
An heißen Sommertagen spenden in Offenbach Bäume Schatten und Abkühlung. Nicht überall jedoch bietet die dicht bebaute Stadt dafür Platz.
„Der Wunsch nach mehr Grün in der Innenstadt wird regelmäßig an die Stadt herangetragen und mit jeder neuen Hitzewelle steigt auch die Notwendigkeit dafür“, betont Planungs- und Baudezernent Paul-Gerhard Weiß. Insbesondere der Marktplatz steht dabei im Fokus, schließlich wird dieser als zentraler Umsteigeort für Bus und Bahn täglich von zehntausenden Menschen genutzt. Schon bei der Neugestaltung des Marktplatzes hatte die städtische Planung alle Möglichkeiten geprüft, mehr Grün zu schaffen, ruft Paul-Gerhard Weiß die damalige Diskussion in Erinnerung und erläutert: „Leider konnte genau dort, wo die Bebauung sehr verdichtet ist, der Wunsch nach mehr Bäumen nicht verwirklicht werden. Der Marktplatz ist nicht nur Verkehrsknoten für die Menschen, sondern auch unterirdisches Drehkreuz für alle Leitungen in der Innenstadt.“
Unter dem Pflaster verlaufen unzählige Versorgungsleitungen für Strom, Gas, Fernwärme, Trinkwasser, Abwasser und Telekommunikation. „Als wir den Marktplatz saniert haben, war es eine enorme Herausforderung überhaupt noch Platz für neue Leitungstrassen zu finden“, macht Weiß deutlich. „So konnten wir zwar mit dem Stockholmer Modell auch klimatisch geeignete Bäume als Ersatz für diejenigen, die der Sanierung weichen mussten, in den Boden einbringen und deren Bewässerung gewährleisten. Das war aber nur auf sehr begrenzter Fläche möglich. Mehr Grün hätten wir uns auch seitens der Politik gewünscht, aber wir mussten mit den tatsächlichen Begebenheiten vor Ort umgehen.“
Hinzu kommen die immer selben Nutzungskonflikte: Welche Flächen können begrünt werden? Welche Flächen sind als Laufwege und für die Wartenden an den Bushaltestellen erforderlich? Wo kann geparkt werden? Wo gibt es Platz für Außengastronomie, für Sitzgelegenheiten und Beleuchtung? Zudem sind in der Innenstadt viele Flächen mit Tiefgaragen unterbaut – für die Wurzeln von Bäumen ist dort kein Platz. „Alle Nutzungen haben ihre Berechtigung und deshalb kommt es darauf an, für möglichst alle diese Nutzungen den entsprechenden Platz vorzuhalten.“ Wo es gar nicht anders geht, sind fest installierte Betonkübel wie am Hugenottenplatz eine Möglichkeit, um Bäumen einen Lebensraum oberhalb der Tiefgarage zu geben.
Eine Perspektive für mehr Grün rund um den Marktplatz bietet zukünftig die Neugestaltung des Vorplatzes zur S-Bahnstation: „Dort gibt es bislang gar keine Aufenthaltsqualität. Dieser Platz, der nicht mehr zum Marktplatz selbst gehört, harrt einer Gestaltung, die wir in den nächsten Jahren in jedem Fall angehen werden“, sagt Weiß. Bis dahin braucht es Zwischenlösungen – dazu zählen die jüngst aufgestellten mobilen Baumkübel, die künftig je nach Bedarf an unterschiedlichen Orten zum Einsatz kommen können. „Die Kübel sind natürlich kein Ersatz für eine richtig angelegte Grünfläche“, sagt Weiß und stellt in Aussicht: „Künftig wird es dort auch grüner werden. Das wird ein wesentliches Ziel der Planung dieses Platzes sein.“ Spätestens dann werden die mobilen Baumkübel weichen, um möglichst Baumpflanzungen direkt im Boden zu ermöglichen.
Aktuell befinden sich die jungen Bäume in den mobilen Kübeln noch in der sogenannten Fertigstellungspflege durch das beauftragte Unternehmen für Garten- und Landschaftsbau. Die zwischenzeitlichen Mangelerscheinungen wurden dort und seitens der Stadt aufmerksam beobachtet. Nach Angaben der Baumschule handelte es sich bei den sichtbaren Verwelkungen um einen nicht ungewöhnlichen Pflanzschock nach dem Umpflanzen. Dieser wurde verstärkt, weil sich die Lieferung der Kübel produktionsbedingt verzögert hatte und die Bäume während dieser Verzögerung schon vollständig ausgetrieben waren. Anschließend mussten sie – nach dem Schutz in der Lagerhalle der Baumschule – mit einem schon sehr frühen heißen Sommer in der Innenstadt zurechtkommen.
Der Pflanzschock war besonders an zwei Gehölzen festzustellen. Gesunde Bäume können diesen Umzugsstress durch den sogenannten Johannistrieb, der in der Regel Ende Juni gebildet wird, kompensieren. Die Bäume haben diesen Sommertrieb gebildet, gelten mittlerweile als vital und haben den Pflanzschock überwunden.
„Es gibt Kritik an den Kosten für diese Kübel. Diese Kritik berücksichtigt aber nicht, dass die Stadt diese angeschafft hat, um sie dauerhaft an verschiedenen Orten einsetzen zu können. Das ist kein rausgeworfenes Geld. Rausgeworfenes Geld wäre es stattdessen, wenn man bereits jetzt eine dauerhafte Grünanlage eingerichtet hätte, die dann für die Neugestaltung des Platzes oder wie jetzt für die lange Zeit der Baustelleneinrichtungsfläche der Bahn während der Tunnelsanierung wieder hätte entfernt werden müssen oder hinterher teuer saniert werden müsste“, betont Planungs- und Baudezernent Weiß. „So waren wir nun flexibel und konnten die Kübel für die Dauer der Arbeiten am Tunnel verschieben. Das zeigt, bei allem Verständnis, dass es vielen Menschen nicht schnell genug geht: Einbauten machen erst Sinn, wenn die Fläche dauerhaft frei ist, der Untergrund genau untersucht wurde und wenn künftige Laufwege, Beleuchtung, Flächen für Außengastronomie und Sitzgelegenheiten geplant wurden.“
Zumal auch bodengebundene Pflanzungen, wie sie künftig vorgesehen sind, mit erheblichen Kosten verbunden sind. Für jeden einzelnen Baumstandort ist mit Kosten bis zu 17.000 Euro zu rechnen, um ausreichend Wurzelraum zu schaffen und die Bewässerung durch ein spezielles Substrat sicherzustellen. Bauarten mit Skeletterde und Pflanzenkohle in Anlehnung an die Stockholmer Bauweise wären aus klimatischen Gründen die beste Wahl, sind aber noch teurer. Da der Erhalt von Bäumen und Neupflanzungen ein wichtiges Ziel der Stadt ist, haben die Stadtverordneten Mittel bereitgestellt, um Ideen und Möglichkeiten zu entwickeln, wie mehr Grün in der Innenstadt entstehen kann, das den klimatischen Veränderungen standhält. Das Planungsbüro soll ein Konzept für ein „Grünes Band“ entwickeln, das sich vom Platz der Deutschen Einheit über den Stadthof bis zum Hugenottenplatz ziehen soll. Es wird als Grundlage für konkrete Umgestaltungen und Einzelmaßnahmen dienen. Zum Auftrag an das städtische Amt für Planen und Bauen gehört auch die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger, die ihre Wünsche und Vorstellungen einbringen können.