Welche Wohnungen braucht Münster im Baugebiet?

69
Mit mehreren Objekten (Hintergrund) ist Bauunternehmer Feti Ademoski im Baugebiet „Am Seerich“ schon präsent. An der Rodwiese baut er zudem gerade noch. Die Zusammenarbeit zwischen Investor und Gemeinde ist bei einem anderen, 1 800 Quadratmeter großen Grundstücks ein paar Meter weiter hingegen gescheitert. (Foto: jedö)
Ein Investor im Baugebiet „Im Seerich“ scheitert am Nein des Gemeindevorstands

MÜNSTER (jedö) – An keinem anderen Ort wandelt sich Münster derzeit so stark wie im Nordosten des Gemeinde: Dort entsteht auf einstigen Wiesen und Feldern das Baugebiet „Im Seerich“, unterteilt in ein Gewerbe-, ein Misch- und ein Wohngebiet.

Neben der Ansiedlung von Firmen bietet das an der L3095 sowie unweit der B26 gelegene Areal der Zuzugs-Kommune im Frankfurter Speckgürtel vor allem die Chance, neuen Wohnraum anzubieten. Was auch geschieht, wie viele schon errichtete Ein- und Mehrfamilienhäuser zeigen. Was manchmal aber auch zu einem Konflikt führt, an dessen Ende sich ein Investor entnervt an die Presse wendet und sich Unternehmen und Gemeinde gegenseitig die Schuld am Scheitern geben. Worum geht’s? Im reinen Wohngebiet des „Seerich“, parallel zur Landesstraße, liegen drei Grundstücke nebeneinander, die derzeit noch unbebaut sind. Das mittlere davon ist 1 800 Quadratmeter groß und wird wie alle Flächen im Baugebiet im Auftrag der Gemeinde Münster von der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung (Stuttgart) vermarktet. Dabei behält die Gemeinde stets die Hoheit, an wen die LBBW ein Grundstück veräußert und was darauf gebaut wird. Dafür hat sie entsprechende Kriterien definiert. Tatsächlich verkauft wird ein Grundstück von der LBBW erst, wenn der Münsterer Gemeindevorstand dem Deal zustimmt. Bei den beiden äußeren der drei beschriebenen „Seerich“-Grundstücke hat der Gemeindevorstand dies vor wenigen Tagen getan. Dort entstehen pro Grundstück 17 bis 18 Mietwohnungen, je aufgeteilt auf zwei Häuser. Insgesamt erweitern also vier Häuser mit 34 bis 36 Wohnungen das lokale Angebot. Mehr noch: Ein Drittel davon darf die Gemeinde als Sozialwohnungen zu einer günstigen Kaltmiete von rund 7 Euro pro Quadratmeter anbieten, mindestens 20 Jahre lang. Womit Münster dem Problem, dass immer mehr Menschen im Rhein-Main-Gebiet die Wohnkosten über den Kopf wachsen, etwas entgegensetzt. Die zwei Interessenten, die die beiden äußeren Grundstücke kaufen und bebauen wollen, können nun den Kaufvertrag mit der LBBW schließen und beim Kreis-Bauamt demnächst den Bauantrag stellen. Im Frühjahr 2022 könnten dort die Bagger rollen.

So weit, so positiv. Auf dem mittleren der drei Grundstücke verzögert sich die Entwicklung und der Bau weiterer Wohnungen jedoch. Hier war die LBBW als vermittelnde Instanz zwischen Gemeinde und Investoren monatelang mit dem Rödermärker Bauunternehmer Feti Ademoski im Gespräch. Der Investor ist seit 16 Jahren am Markt und deutschlandweit tätig, erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von 5,8 Millionen Euro und hat auch im „Seerich“ schon Spuren hinterlassen: ein Sechsfamilienhaus, ein Fünffamilienhaus und ein Doppelhaus. Allesamt Fertighäuser in Holzbauweise, schon fertig oder noch im Bau, zu finden unter den Adressen „Seerich 16, 22, 22a“ und „An der Rodwiese“. Auch das 1 800-Quadratmeter-Grundstück an der Landesstraße wollte Ademoski erwerben. Der Gemeindevorstand senkte nun aber den Daumen, womit die Investorensuche der LBBW erneut beginnt, Zeit verloren geht und neue Wohnungen später dem Markt zugeführt werden. Bereits mehrere Wochen vor dem für ihn negativen Entschluss des Gemeindevorstands wandte sich der Unternehmer an unsere Zeitung. Seine Klage: Er habe den Eindruck, die Gemeinde wolle ihn auf dem beschriebenen Grundstück partout nicht zum Zug kommen lassen. Bürgermeister Joachim Schledt bestreitet das: „Wir wollten mir Herrn Ademoski zusammenarbeiten.“

Inhaltlich gab es mehrere Kontroversen, etwa bei der Wohnungsgröße. Bei der Frage, welche Wohnungen Münster zuvorderst braucht und was sich vermarkten lässt, gehen die Positionen auseinander. Die Gemeinde wünschte sich Flächen zwischen 60 und 99 Quadratmetern, tauglich für Alleinerziehende oder Familien. Sie verweist dabei auf die Nachfrage, die Bürger bei der rathausinternen Sozialberatung hinterlegt haben. Ademoski hingegen schwebten zwei Häuser mit je zehn Wohnungen vor, wobei von den insgesamt 20 Wohnungen 16 Stück nur 45 Quadratmeter groß werden sollten und die 4 anderen Wohnungen 78 Quadratmeter groß. Die Wohnungen wollte Ademoski verkaufen, „die kleinen hätten inklusive Erwerbsnebenkosten 177 000 Euro gekostet, das kann sich auch heute noch jeder leisten“. Gerade erschwingliche Wohnungen für Singles seien gefragt, ist er sich sicher. Sinnbildlich für die offenkundig mangelhafte Kommunikation zwischen beiden Seiten: Bürgermeister und Bauverwaltung erfuhren erst aus dem Gespräch mit unserer Zeitung, dass Ademoski die Wohnungen (auch hier ein Drittel Sozialwohnungen mit gemeindlichem Belegungsrecht) verkaufen wollte. Sie seien von einer Vermietung ausgegangen. Ademoski schüttelt den Kopf: „Jeder weiß, dass wir keine Wohnungen im Bestand halten.“

Dissonanzen zwischen Investor und Rathaus gab es auch bei gestalterischen Elementen, etwa Dach und Fassade, dazu bei der Stellplatz-Frage. Die Gemeinde betont, man habe eindeutige Vorgaben gemacht, doch Ademoski habe ihnen auch auf Nachbesserungshinweise nicht Rechnung getragen. Ademoski wiederum kritisiert, Antworten der Bauverwaltung habe er teils gar nicht und teils erst nach langem Warten erhalten, während von seinem Architekt und ihm stets schnelle Lösungen erwartet worden seien. Vor allem aber seien die Auskünfte aus dem Rathaus oft unpräzise und für eine Überarbeitung der Entwurfsplanung ungenügend gewesen. Trotzdem betont er: „Hätten wir genaue Auskünfte erhalten, hätten wir noch einmal Geld für einen weiteren Entwurf – den dann dritten – in die Hand genommen und umgeplant, damit beide Seiten zufrieden sind.“ Auf den Wunsch nach größeren Wohneinheiten hätte man etwa mit der Zusammenlegung einiger der kleinen Wohnungen reagieren können. Für die Gemeinde weist Bürgermeister Schledt die Vorwürfe zurück. Man habe hinsichtlich eines Zuschlags der begehrten Fläche stets unmissverständlich kommuniziert, was man dort planerisch erwarte. Überdies hätten sich Ademoski und sein Architekt jederzeit direkt und nicht nur über die LBBW ans Rathaus wenden können, was nicht erfolgt sei.

Nun ist der Investor aus dem Rennen, das Tuch scheint zerschnitten. „So etwas wie in Münster habe ich noch nie erlebt“, sagt Feti Ademoski. „Hier hätte jeder andere schon lange vor uns aufgegeben.“ Joachim Schledt will das nicht so stehen lassen: „Herr Ademoski kannte unsere Vorgaben und hat sich nicht an sie gehalten. Andere tun das“, verweist er auf die gerade vergebenen Nachbarflächen im „Seerich“.

  Jens Dörr, April 2021

Hinterlasse eine Antwort

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Name bitte hier reinschreiben