftig geworden. Damit gibt es nun auch eine Rechtsgrundlage für die konkrete Lage und den Bau der neuen öffentlichen Kanäle, Straßen und Bäume. Vorher konnte damit nicht begonnen werden. Anders war dies mit den Baugenehmigungen für die Samson AG. Diese konnten von der Stadt im Vorgriff des Bebauungsplanes erteilt werden, weil das private Baugrundstück für sich genommen bereits an die umgebenden öffentlichen Erschließungsflächen angrenzte und u.a. damit alle Genehmigungsvoraussetzungen erfüllte. Wesentliches Ziel der Stadt und von Oberbürgermeister Schwenke ist es, auf der 36 Hektar großen, rund zehn Jahre brachliegenden Fläche einen Innovationscampus als Schnittstelle von Wirtschaft und Innovation mit neuen hochqualifizierten Arbeitsplätzen zu realisieren.
„Historische Chance für Offenbach“
„Der Innovationscampus ist für uns von besonderer wirtschaftspolitischer Bedeutung“, betont OB Schwenke. „Er bietet, das Wort ist an der Stelle nicht zu hoch gegriffen, eine historische Chance. Mit der Ansiedlung der Samson AG holen wir erstmals seit Jahrzehnten wieder großflächige Industrie nach Offenbach, wie die Bautätigkeiten vor Ort eindrücklich belegen. Und mit BioSpring kommt erstmals ein bedeutendes Unternehmen der sehr krisenfesten Biotechnologiebranche nach Offenbach. Wenn auch BioSpring seine neuen Produktionsstätten errichtet haben wird, werden dort mehr Menschen arbeiten als zu den Hochzeiten der chemischen Industrie in den 1970er-Jahren“, führt Wirtschaftsdezernent und Oberbürgermeister Schwenke aus. „Das Gewerbegebiet verbindet wettbewerbsfähige Produktion und innovative Produkte sowohl aus Industrie als auch aus Biotechnologie. Am Ende steht die reale Chance auf langfristiges Wachstum. Dieser Wachstumstrend zeigt sich schon heute mit etwas mehr als 52.000 Arbeitsplätzen in Offenbach – das sind erstmals seit 30 Jahren wieder mehr als 50.000 Arbeitsplätze. Dieses Wachstum in Offenbach passiert mitten in einer Rezession in Deutschland.“
Eigentümerin des früheren Clariant-Geländes ist die INNO Innovationscampus GmbH & Co. KG, eine Immobiliengesellschaft der Stadtwerke Offenbach, die das Areal zusammen mit ihrem Schwesterunternehmen OPG Offenbacher Projektentwicklungsgesellschaft mbH im Auftrag der Stadt entwickelt und vermarktet.
Diese Konstruktion war eine strategische Entscheidung, da die OPG diese Aufgabe auch beim ehemaligen Industriehafen Offenbach erfolgreich übernommen hatte – für dessen Revitalisierung wurde sie von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen mit Gold in der Kategorie Stadtquartier Neubau prämiert. Nun fließt diese Expertise in das nächste Megaprojekt für eine Stadt im Wandel.
Nachhaltige Konzepte für Mobilität und Regenwasser
„Wir sind von der Stadt Offenbach mit der Erschließung des Areals auf Grundlage des Realisierungsvertrags und Bebauungsplans beauftragt”, berichtet Božica Niermann, INNO-Geschäftsführerin und Leiterin des Amtes für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften. „Der Vertrag enthält alle erforderlichen Regelungen zur Erschließung des Vorhabens wie Rahmensanierungsplan, Mobilitäts-, Grün- und Regenwasserkonzept. Auch die Aufenthaltsqualität auf den öffentlichen Flächen, die Durchlässigkeit des Quartiers, Anbindung an die angrenzenden Quartiere und an den Main spielen hierbei eine wichtige Rolle.“ So wird die Durchwegung inkl. Radinfrastruktur durch Nord-Süd- und Ost-West-Verbindungen ausgebaut, zudem ist der Innovationscampus gut an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen.
Das in der Grundwassersanierungsanlage gereinigte Wasser wird in den Main abgeleitet, wobei derzeit untersucht wird, ob das gereinigte Wasser beispielsweise für die Bewässerung von öffentlichem Grün in Offenbach nutzbar ist. Für das Regenwasser gibt es ein innovatives Konzept. Die Anforderungen im Rahmensanierungsplan schließen eine direkte Versickerung aus, um eine Grundwasserneubildung auf dem teilweise kontaminierten Areal zu vermeiden. Dennoch sollen private und öffentliche Grünflächen zur „Regenwasserbewirtschaftung“ genutzt werden: Dabei geht es unter anderem darum, das Wasser in Zisternen zu sammeln, gezielt wieder abfließen zu lassen oder als Gießwasser zu nutzen. Auf privaten Grundstücken sind möglichst Gründächer vorgesehen, wenn diese nicht aufgrund anderer Vorschriften ausgeschlossen sind und auch Solaranlagen sollen nach Möglichkeit angebracht werden. Im öffentlichen Raum sorgen Bäume in eingebundenen Rigolen dafür, das Wasser zu sammeln. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass Offenbach zur „Schwammstadt“ wird. So wird auch der natürliche Wasserkreislauf stärker in die Stadtplanung integriert.
Viel Grün und eine nahezu CO₂-neutrale Energieversorgung
Wenn Regenwasser möglichst lange im Gebiet bleibt, können damit – ganz im Sinne des Klimakonzepts – auch Kühlungseffekte erreicht werden. Im Klimagutachten wird festgehalten, dass sich das Areal gegenwärtig durch seine hohe Versiegelung erhitzt und dass die Neubebauung mit einfachen Maßnahmen gegensteuern kann: So sollen das Innovationsband und andere Straßen begrünt werden, um die Bildung von Kaltluft zu unterstützen. Insgesamt sollen nach den Erschließungsmaßnahmen mehr als 200 zusätzliche Bäume für Schatten sorgen. Bestehende Keller werden möglichst weiterhin genutzt, um Regenwasser zu speichern und um zur Kühlung beizutragen. Die Nachhaltigkeit steht auch in anderen Bereichen auf dem Innovationscampus im Fokus: Das Flächenrecycling auf der früheren Industriebrache vermeidet neue Versiegelungen in Stadt und Region. Außerdem sorgen die Anbindung an das Fernwärmenetz direkt vor Ort dafür, dass die Energieversorgung nahezu CO₂-neutral erfolgen kann. Auf das Ziel CO₂ einzusparen, zahlt auch die Samson AG ein und plant den Einsatz von Photovoltaik und elektrischen Energiespeichern für eine möglichst CO₂-freie Produktion.
Modernste Schlüsseltechnologien siedeln sich an
Dass es bereits auf vielen Ebenen vorangeht, ist vor Ort längst sichtbar: Die Samson AG hat Ende 2023 mit den Arbeiten für ihren neuen Firmenstammsitz auf dem Innovationscampus begonnen – die Elektronikfertigung des weltweit agierenden Industrieunternehmens im Bereich Mess- und Regeltechnik soll dort im Herbst 2025 in Betrieb gehen, die gesamte Fertigstellung ist für Ende 2026 geplant. Mit seiner „Fabrik der Zukunft“ investiert das Unternehmen rund 400 Millionen Euro in Gebäude, Maschinen und Anlagen. Laut Samson stellt das eine der umfangreichsten, privat finanzierten Investitionen in die industrielle Produktion in Deutschland dar.
„Im Masterplan war ursprünglich ein kleinteiligeres Innovationsgebiet skizziert worden. Nachdem es gelungen war, eine Einigung mit der Samson AG zu erzielen, dass diese ihren Hauptsitz nach Offenbach verlagert und hier 14,3 Hektar Fläche erwirbt, mussten wir aus diesem erfreulichen Grund unsere Planung ab 2021 quasi wieder bei Null beginnen“, erläutert der Offenbacher Oberbürgermeister. „Normalerweise bereiten Kommunen ein solches Gelände zwei bis drei Jahre lang planerisch vor. Erst danach gehen Sie in die Vermarktung dann vorher fest fixierter Flächen. Um erfolgreich zu sein, haben wir hier alles anders gemacht als normalerweise. Wir haben erst die für die Unternehmen optimal passenden Flächen vermarktet und danach geplant. So wurden z.B. die zwei Bauanträge für das Samson Werk in nur jeweils 10 Wochen von der Stadt genehmigt, so dass diese so schnell wie möglich mit ihrer Projektrealisierung vorgelagert beginnen konnten. Damit das funktioniert, haben wir auch zugesagt, dass alle Projekte der Unternehmen, allen voran die zuerst fertig werdende Samson AG, jederzeit ihr Werk bei uns betreiben und erreichen können. Diese Zusage halten wir über die Herstellung von Interimserschließungen ein“, so OB Schwenke.
Die Fertigstellung des Endzustands der öffentlichen Erschließungsmaßnahmen, der dann auch den Zugang des Innovationsbands für die Öffentlichkeit beinhaltet, ist für Dezember 2027 geplant.
Hinzu kommt das Biotechnologie-Unternehmen BioSpring, das auf dem Innovationscampus eine Hightech-Produktionsstätte und weitere Produktionseinheiten mit im Endzustand bis zu 1.500 neuen Arbeitsplätzen errichten will. Derzeit wird die Planung für den ersten Bauabschnitt mit Hochdruck vorangetrieben. 2025 will das Unternehmen beim Regierungspräsidium den BImSch-Antrag (einen Antrag nach Bundes-Immissionsschutzgesetz) zur Errichtung der ersten Produktionsstätte einreichen. Insgesamt hat das Unternehmen fast 4 Hektar Grundstücksfläche auf dem Innovationscampus erworben. Damit siedeln sich gleich zwei moderne Schlüsseltechnologien in Offenbach an.
Erschließungsmaßnahmen haben Priorität
Die Verantwortlichen sind sich einig: Die Umsetzung der bevorstehenden Erschließungsmaßnahmen auf dem Innovationscampus haben absoluten Vorrang, bis der komplette Umzug von Samson bis voraussichtlich Ende 2026 abgeschlossen ist. Die Arbeiten während der Neubauaktivitäten – und nicht, wie sonst üblich, davor – seien von essenzieller Bedeutung für das Gelände und die gesamte Stadt. Schwenke und Niermann sind überzeugt: „Wir finden gute Lösungen im Sinne aller Beteiligten.“ Die Stadt Offenbach arbeitet eng mit Samson zusammen, um ihren Teil zu dieser mutigen unternehmerischen Erfolgsgeschichte beizutragen. Pünktlich zum geplanten Produktionsbeginn von Samson in Offenbach im Herbst dieses Jahres stellen temporäre Erschließungen ab dem 30. Juni die Erreichbarkeit und Ver- und Entsorgung etwa des Werksgeländes der Samson AG sicher.
Perspektivisch soll das Areal, das früher hermetisch abgeschlossen war, auch an weiteren Stellen öffentlich zugänglich gemacht werden. „Um das auf einem ehemaligen Chemiegelände sicher zu planen, braucht es viele Kapazitäten, die noch anderweitig auf dem Innovationscampus gebunden sind“, macht der OB klar, dass die Dinge Schritt für Schritt kommen und nicht alles gleichzeitig. Daher können aus reinen Kapazitätsgründen weitere Planungen wie etwa für das Grüner Haus und die Dreibogenhalle sowie für die vorgesehenen Niederwiesen erst nach dem Umzug von Samson und der Fertigstellung des Innovationsbands vorangetrieben werden. „Der Zeitplan dafür wird gemacht, wenn die Priorität der Erschließung erfolgreich ist“, so Schwenke.
Eine teilweise Ausnahme stellt das ehemalige Badehaus dar: Derzeit sind dort neben den Parkside-Studios als wichtige temporäre kulturelle Nutzung auch kleinere Gewerbeeinheiten untergebracht. Um den Gebäudebestand zu erhalten und die Nutzung des Gebäudes aufrecht zu erhalten, ist 2025 unter anderem eine partielle Dachsanierung geplant. Dies bedeute ausdrücklich keine umfassende Sanierung, für die auch nirgends Gelder etatisiert seien. Es gehe aus Kapazitäts- und Geldgründen ausschließlich um den Erhalt einer funktionstüchtigen Substanz. Mit seinen Nasszellen verdeutliche das Badehaus als Relikt aus alten Zeiten, dass im Offenbacher Osten mehr als 100 Jahre lang die chemische Industrie zuhause war, so Schwenke: Nun stehe das Areal, so real wie symbolisch, für den Wiederaufstieg der Stadt aus einem langen wirtschaftlichen Tal: „Wir entwickeln hier das neue Herz der Industrie in Offenbach.“
Weitere Informationen und Antworten auf häufig gestellte Fragen finden sich auf der aktualisierten Homepage www.offenbach.de/innovationscampus.
(Text: PM Stadt Offenbach)