Wiesbaden führt „Stille Stunde“ ein: Reizarmes Einkaufen für mehr Teilhabe

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Auf dem Bild (v.l.): Kommunale Inklusionsbeauftragte, Andrea Hausy, Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende, Staatssekretärin Manuela Strube vom Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales, Rebecca Lefévre, Mitgründerin und Projektleiterin "gemeinsam zusammen e.V.", Janine Marz, Geschäftsführerin Luisenforum, Bürgermeisterin Christiane Hinninger, Karin Mültin vom Citymanagement, Daniela Hill vom Expertenrat, Jens Ackermann, Leiter des Citymanagements sowie Detlef Berg, Geschäftsführer Galeria. (Foto: Stadt Wiesbaden)

Ab Donnerstag, 3. Juli, bieten Geschäfte in der Wiesbadener Innenstadt jeden Donnerstag von 15 bis 17 Uhr eine sogenannte „Stille Stunde“ an. Ziel ist es, durch gedämpftes Licht und eine reduzierte Geräuschkulisse ein Einkaufserlebnis für mehr Barrierefreiheit zu schaffen. Das Angebot wurde im Rahmen einer Pressekonferenz am Mittwoch, 25. Juni, vorgestellt.


Wiesbaden ist bundesweit die erste Kommune, die die „Stille Stunde“ flächendeckend in einer Innenstadt organisiert, koordiniert und aktiv unterstützt – gemeinsam mit über 20 teilnehmenden Geschäften, darunter auch ein Einkaufszentrum und ein großes Warenhaus.
Entwickelt wurde das Projekt im Rahmen einer Kooperation der Landeshauptstadt mit der Initiative „gemeinsam zusammen e.V.“ und dem Land Hessen. Das Angebot richtet sich insbesondere an Menschen mit Autismus, Angststörungen, sensorischer Überempfindlichkeit oder anderen Einschränkungen. Gleichzeitig kann es auch allen anderen Besucherinnen und Besuchern ein entspannteres Einkaufserlebnis bieten. Damit möchten Stadt und Einzelhandel ein gemeinsames Zeichen für mehr Barrierefreiheit und gelebte Inklusion im öffentlichen Raum setzen.

Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende, Schirmherr des Projekts, erklärt: „Mit der Einführung der ‚Stillen Stunde‘ setzen wir in Wiesbaden ein wichtiges Zeichen für eine inklusivere und vielfältige Stadtgesellschaft. Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, am öffentlichen Leben teilzuhaben — unabhängig von individuellen Bedürfnissen oder Einschränkungen. Ich begrüße es sehr, dass die ‚Stille Stunde‘ in unserer Stadt einen wichtigen Beitrag zum gemeinschaftlichen Miteinander leisten wird.“

Auch das Land Hessen begrüßt das Vorhaben. Die Hessische Ministerin für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales Heike Hofmann, ebenfalls Schirmherrin, betont: „Die ‚Stille Stunde‘ ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie gelebte Inklusion vor Ort gelingt. Wiesbaden setzt sich damit für mehr Sensibilität und Rücksichtnahme im Alltag ein. Dieses Angebot ermöglicht Menschen mit besonderen Bedürfnissen ein Stück mehr Selbstbestimmung und Teilhabe. Ich wünsche mir, dass dieses gute Beispiel weitere Städte und Gemeinden in Hessen übernehmen und diesem inklusiven Weg folgen. Inklusion ist keine Nische — sie ist ein Gewinn für unsere gesamte Gesellschaft.“

Bürgermeisterin und Wirtschaftsdezernentin Christiane Hinninger hebt das Engagement hervor und ruft zur weiteren Beteiligung auf: „Mit dem Start der ‚Stillen Stunde‘ am 3. Juli setzen wir auf Freiwilligkeit, Engagement und gemeinsames Handeln. Es freut mich besonders, dass sich bereits über 20 Geschäfte beteiligen – von großen Häusern wie Galeria Kaufhof und dem Luisenforum bis hin zu einer Auswahl inhabergeführter Geschäfte in der Innenstadt. Ich lade alle Händlerinnen und Händler herzlich ein, sich diesem Projekt anzuschließen – als Beitrag gelebter Vielfalt und zukunftsorientierter Innenstadtentwicklung“.

Das Projekt wird im Rahmen des Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ (ZIZ) des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen gefördert. Ziel ist es, mit innovativen Maßnahmen neue Impulse für lebendige Innenstädte zu setzen.

Hintergrund

Die Initiative der „Stillen Stunde“ begann in Neuseeland als Projekt eines Vaters eines autistischen Kindes. Heute wird sie unter den Namen „Silent Shopping“ oder „Quiet Hour“ in vielen Ländern umgesetzt. In Deutschland wurde es bislang nur vereinzelt und punktuell umgesetzt – zumeist ohne kommunale Koordination oder breite Beteiligung. Die „Stille Stunde“ bietet insbesondere Menschen mit sensorischen Besonderheiten, wie Autismus-Spektrum oder ADHS, neurologischen Diagnosen wie Demenz, Menschen mit chronischen Schmerzen oder Schwäche wie Long-Covid einen geschützten Raum, in dem Einkaufen und Teilhabe ohne Überforderung möglich sind. Die Maßnahmen reichen von reduzierter Beleuchtung, Verzicht auf Musik und Durchsagen, über leisere Kassenzonen bis hin zu Sitzgelegenheiten und Rückzugsorten. Die „Stille Stunde“ soll Menschen mit nicht sichtbaren Einschränkungen ein selbstbestimmteres Einkaufen ermöglichen und die Stadtgesellschaft für mehr Anerkennung für die Belange von Menschen mit nicht sichtbaren Beeinträchtigungen sensibilisieren.

Weitere Informationen sowie eine Liste der teilnehmenden Geschäfte sind unter www.wiesbaden.de/stille-stunde zu finden.

Für Fragen rund um die „Stille Stunde“ oder bei Interesse an einer Teilnahme stehen folgende Ansprechpersonen zur Verfügung: Jens Ackermann, Citymanagement der Landeshauptstadt Wiesbaden, per E-Mail an citymanagement@wiesbaden.de. Andrea Hausy, Kommunale Inklusionsbeauftragte der Landeshauptstadt Wiesbaden, per E-Mail an inklusionsbeauftragte@wiesbaden.de oder telefonisch unter (0611) 315896.

(Text: PM Landeshauptstadt Wiesbaden)