Ein Interview mit Dr. med. Klaus Eisenbeis, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zentrum für Schulterchirurgie der Asklepios Klinik Seligenstadt.
Herr Dr. Eisenbeis, die ASKLEPIOS Klinik Seligenstadt ist nicht erst seit der Corona-Pandemie bekannt für Ihre ausgeklügelten und hocheffektiven Hygienekonzepte. Beeinträchtigt die Pandemie aktuell die Operationen in ihrer Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie?
Wir haben in den letzten beiden Jahren sehr viel über Covid-19 und das Management der Pandemie gelernt. So können wir durch konsequente hygienische Maßnahmen aktuell unsere Operationen unter maximaler Sicherheit für Mitarbeiter und vor allem für Patienten völlig ungestört durchführen.
Generell ist das Thema Hygiene im Bereich der operativen Orthopädie und Unfallchirurgie besonders wichtig. Warum ist das so?
Die Operationen in der Orthopädie und Unfallchirurgie sind durch die Eingriffe am Knochen hygienisch äußerst sensibel. Hier werden regelmäßig Fremdmaterialien in Form von Metallimplantaten eingesetzt, zu denen Bakterien eine hohe Affinität haben. Zudem werden in der Unfallchirurgie Operationen zumeist als Notfalleingriffe durchgeführt, auf die sich Patienten nicht vorbereiten können. Vielfach handelt es sich bei diesen Patienten um Menschen höheren Lebensalters oder mit Vorerkrankungen, wie z. B. ein schlecht eingestellter Blutzucker. Diese Patienten haben ein wesentlich erhöhtes Risiko eine Infektion der Wunde zu erleiden. Aber auch Patienten, die sich einem geplanten orthopädischen Eingriff unterziehen bringen nicht selten Begleiterkrankungen mit, die durch eine Schwächung des Immunsystems eine Erhöhung des Infektionsrisikos bedingen. Insgesamt sind solche Infektionen sind nur sehr schwer behandelbar und für die betroffenen Patienten eine Riesenproblem.
Was können selbst Patienten tun, um sich bestmöglich auf eine orthopädische Operation vorzubereiten?
Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass die absolut überwiegende Mehrzahl aller perioperativen Infektion durch Keime hervorgerufen werden, die Patienten selbst auf dem Körper tragen. Daher ist besonders in den Tagen vor einem orthopädischen Eingriff eine perfekte Körperhygiene wichtig. Wir statten Patienten zur Operationsvorbereitung vor einem künstlichen Schulter-, Knie- und Hüftgelenk mit speziellen desinfizierenden Waschsets und Nasensalben aus, die das Risiko einer Infektion nachweislich um bis zu 50% senken können. Weiterhin sollten andere Infektionsquellen im Körper vor der Operation beseitigt werden. Hierzu gehören vor allem Infektionsherde im Zahnbereich. Für eine optimale Vorbereitung sollte daher der Zahnarzt einen Infektionsherd im Zahnbereich ausschließen. Und schließlich sollten Begleiterkrankungen, insbesondere ein Diabetes möglichst optimal medikamentös eingestellt sein. Bei Rheumatikern sollte die Rheumamedikation kritisch geprüft werden.
Was tun Sie, um das Risiko einer postoperativen Infektion so gering wie möglich zu halten? Gibt es z. B. besondere Anforderungen an den Operationssaal, in dem orthopädische und unfallchirurgische Operationen durchgeführt werden?
Grundsätzlich ist jeder Operationssaal in unserer Klinik eine hochsterile Einheit, die aktuellsten Hygieneanforderungen genügt. Operationen bei denen Kunstgelenke (Endoprothesen) oder andere metallische Werkstoffe eingesetzt werden, führen wir in einem speziellen Reinraum-Operationssaal durch. Hier wird ein sehr aufwändiges Klimatisierungssystem mit gerichteter Luftströmung eingesetzt wird. Der sogenannte „Laminar Airflow“ führt die Luft ohne Verwirbelungen vom Operationsgebiet weg, so dass das Risiko einer Infektion weiter reduziert wird.
Inwieweit kann denn der Operateur selbst einen Beitrag zur Reduzierung des Risikos einer Infektion leisten?
Das Risiko einer Wundinfektion ist umso geringer, je kürzer die Operationszeit ist und je sorgsamer der Umgang des Operateurs mit dem Gewebe ist. Zur besonderen Schonung von Gewebe und Weichteilen werden alle unsere Kunstgelenksoperationen in minimalinvasiver weichteilschonender Technik unter Antibiotikaschutz durchgeführt. Auch verzichten wir wann immer möglich auf Wunddrainagen, von denen man weiß, dass auch sie das Infektionsrisiko erhöhen.
Um die Operationszeit kurz zu halten, werden speziell die Operationen von künstlichen Gelenken nur von bestimmten Operateuren durchgeführt, die extrem routiniert gemeinsam mit einer besonders geschulten OP-Pflege in hochspezialisierten Teams arbeiten. Wie im Cockpit eines Flugzeuges………
Herr Dr. Eisenbeis, Sie haben aber seit neuestem einen weiteren „Pfeil im Köcher“ um die Komplikation einer Wundinfektion zu vermeiden, oder?
Das ist richtig. Die letzte Schraube, an der wir gedreht haben, ist die sterile Filterung der Atemluft des unmittelbar am Patienten arbeitenden Operateurs. Hier kommen nun spezielle Helmsysteme zum Einsatz, die einerseits den Operateur schützen, vor allem aber die durch die Filterung der ausgeatmeten Luft die Keimzahl in der Luft dramatisch senken. Eine tolle Sache.
Herr Dr. Eisenbeis, wir danken Ihnen sehr für das interessante Interview.
(Text: PM Asklepios Klinik Seligenstadt)