Kreis Bergstraße treibt Kreislaufwirtschaft im Bausektor voran

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Besichtigung des SAMSax Reallabor in Freiberg, Mittelsachsen. (Foto: Kreis Bergstraße)

In der Kreislaufwirtschaft im Bausektor liegt ein enormes Potenzial: Durch kreislauffähiges Bauen können wertvolle Rohstoffe eingespart, große Abfallmengen und Kohlenstoffdioxid-Emissionen verringert werden. Dies bringt im Hinblick auf die geopolitische Lage und die zunehmend knapper werdenden Ressourcen und Deponieflächen nicht nur ökologische, sondern vor allem auch wirtschaftliche Vorteile. Daher engagiert sich der Kreis Bergstraße intensiv für die Kreislaufwirtschaft im Bausektor. Kreislauffähig bauen bedeutet dabei, dass Bauherren, Architekten und Baufirmen zum Beispiel bereits bei der Planung überlegen, welche Bauteile oder Rohstoffe aus alten Gebäuden sie wiederverwenden können. Oder wie sie möglichst viel Material der zu planenden Gebäude später einmal weiterverwenden können, wenn diese einmal nicht mehr weitergenutzt und rückgebaut werden sollten.

Die Abteilung Kreisentwicklung und Grundsatz der Bergsträßer Kreisverwaltung beauftragte im Rahmen des Projekts „Circular Rural Regions“ (was übersetzt so viel wie „zirkuläre, ländliche Regionen“ heißt) eine Potenzialstudie. Bei dieser befragte der Kreis Bergstraße Unternehmen aus der Baubranche, welche Chancen und Herausforderungen sie im Hinblick auf eine Kreislaufwirtschaft sehen. Die Ergebnisse zeigen nun: Das Interesse an zirkulären Lösungen wächst, doch die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind oft noch unklar und die Umsetzung von Bauprojekten, die in Kreisläufen gedacht werden, aufwendig.

Innovativer Neubau nach zirkulären Prinzipien geplant und umgesetzt

Wie Kreislaufwirtschaft in der Praxis bereits gelingen kann, zeigt der Eigenbetrieb Schule und Gebäudewirtschaft des Kreises Bergstraße am Beispiel des neuen MINT-Zentrums Südhessen, das er in Bensheim errichtet. Der innovative Neubau wird nach zirkulären Prinzipien geplant und umgesetzt: Nachhaltige Materialien, lösbare Verbindungen statt Verklebungen sowie ein digitaler Gebäuderessourcenpass sorgen dafür, dass die verbauten Rohstoffe auch in Zukunft wiederverwendet werden können. „So werden Gebäude im Kreis Bergstraße zu ‚Urbanen Minen‘ für kommende Generationen. Das schont Rohstoff- und Deponiekapazitäten, aber auch die kommunalen Finanzen – ein Gewinn für alle Seiten“, betont Landrat Christian Engelhardt. „Eine Kreislaufwirtschaft im Bausektor stärkt gleichzeitig auch die regionale Wirtschaft und eröffnet Unternehmen neue Chancen für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Gemeinsam mit unseren Partnern und den Unternehmen im Kreis Bergstraße wollen wir zeigen, wie zukunftsfähiges Bauen in der Praxis gelingt – und damit Vorbild für andere Regionen sein.“

Doch auch der Blick über den berühmten Tellerrand hinaus ist essentiell, denn der internationale Austausch ist ein wichtiger Motor für Innovationen. Bei einem Partnerbesuch in der belgischen Region Flandern konnte der Kreis Bergstraße erfolgreiche Beispiele kennenlernen. Dort sind sogenannte Materialbanken entstanden, die nach einer gemeinnützigen Startphase heute als wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen agieren. Durch die clevere Aufbereitung und Wiederverwendung von Baumaterialien sowie Kooperationen mit verschiedenen Akteuren der Baubranche entsteht ein hoher Mehrwert – ökologisch wie ökonomisch.

Auch in Deutschland gibt es bereits spannende Pilotprojekte. Im Rahmen des Partnertreffens der „Circular Rural Regions“-Modellregionen fand ein konstruktiver Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft statt. Das SAMSax Reallabor in Mittelsachsen erprobt zum Beispiel biobasierte und industrielle Reststoffe, wie zum Beispiel Mehl aus Obstkernen oder Sägespänen, für die additive Fertigung (3D-Druck). Unternehmen können hier innovative Werkstoffe (zum Beispiel Bauteile, Marketingartikel, etc.) testen, bevor sie diese in die eigene Produktion übernehmen – ein wichtiger Schritt hin zu einer durchgängigen Kreislaufwirtschaft.

Der Kreis Bergstraße setzt auf den engen Austausch mit seinen Partnerinnen und Partnern auf europäischer, nationaler und kommunaler Ebene und baut diese stetig aus. „Unser Ziel ist es, voneinander zu lernen und die Übertragbarkeit erfolgreicher Beispiele zu fördern“, so Landrat Engelhardt.

Hintergrund

Die Pilotaktion „Circular Rural Regions“ wird vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) mit Mitteln des Programms „Region gestalten“ gefördert. Der Kreis Bergstraße ist eine von fünf Modellregionen, die bei der Erprobung und Umsetzung von Kreislaufwirtschaftskonzepten unterstützt werden. Auf EU-Ebene findet über das EU Interreg geförderte Projekt „KARMA“ ein grenzüberschreitender Erfahrungsaustausch zur Kreislaufwirtschaft im Bausektor mit sieben Partnern statt. Somit können vielfältige Synergien beider Projekte für Maßnahmen auf Kreisebene genutzt werden.

(Text: PM Kreis Bergstraße)