Herzwochen: Herzinfarkte erhöhen die Gefahr einer Herzinsuffizienz mit gravierenden Folgen für die Betroffenen – das muss aber nicht sein
Atemnot bei Belastung, generelle Leistungseinschränkung, Wassereinlagerungen im Körper und eine deutlich reduzierte Überlebenszeit: die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) markiert einen gravierenden Einschnitt in das Leben der Betroffenen und bedeutet Einbußen an Lebensqualität. Die Herzschwäche zählt mit fast 38.000 Sterbefällen (2023) zu den zehn häufigsten Todesursachen in Deutschland. Mit rund 470.000 vollstationären Fällen pro Jahr ist die Volkskrankheit zudem die häufigste Einzeldiagnose für eine stationäre Krankenhausbehandlung (Deutscher Herzbericht – Update 2025).
Einer chronischen Herzschwäche geht in der Regel ein langjähriger Entstehungsprozess aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Koronare Herzkrankheit (KHK), Bluthochdruck, Rhythmusstörungen (Vorhofflimmern) oder Klappenerkrankungen voraus. Die Herzmuskelschwäche kann aber auch anlagebedingt oder durch Entzündungen im Herzmuskel entstehen. Die häufigste Ursache der Herzinsuffizienz ist die KHK, aus der ein Herzinfarkt entsteht, der wiederum zu einer Schädigung des Herzmuskels führt. „Der langjährige Entstehungsprozess aus Grunderkrankungen bedeutet aber auch: Herzschwäche ist kein unabwendbares Schicksal. Die Ursachen wie KHK, Herzinfarkt und Risikokrankheiten wie Bluthochdruck, hohes LDL-Cholesterin, Diabetes und Fettleibigkeit (Adipositas) lassen sich durch eine gesunde Lebensstilführung im Idealfall vermeiden oder bei frühzeitiger Diagnose wirksam mit Medikamenten behandeln“, betont der Kardiologe Prof. Dr. Heribert Schunkert, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, anlässlich der bundesweiten Herzwochen unter dem Motto „Gesunde Gefäße, gesundes Herz. Den Herzinfarkt vermeiden“ mit Informationen unter https://herzstiftung.de/herzwochen „Auch bei der Therapie des akuten Herzinfarktes sehen wir enorme Fortschritte: Dank der modernen Behandlungsmöglichkeiten hat sich die Herzinfarkt-Sterblichkeit mehr als halbiert. Allerdings bleibt bei mehr als zehn Prozent der Herzinfarktpatienten auch nach Öffnung der verschlossenen Herzkranzgefäße die Herzinsuffizienz mit all ihren Folgen zurück“, so der Direktor der Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen am TUM Klinikum Deutsches Herzzentrum in München.
KHK dreht Herzmuskel „den Saft” ab: Chronische Pumpschwäche
In rund zwei Dritteln der Fälle ist die KHK Ursache einer Herzschwäche. Von KHK spricht man, wenn es in den Herzkranzgefäßen (Koronararterien) zu Ablagerungen aus Kalzium („Kalk“), entzündlichen Zellen, Bindegewebe und Cholesterin kommt, den sogenannten Plaques. Dieser Prozess der Atherosklerose („Gefäßverkalkung“) führt zu einer zunehmenden Verdickung der Gefäßwand mit Einengung des Gefäßinnenraums bis hin zum teilweisen oder kompletten Verschluss des Gefäßes (Herzinfarkt).
Auch ohne einen Herzinfarkt kann es zu einer chronischen Herzschwäche kommen, weil verengte Herzkranzgefäße nicht mehr genügend sauerstoffreiches Blut zum Herzmuskel transportieren können. „Bevor der Herzmuskel abstirbt, kann er in eine Art ,Winterschlaf‘ gehen, wobei er die Pumpleistung und den damit verbundenen Energieverbrauch einstellt. Der Körper kann auch versuchen, dem Kraftverlust durch eine Vergrößerung des Herzens gegenzusteuern“, erklärt der Kardiologe Prof. Dr. Michael Böhm, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. „Diese strukturellen Veränderungen beeinträchtigen aber die Pumpleistung des Herzens nur noch mehr. Man spricht dann auch von einer ischämischen Kardiomyopathie. Es kommt zu einer Herzinsuffizienz aufgrund der chronischen Pumpschwäche des Herzens.“
Zerstörung von Herzmuskel stoppen: Bei Herzinfarkt sofort Notarzt (112) rufen
Auf der anderen Seite kann eine Herzschwäche auch durch einen oder mehrere Herzinfarkte entstehen. Beim Infarkt verschließt sich ein Herzkranzgefäß durch ein Blutgerinnsel komplett. „Wird der Infarkt nicht unverzüglich und ohne Zeitverlust in einer Klinik behandelt, indem die Engstellen im Herzkranzgefäß durch Einsetzen eines Stents behoben werden, stirbt im Herzmuskelareal des verschlossenen Herzkranzgefäßes Muskelgewebe irreversibel ab und vernarbt“, berichtet Prof. Böhm, Direktor der Klinik für Innere Medizin III: Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar. Je früher ein Herzinfarktpatient in ein Krankenhaus mit einer Chest Pain Unit (CPU) eingeliefert und dort mit Medikamenten, Herzkathetern, Stents und anderen modernen Methoden behandelt wird, desto geringer fällt der Schaden am Herzmuskel aus und die Überlebenschancen sind wesentlich höher. „Bei Verdacht auf einen Herzinfarkt muss unbedingt sofort die 112 für den Notarzt alarmieren werden, denn beim Infarkt gilt: Zeit ist Herzmuskel.“
Ein Herzinfarkt ist auch aus einem anderen Grund eine akute Notfallsituation: Er kann zu tödlichen Herzrhythmusstörungen (Kammerflimmern) und zu einem kompletten Pumpversagen des Herzens führen. Kammerflimmern führt innerhalb von Sekunden zum Herzstillstand: Unverzüglich muss eine Wiederbelebung durch Anwenden der Herzdruckmassage erfolgen, bis der Rettungsdienst mit dem Notarzt eintrifft, der die medizinische Versorgung des Patienten übernimmt. „Auch vor diesem Hintergrund ist der Notruf 112 bei Herzinfarkt überlebenswichtig“, so Prof. Böhm. Infos unter https://herzstiftung.de/wiederbelebung
Herzschwäche mit verminderter Pumpfunktion: Welche Beschwerden?
Sowohl die anhaltende Minderdurchblutung durch eine chronische KHK als auch der Verlust von Herzmuskelgewebe nach einem akuten Infarkt sorgen für eine vermehrte Arbeitslast und nachlassende Pumpfähigkeit des Herzens. „Das sind die häufigsten Ursachen einer Herzschwäche mit reduzierter Auswurfleistung, auch bekannt als systolische Herzinsuffizienz oder, englisch abgekürzt: HFrEF für Heart Failure with reduced Ejection Fraction“, erklärt Herzstiftungs-Experte Prof. Böhm. Die Folge: Da in der Auswurfphase (Systole) nicht genügend Pumpkraft vorhanden ist, gelangt zu wenig Blut mit Sauerstoff und Nährstoffen zu den Organen, sodass auch Gehirn und Nieren in Mitleidenschaft gezogen werden. Das kann sich unter anderem durch Abgeschlagenheit und Leistungsschwäche äußern. Und da sich Blut und Flüssigkeit auch in die Lunge zurückstauen, weil nicht mehr ausreichend in den Körper gepumpt wird, nimmt die typische Luftnot bei Herzschwäche zu. Es kann sogar zum Lungenödem kommen.
Auch das rechte Herz kann durch einen Infarkt geschädigt werden. Bei einer daraus folgenden Rechtsherzinsuffizienz liegt die Herzschwäche in der rechten Herzhälfte. Es strömt dann mehr sauerstoffarmes Blut in die rechte Kammer, als diese in Richtung Lunge pumpen kann, damit es dort wieder mit Sauerstoff beladen wird. Dadurch kommt es zu einem erhöhten Druck in den Venen und Wasseransammlungen im Gewebe, meist in den Beinen.
„Unliebsame Begleiter“ erhöhen zusätzlich Herzschwäche-Gefahr
Als folgenreich bewerten erfahrene Kardiologen wie Prof. Schunkert und Prof. Böhm, dass viele Herzinfarktpatienten Begleiterkrankungen, sogenannte Komorbiditäten, haben. Sie erhöhen zusätzlich das Risko für Herzschwäche: Sie verweisen dabei auf US-amerikanische Studiendaten, die unter anderem zeigen, dass dort rund 90 Prozent der untersuchten Herzinfarktpatienten einen nicht kontrollierten Bluthochdruck und erhöhte Cholesterinwerte hatten, fast 50 Prozent einen Diabetes mellitus Typ 2 und über ein Drittel eine Nierenfunktionsstörung (1). „Dementsprechend sollte diesen zusätzlichen Erkrankungen höchste Aufmerksamkeit gewidmet werden, um diese optimal zu behandeln“, unterstreicht Prof. Böhm. Die smartphonebasierte HerzFit-App kann Betroffenen dabei helfen, einem erneuten Herzinfarkt vorzubeugen (Infos unter https://herzstiftung.de/herzfit-app). Wie häufig Infarktpatienten eine Herzinsuffizienz entwickeln und in welcher Schwere, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
-der Größe des Infarktes,
-einer schnellen und konsequenten Akutbehandlung,
-der Qualität der Nachbehandlung,
-einem gesunden Lebensstil (Verzicht aufs Rauchen!),
-einem frühzeitigen Erkennen einer eingeschränkten Herzfunktion und der medikamentösen Therapie gegen Herzschwäche.
Kardiologische Rehabilitation: Hilfe für konsequente Therapie
Wer einen Herzinfarkt überstanden hat, sollte daher das Nachsorge-Angebot der kardiologischen Rehabilitation unbedingt nutzen. Die Teilnahme an einer Reha-Maßnahme kann für Infarktpatienten einen entscheidenden Impuls setzen, ihre Begleiterkrankungen wie die genannten „stillen Gefäßkiller“ Diabetes mellitus, Bluthochdruck und hohes Cholesterin, aber auch das Rauchen und Adipositas in den Griff zu bekommen. „Studiendaten bestätigen, dass die Teilnahme an einer Reha-Maßnahme die Therapietreue hinsichtlich Medikamenteneinnahme, körperlicher Bewegung, Nikotinverzicht, gesunder Ernährung und Lebensstil fördert sowie die Lebensqualität deutlich verbessert“, bestätigt etwa die Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) (2). Nach einem akuten kardialen Ereignis mit Krankenhausaufenthalt steht allen Patienten auch eine kardiologische Rehabilitation (Anschluss-Heilbehandlung, AHB, Anschluss-Rehabilitation, AR) zu.
Die Herz-Reha kann als Motor für die so wichtige dauerhafte Vorbeugung dieser Risikokrankheiten durch einen herzgesunden Lebensstil mit Ausdauerbewegung und gesunder Ernährung beziehungsweise durch eine medikamentöse Therapie entscheidend zur Vermeidung eines erneuten Herzinfarkts und einer Herzschwäche beitragen. „Es kommt darauf an, dass Patienteninnen und Patienten, dieses Momentum der Reha für eine kontinuierliche konsequente Therapie ihrer Risikofaktoren mitnehmen und zusätzlich einen konsequenten Lebensstil führen – am besten gemeinsam mit anderen Menschen, ob in einer Herzsportgruppe im Verein, einer Trainingsgemeinschaft, Tanz- oder Kochgruppe“, so der Homburger Kardiologe Böhm. Infos zur Herz-Reha unter https://herzstiftung.de/kard-reha
(Text: PM Deutsche Herzstiftung e.V.)


