Im Jahr 2023 haben 10.304 Menschen in Deutschland ihr Leben durch Suizid beendet. Das waren laut Statistischem Bundesamt 1,8 Prozent mehr Fälle als im Vorjahr und 6,6 Prozent mehr als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre.
Den Welttag der Suizidprävention am Mittwoch, 10. September, nutzen Initiativen, Organisationen und Einzelpersonen dazu, um auf die Möglichkeiten, eine Selbsttötung zu verhindern, aufmerksam zu machen und auf die hohe Anzahl hinzuweisen. Und die ist tatsächlich hoch: Die 10.304 Suizide bedeuten mehr Tote als durch Verkehrsunfälle (2839), Mord und Totschlag (1792) und illegale Drogen (2227) sowie Aids (273) zusammen.
Im Zentrum für seelische Gesundheit der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg in Groß-Umstadt werden auch akute Krisen behandelt, die von Hoffnungslosigkeit bis hin zu Lebensüberdruss und Suizidgedanken reichen. Der Chefarzt des Zentrums für Seelische Gesundheit der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg, Prof. Dr. Thomas Wobrock, erklärt, was in solchen Fällen zu tun ist:
Herr Prof. Dr. Wobrock, woran können Angehörige oder Freunde erkennen, dass jemand Suizid-Gedanken hegt?
Prof. Dr. Wobrock: „Suizidgedanken treten häufig im Rahmen von depressiven Erkrankungen auf. Depressionen sind durch gedrückte Stimmung, Niedergeschlagenheit, verminderte Energie und Antrieb, reduzierte Freudfähigkeit und zunehmend verminderte Interessen gekennzeichnet. Wenn dann noch sozialer Rückzug und Vereinsamung sowie Hoffnungslosigkeit hinzukommen, sind dies Warnzeichen. Viele Betroffene, die Suizidgedanken entwickeln, geben Hinweise auf ihre Perspektivlosigkeit, ihre zunehmende gedankliche und emotionale Einengung sowie eine mögliche Selbsttötung als Ausweg – etwa durch die Äußerung „Am besten, ich wäre nicht mehr da“. Aber auch akute psychische Belastungen, zumeist aus verschiedenen Ursachen heraus, für die vermeintlich keine Lösung oder Bewältigungsstrategie gefunden wird, können zur Entwicklung einer suizidalen Krise führen.“
Wie kann man in so einem Fall helfen, ohne die Krise noch zu verstärken?
Prof. Dr. Wobrock: „Beim Verdacht auf Suizidalität sollte aktiv nach lebensmüden Gedanken und Suizidvorstellungen gefragt werden und auf Hilfsangebote durch psychosoziale und psychiatrische Einrichtungen hingewiesen werden. Dadurch werden weder Suizidgedanken erst hervorgerufen, noch Suizidpläne verstärkt, sondern dies führt im Gegenteil oft zur Entlastung des Betroffenen und der Entwicklung eines Hilfeplans. Die meisten Menschen mit Suizidgedanken wollen nicht im eigentlichen Sinn sterben, sondern nur nicht in ihrer derzeitigen Lebenssituation mit ihrer Verzweiflung so weiterleben.
Welche Möglichkeiten bietet das Zentrum für Seelische Gesundheit in Groß-Umstadt in solchen Fällen?
Prof. Dr. Wobrock: „Das Zentrum für Seelische Gesundheit ist als psychiatrische Klinik für die Versorgung der Einwohner des östlichen Teils des Landkreises Darmstadt-Dieburg zuständig, hierzu zählt auch die Notfallversorgung rund um die Uhr. Suizidgedanken sind zunächst einmal als psychiatrischer Notfall einzustufen, sodass wir unmittelbar nach Kontaktaufnahme immer eine Abklärung hinsichtlich einer akuten Suizidalität durchführen und ein individuelles Hilfsangebot machen. Dies reicht vom entlastenden Gespräch mit der Entwicklung einer Bewältigungsmöglichkeit für die akute Krise, über das Angebot einer abgestimmten Medikation bis hin zur stationären Aufnahme und Behandlung durch verschiedene Therapieelemente, je nach vorliegender Grunderkrankung und persönlicher Lebenslage. Suizidprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, welche das Bewusstmachen des Problems der Selbsttötung in psychischen Krisen, die Kenntnis über bestehende Hilfsangebote, die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und die Förderung einer Kultur des offenen Ohrs für den Nächsten in Not einschließt. Hierzu zählt auch der Erhalt und der Ausbau bestehender Initiativen, etwa im Rahmen des nationalen Suizidpräventionsprogramms, und die auskömmliche Finanzierung qualifizierter regionaler, niedrigschwelliger suizidpräventiver Angebote inklusive Krisendienste sowie Telefon- und Onlineangebote sowie von palliativen und Hospiz-Einrichtungen.“
(Text: PM Landkreis Darmstadt-Dieburg)