Kneipe in Not: „Helft der Pilsi!“

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Die Barhocker im „Minsdere Pilsstibbsche“ sind einem halben Jahr hochgestellt, Betreiber Alexander Buchholz drohen die Kosten zu erdrücken. Die Kampagne „Helft der Pilsi!“ soll ihm etwas Zeit und Luft verschaffen. (Foto: jedö)

„Minsdere Pilsstibbsche“: Schwester von Betreiber Alexander Buchholz hat Spendenkampagne gestartet / „Geschäftliche Kosten drücken“

MÜNSTER (jedö) Seit nunmehr einem halben Jahr nehmen die staatlichen Corona-Maßnahmen den Gastronomen ihre Existenzgrundlage. Restaurants, Cafés und Kneipen bleiben zu, nur wenige können die Einbußen per Liefer- und Abholservice nennenswert abfedern. Schon gar nicht jene, die rein auf den Getränkeverkauf angewiesen sind – wie das „Minsdere Pilsstibbsche“. Dort kämpft Alexander Buchholz, der das Kultlokal gegenüber dem Münsterer Bahnhof im Januar 2020 und damit zum ungünstigsten Zeitpunkt kurz vor dem Ausbruch der Corona-(und Gastro-)Krise übernommen hatte, inzwischen ums Überleben. Jede weitere Woche Lockdown verschärft seine Lage. Nun hat Buchholz’ Schwester Isabelle Ziesler eine Spendenaktion initiiert, die dem Jungunternehmer etwas Zeit und Luft verschaffen soll.

Auf der Internet-Plattform „gofundme“ hat Ziesler unter dem Link gofund.me/55f12332 die Kampagne „Helft der Pilsi!“ gestartet. Dabei geht es um die Sammlung von Geldspenden, um die drohende Zahlungsunfähigkeit und damit das Aus der beliebten Münsterer Gaststätte abzuwenden. Die hat sich – unter den früheren Betreibern und fortgeführt durch Buchholz – auch darum bemüht, das örtliche Freizeitangebot durch Musikveranstaltungen (zum Beispiel die Teilnahme an der „River Night“), Karaoke-Abende und Partys zu bereichern. 2020 betrieb Buchholz auch den Biergarten der FSV Münster, stellte dort unter anderem eine „Ersatz-Kerb“ auf die Beine. Die Eröffnung eines kleinen Biergartens vor der „Pilsi“ ist in Planung. An Ideen mangelt es Buchholz nicht, doch mittlerweile geht das Geld aus.

„Meine privaten Kosten kann ich noch tragen“, sagt der Gastwirt, der inzwischen auch in Münster wohnt. „Aber die geschäftlichen Kosten drücken.“ Seine Rücklagen hat er vollständig aufgebraucht, und die Überbrückungshilfe III deckt nicht alle Fixkosten ab. „Selbst wenn ich 100 Prozent Einbußen habe, kriege ich maximal 90 Prozent erstattet.“ Monat für Monat bleibt Buchholz so auf mehreren hundert Euro sitzen. Und auch die immer wieder neuen Hilfsanträge, die er über eine Steuerberaterin vornehmen lassen muss, erzeugen regelmäßig neue Kosten. „Mehrere Gläubiger wollen weiter ihr Geld – mir sitzt die Pistole auf der Brust“, schildert er seine missliche Lage.

Mancher hätte in seiner Situation wohl schon aufgegeben. Buchholz und sein Umfeld jedoch kämpfen, wollen das „Minsdere Pilsstibbsche“ als originelle Kneipe, in der auch Raucher willkommen sind, unbedingt durch die Krise bringen. Initiatorin Ziesler beschreibt ihre Kampagne mit dem Ziel, „ein bisschen an Wertschätzung zurückzugeben, indem wir Alex und die Pilsi unterstützen“. Der Wirt sagt, derlei sei „auch mit Scham behaftet, weil ich mein Geld ja selbst verdienen will und unter normalen Umständen auch kann“. Gleichzeitig freut er sich natürlich über die Aktion und die Solidaritätsbekundungen.

Denn schon in den ersten Tagen sind Spenden im Wert von insgesamt mehreren hundert Euro zusammengekommen. Die meisten Spender, die auf der Plattform ihren Namen angegeben haben, kennt Buchholz, „das sind meist die Jungs, die am Wochenende zu mir kommen“. Einer hat sogar 100 Euro überwiesen, doch auch Personen, die auf der frei einsehbaren „gofundme“-Seite anonym bleiben, haben gespendet. Für Ziesler fallen auf der Plattform keine Gebühren an, sie konnte ihre Kampagne kostenlos erstellen. Dass „gofundme“ seinen Service bieten kann, dafür zeichnen freiwillige Beiträge von Spendern verantwortlich. Mit einer entsprechenden Eingabe kann der Spender aber sicherstellen, dass sein kompletter Betrag dem Zweck der Kampagne zugute kommt.

Alexander Buchholz verspricht: „Das Geld fließt zu hundert Prozent in den Erhalt des Lokals.“ Anders als bei manchen Portalen für die Spenden- oder Schwarmfinanzierung fließt ihm auch dann jeder Euro zu, wenn die angepeilte Zielsumme in Höhe von 2.000 Euro nicht erreicht wird. Zugleich muss mit dem Erreichen der 2.000 Euro die Aktion nicht beendet werden.
„Helft der Pilsi!“ ist zeitlich zunächst nicht befristet. Ebenso wie beim staatlichen Verbot, vor Ort Gäste bewirten zu dürfen, noch kein Ende absehbar ist. Bei alldem betont der Betreiber des „Minsdere Pilsstibbsche“, dass auch ihm der Kampf gegen die Pandemie sehr wichtig ist. Die Gastronomen würden für ihr großes Opfer aber zu wenig, zu langsam und zu kompliziert entschädigt. „Es geht um die Verhältnismäßigkeit“, sagt Buchholz. „Ich sehe ganz klar die Menschenleben. Es geht aber auch um Existenzen. Die Pandemie ist nicht schwarz oder weiß – sie besteht vor allem aus Graustufen.“

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