„Seismonex“ simuliert Auswirkungen eines Erdbebens
Um Punkt 10 Uhr schrillen in Weiterstadt die Sirenen. Einige Minuten später sind die ersten Feuerwehrautos in der Ferne zu hören, dann biegt eines nach dem anderen in die Zeppelinstraße in Weiterstadt ein und reiht sich vor der Einfahrt der zu Wella gehörenden HFC Prestige Manufacturing Germany GmbH auf. Zuerst ist die Weiterstädter Wehr vor Ort. Dirk John, stellvertretender Wehrführer in Weiterstadt, hat zunächst die Einsatzleitung. Er verschafft sich einen Überblick anhand eines Plans und teilt die Feuerwehrleute ein. Später wird er durch den stellvertretenden Stadtbrandinspektor im Einsatzleitwagen des Landkreises Darmstadt-Dieburg abgelöst. Die Einsatzkräfte – inzwischen sind auch Kräfte des Rettungsdienstes eingetroffen – verteilen sich übers Werksgelände und gehen konzentriert ans Werk. Das wäre auch im Ernstfall so, aber heute wird auf dem großen Werksgelände, auf dem Haar- und Nagelpflegeprodukte lagern und kommissioniert werden, nur geübt: „Seismonex“ ist die Katastrophenschutzübung betitelt, denn simuliert werden die Auswirkungen eines schweren Erdbebens. 270 Einsatzkräfte von elf Feuerwehren aus dem Kreis, Rotem Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Johannitern, Bergwacht und Notfallseelsorge sind vor Ort – und zudem 25 Mimen, die verletzte Personen simulieren und die nun gerettet werden müssen.
Im Normalfall arbeiten auf dem Werksgelände etwa 250 Personen. Die Szenarien, die von den Mimen dargestellt werden, entsprechen dem, was im Ernstfall auch passieren kann. Paula Osswald steht in einer Werkstatt und aus ihrem T-Shirt ragt in Höhe des Bauchs ein Plastikrohr. Sie ist beim Erdbeben in eine Metallstrebe gefallen und muss nun befreit werden. Sie gehört zu der Komparsen-Gruppe der Johanniter und mimt seit zehn Jahren die Verletzte bei Übungen. „Wir sind alle sehr trainiert, was das angeht“, sagt sie, lacht und beugt sich wieder über die Metallstrebe und wartet darauf, gerettet zu werden. Derweil hängt Timo Risch im 41 Meter hohen Hochregallager und wartet auf seine Rettung. Er ist verantwortlich für die Wartung der Lagertechnik. Die Seile, mit denen er gesichert ist, gehören zu seiner Berufsausrüstung. Durch das Erdbeben ist er abgerutscht und hat sich am Bein verletzt. Die Blutlache auf dem Boden ist Kunstblut aus der Limo-Flasche. Die Bergwacht rettet ihn schließlich. „Normalerweise hat die Feuerwehr auch eine Höhenrettung“, erklärt Andreas Schlaich von der Bergwacht Darmstadt, der als Übungsbeobachter dabei ist, „weil die Katastrophenlage aber heute so groß ist, werden wir alarmiert, weil die Feuerwehr andere Sachen zu tun hat.“ In der Tat: Draußen werden Menschen per Leiterwagen vom Dach gerettet, Dekontaminations-Einheiten aufgebaut, Schläuche ausgerollt. Zum Szenario gehört auch, dass ein Lkw mit Gefahrstoffen durch das Erdbeben in einen Zaun gefahren ist und Ladung verloren hat.
Im Normalfall ein Horrorszenario für die kleine Stadt. Deshalb macht sich auch der Weiterstädter Bürgermeister Ralf Möller vor Ort ein Bild von der Lage. Kreisbrandinspektor Matthias Maurer-Hardt und der Weiterstädter Stadtbrandinspektor Christopher Michna zeigen sich bei einem ersten Feedback zum Abschluss der Übung zufrieden mit dem Zusammenwirken der unterschiedlichen Einsatzkräfte und Einheiten. „Mein Dank gilt der Feuerwehr Erzhausen, die während der Übung die Einsatzbereitschaft für Realeinsätze im Stadtgebiet Weiterstadt sichergestellt hat“, sagt Michna. Denn während die Weiterstädter Feuerwehr übt, muss jemand für den Ernstfall bereitstehen. Auch Kreisbrandinspektor Maurer-Hardt ist zufrieden: „Gerade bei der Abarbeitung der Gefahrgutlage konnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, die in einer separaten Nachbesprechung mit den Einheiten aufgearbeitet werden“, sagt er. Die ist in ein paar Tagen geplant. „Ein besonderer Dank gilt der HFC Prestige Manufacturing Germany GmbH für die Bereitstellung der Liegenschaft und die Mitwirkung in der Vorbereitung und während der Übung“, sagt Maurer-Hardt.
„Wir sind sehr froh, dass die Katastrophenschutzübung des Landkreises auf dem Gelände der Wella erfolgreich durchgeführt werden konnte“, sagt Christian Saamer, Leiter des Wella Distribution Centre in Weiterstadt: „Es ist unerlässlich, dass wir und die Rettungskräfte aufeinander abgestimmt sind, falls der Ernstfall eintritt. Diese geplante Übung hat uns die wertvolle Gelegenheit gegeben, unsere internen Abläufe zu testen und gleichzeitig die lokale Zusammenarbeit mit Feuerwehr, Rettungsdiensten und Katastrophenschutz zu festigen. Die Sicherheit unserer Mitarbeiter und der Anwohner hat für uns oberste Priorität.“
(Text: PM Landkreis Darmstadt-Dieburg)