Oper mit Strandbadfeeling am Badesee Nieder-Roden

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Rund 400 Gäste fanden sich ein, um Mozarts „Cosi fan tutte“ zu erleben – nicht in einer klassischen Haustheateratmosphäre, sondern auf Campingsesseln, Picknickdecken und unter wippenden Sonnenschirmen. (Foto: ah)

„Cosi fan tutte“ entspannt auf der Picknickdecke genossen

Wenn man an einen Opernbesuch denkt, fallen einem meist gläserne Foyers, festliche Garderobe und festgelegte Sitzreihen ein. Doch der Verein „Music to go“ beweist seit Jahren das Gegenteil: Musik, Kunst und Kultur an ungewöhnliche Orte zu bringen, statt in teuren Auditorien zu vergraben. Und das mit enormem Erfolg – auch am Wochenende wieder im Strandbad Nieder-Roden.


Das Arrangement ist simpel und genial zugleich: Ein Streichquartett begleitet eine handverlesene Operntruppe, der Intendantin Désirée Brodka gelingt es mit charmantem Moderationswitz, die Handlung auf den Punkt zu bringen, und das Ganze geschieht unter freiem Himmel, mitten im Sand und mit Blick aufs Wasser – eine Kulisse, die selbst eingefleischte Operngänger staunen lässt.

Rund 400 Gäste fanden sich ein, um Mozarts „Cosi fan tutte“ zu erleben – nicht in einer klassischen Haustheateratmosphäre, sondern auf Campingsesseln, Picknickdecken und unter wippenden Sonnenschirmen. Und das Beste: Der Eintritt war frei. Ein Detail, das Familien wie Kultur-Neugierige gleichermaßen anzog – ganz entspannt und ohne Dresscode-Stress.

Was passiert in der Oper?

Zwei Offiziere, Ferrando und Guglielmo, wetten darum, ob ihre Liebsten wirklich treu sind. Verkleidete Fremde tauchen auf, Intrigen entstehen, und natürlich mischen Despina, als Königin der Tricks, und Don Alfonso, der Strategielehrer, kräftig mit. Die beiden Frauen Fiordiligi und Dorabella bleiben standhaft – bis am Ende doch die Herzen schmelzen. Die Wächter des Plans? Na sagen wir mal: ein Eherätsel, das sich zu einem heiteren Chaos entwickelt. Und während die Protagonisten am Sandboden straucheln, bleibt eine Erkenntnis klar: Bei Mozart geht Liebe vor List, und am Strand zählt vor allem eines – gute Musik, gute Laune und ein bisschen Sonne. Intendantin und Sopranistin Brodka stellte die Handlung flippig vor, ließ charmant die Musikern und Sängerinnen mit internationalen Referenzen glänzen und gab – wie gewohnt – nebenbei einen kurzen Italienisch-Workshop.

Kulturdezernent Winno Sahm zeigte sich stolz: Rodgau sei mit diesem Format eine der aufregendsten Bühnenstädte der Region – zumindest für eine Nacht. Denn Oper im Espresso-Format ist kein Konzertsaal, sondern eine Bühne mit Meer- und Sand-Charme, die die Sinne kitzelt. Die Stimmen der Künstlerinnen glaubten, hörten und begeisterten sofort. Das Ensemble mag klein wirken, doch es liefert große Wirkung: Ein Streichquartett als Orchester, fünf Opernsänger, die in 90 Minuten Arien und Ensembles aus Cantabile- und Belcanto-Welten servieren, dazu eine einfühlsame Moderation, die Wissenswertes für Anfänger wie für Fortgeschrittene bereithält.

Musik in ihrer pursten Form – live, nah, ehrlich

Und der „Ehevertrag“ von Despina? Ein amüsanter Moment, der die Zuschauer mit einem Lächeln vom Sand auf die Füße zieht. Eine Oper in Sand ist kein Akt der Verweigerung, sondern eine Einladung: Musik in ihrer pursten Form – live, nah, ehrlich. Die Technik klang professionell bis in die letzte Reihe, die Akustik stand dem Ambiente in nichts nach. Und ja, man kann auch anspruchsvolle Kunst genießen, ohne sich in Schick oder Dresscode zu zwängen. Die Botschaft ist klar: Kultur hat kein Preisschild, wenn man sie dort genießt, wo man am liebsten Urlaub macht – am See, unter freiem Himmel, mit einem Hauch Meerluft im Ohr. MUSIC TO GO – Oper im Espresso-Format bleibt eine Erfolgsgeschichte: Ein Streichquartett, fünf Sängerinnen, 90 Minuten Opernhighlights, moderiert, nah, ehrlich. Ob opernerfahren oder neugierig, jung oder alt – alle sind eingeladen, diesen ungewöhnlichen Kulturgenuss am Strand zu erleben.

Und wer weiß, vielleicht wird dieser Strandtag bald zum liebsten Operntermin des Jahres – eine kleine, feine Revolution in Rodgaus Kulturleben.

(Text: ah)