Kooperation des Rhein Main Verlags mit dem Combi Medien Verlag und dem UDVM

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Die drei Macher hinter der gemeinsamen Zukunft des Combi Medien Verlags (CMV) von links: Markus Echternach Geschäftsführer CMV, Bernd Maas, Geschäftsführer Rhein Main Verlags GmbH und Ulrich Diehl, Geschäftsführer CMV. Foto: Arthur Schönbein

Neuer Medienverbund versorgt Südhessen kostenfrei mit Nachrichten

Die Zeitungslandschaft verändert sich überall. Allianzen sind die Lösung, um nachhaltig unsere Regionen mit lokalen Informationen zu versorgen. Lesen Sie hier mehr über die Zusammenarbeit von Bernd Maas, Markus Echternach und Ulrich Diehl. Helmut Markwort im Interview zur Lage der Medien.

Eltern bauen in Eigeninitiative einen Spielplatz, die Freiwillige Feuerwehr erhält einen neuen Wagen oder ein Umsonstladen eröffnet gleich um die Ecke – das sind Themen, die nah am Leben der Menschen sind. Doch wie erfährt man noch von solchen Ereignissen? In den vergangenen Jahren sind immer mehr lokale Medien verschwunden oder zusammengelegt worden. Überhaupt erhalten nur noch 15 bis 20 Prozent der Haushalte eine Tageszeitung. Gedruckte Gratismedien erreichen dagegen nach wie vor viele Menschen mit regionalen Themen und Geschichten.

Auch wenn zum Beispiel das „Darmstädter Tagblatt“, „Der Kurier“ und viele andere regionale südhessische kostenlosen Anzeigenblätter vor einigen Jahren von der VRM, der Verlagsgruppe Rhein Main in Mainz, gekauft, und geschlossen oder übernommen und integriert wurden – mit den „Bessunger Neue Nachrichten“, dem Eberstädter „Lokalanzeiger“, „Mein Südhessen“ oder auch dem „Gerauer Rundblick“ gibt es in Südhessen noch eine bunte Vielfalt von Gratismedien. Nun haben sich der Combi Medien Verlag GmbH und die Rhein Main Verlag GmbH zu einem neuen Verbund zusammengetan. Mit ihren verschiedenen Publikationen erreichen sie über 800.000 Haushalte in der Region und bundesweit mit Partnerverlagen rund 4,5 Millionen Haushalte.

Kooperation ermöglicht wöchentliches Erscheinen für zwei Traditionsblätter

Ulrich Diehl “Foto: Arthur Schönbein”

Die Leser profitieren dabei nicht nur davon, dass die Medien ihre redaktionellen Kräfte für lokale Inhalte bündeln und verstärken können. Die Kooperation ermöglicht es auch, dass „Lokalanzeiger“ und „Bessunger Neue Nachrichten“ ab Juni wöchentlich statt monatlich erscheinen. Zudem erhalten die beiden traditionsreichen Blätter ein neues Format.

Ulrich Diehl liegen lokale und regionale Themen am Herzen. Er ist gelernter Verlagskaufmann, studierter Betriebswirt, war stellvertretender Leiter eines Fachverlags bei Hoppenstedt und viele Jahre Anzeigenleiter beim „Darmstädter Echo“.

Seit einigen Jahren baut er mit den Combi Medien Verlag und der UDVM zwei  Verlage auf und hat dazu lokale Blätter übernommen oder neu gegründet – darunter den „Lokalanzeiger“ und die „Bessunger Neue Nachrichten“. Aktuell zählt sein Portfolio 14 verschiedene regionale Publikationen. Die Partnerschaft mit dem Rhein Main Verlag, der unter anderem „Mein Südhessen“ herausgibt, ist nun der nächste große Schritt.

„Ein Beitrag für die Medienvielfalt“

„Die Kooperation mit der Rhein Main Verlag GmbH sehen wir als wichtigen Beitrag für die Medienvielfalt in der Region“, sagt Diehl. Gerade lokale Blätter sind für die Leser attraktiv. Dabei ist Print durchaus ein Qualitätsmerkmal. „Im Internet kann jeder schreiben. Bei der gedruckten Zeitung guckt immer noch mal jemand drüber. Wir brauchen Informationen, denen wir vertrauen können. Dabei muss man diese Blätter natürlich auch so gestalten, dass sie für die Leserinnen und Leser interessant sind.“

Auch Bernd Maas, Geschäftsführer der Rhein Main Verlag GmbH sieht für lokale Printmedien eine gute Zukunft: „Wir sind absolut überzeugt davon, dass regionale Zeitungen nach wie vor eine verlässliche Größe in der heutigen Medienvielfalt darstellen“, sagt er. „Die Nachrichtenversorgung für die Heimat mit Vereinsnachrichten, lokalpolitischen Geschichten und positiven Meldungen sorgen für eine Leserbindung, die eine hervorragende Basis für die Werbeaktivitäten unserer Kunden bietet, das war schon früher so und wird es auch noch lange bleiben.“

 

Bernd Maas

Bernd Maas   Foto: privat

Wir sind absolut überzeugt davon, dass regionale Zeitungen nach wie vor eine verlässliche Größe in der heutigen Medienvielfalt darstellen. Die Nachrichtenversorgung für die Heimat mit Vereinsnachrichten, lokalpolitischen Geschichten und positiven Meldungen sorgen für eine Leserbindung, die eine hervorragende Basis für die Werbeaktivitäten unserer Kunden bietet. Das war schon früher so und wird es auch noch lange bleiben.

Wichtig wird es sein, die inhaltlichen Botschaften und Themen künftig auch im Netz verlässlich und seriös auszuspielen und auch hier für unsere Werbekunden Lösungen anzubieten, mit denen sie die notwendigen Reichweiten an Lesern erzielen, um in ihrem Geschäft erfolgreich zu bleiben. Die gedruckte und an jeden Haushalt zugestellte Zeitung wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Die Verlässlichkeit des regionalen Nachrichtenangebotes ist Teil der Lebensqualität.

Wenn die Welt verrücktspielt, dann steigt oft auch wieder das Bedürfnis nach Heimatgefühl. Gerade regionale Zeitungen bieten da ein verlässliches Informationsangebot und sind damit existenziell wichtig. Ehrenamt und Nachbarschaftshilfe sind zum Beispiel solche Themen. Gute Nachrichten aus der Heimat, statt Fake News und Populismus aus den verschiedensten Blogs der Online-Welt. Die Menschen interessieren sich für das, was um ihren Kirchturm passiert. Unsere lokalen Nachrichtenmacher liefern diese Informationen seriös und mit Leidenschaft aus unserer Heimat. Genau da finden regionale, unabhängige Zeitungen auch künftig ihren Platz und werden eine gute Zukunft haben!

Bernd Maas ist Geschäftsführer der Rhein Main Verlag GmbH, mit zahlreichen Titeln im südlichen Hessen und in Frankfurter, darunter auch „Mein Südhessen“.

Ralf Hellriegel

Ralf Hellriegel Foto: privat

Unsere Welt dreht sich mittlerweile rasanter denn je; durch das Internet jagen die aktuellsten Meldungen aus aller Herren Länder in Sekundenschnelle über den Globus. Das regionale, lokale Geschehen ist aber mindestens genauso wichtig! Und darauf haben wir von Anfang an unseren Fokus gelegt: der 80. Geburtstag eines Vereinsmäzens, der Bau eines Spielplatzes durch eine Elterninitiative, die Eröffnung des Umsonstladens um die Ecke – das ist der Stoff, aus dem unsere beiden Zeitungen gemacht werden.

Neben allem Enthusiasmus, Idealismus und aller Liebe zum Beruf spielt nicht zuletzt auch das Monetäre eine Rolle. Wenn wir vor 30 Jahren noch 24 Seiten füllen konnten, so sind wir zum Schluss bei 8 bis 12 Seiten gelandet. Das Zauberwort für die kleinen Blätter heißt Kooperation. Also das Bündeln von Arbeitsabläufen, Austausch von gemachten Erfahrungen und ein gesunder Teamgeist mehrerer Verlage untereinander.

In einer prosperierenden Stadt wie Darmstadt, der viertgrößten Stadt in Hessen, in der jeden Tag mindestens ein interessantes Thema „aufpoppt“, wird man auch in zehn Jahren noch Zeitungen lesen, wenn sie interessant aufgemacht sind, sich dem Zeitgeist stellen und die Bürgerschaft mit all ihren bunten Facetten in den Mittelpunkt stellt. Ein gesunder Mix aus Lokalpatriotismus, nah am Geschehen sein und ein großes regionales Verbreitungsgebiet abdeckend, das schafft für alle Beteiligten eine Win-win-Situation: Für die Leserschaft, für den Anzeigenkunden, für die Druckerei und nicht zuletzt auch für den Verlag

Ralf Hellriegel lernte Schriftsetzer beim „Darmstädter Echo“ und war beamteter Werkmeister auf Lebenszeit in einer Gefängnisdruckerei, ehe er sich 1990 selbstständig machte. Rund ein Jahr später brachte er den „Lokalanzeiger“ für Eberstadt heraus, später folgten die „Bessunger Neue Nachrichten“, die sich in einem umkämpften Umfeld bis heute gehalten haben.

Interview mit Helmut Markwort

Helmut Markwort – Journalist und Medienunternehmer Foto: Arthur Schönbein

Helmut Markwort (Jahrgang 1936) ist gebürtiger Darmstädter und arbeitete für zahlreiche bekannte Medien. Vor allem entwickelte er das Konzept des Magazins „Focus“ mit, dessen Herausgeber er von 1993 bis 2010 war. Bei der Wahl zum Bayerischen Landtag im Oktober 2018 wurde er für die FDP in den Landtag gewählt. Markwort lebt in München, ist Darmstadt aber nach wie vor eng verbunden.

Herr Markwort, wir erleben schon seit vielen Jahren und gerade im Print auf lokaler und regionaler Ebene vielerorts eine Medienkonzentration. Wie beurteilen Sie diese Entwicklungen?

Leider beschreiben Sie die Entwicklung richtig. Überall sinken die Auflagen von Zeitungen und Zeitschriften. Das führt dazu, dass Publikationen zusammengelegt werden. Der Leser hat weniger Auswahl.

Ist Medienvielfalt überhaupt noch wichtig? Wenn ja, wieso? Und dann vor allem: Wie lässt sie sich finanzieren?

Medienvielfalt bleibt wichtig. Leser und Wähler müssen die Möglichkeit haben, sich aus unterschiedlichen Quellen zu informieren. Wo es nur eine Zeitung an einem Ort gibt, müssen die Inhaber garantieren, dass die unterschiedlichen Positionen dargestellt werden.

Print oder Online? Wo liegen aus Ihrer Sicht die Stärken dieser beiden Ausspielkanäle? Können Sie sich sinnvoll ergänzen?

Den Wettbewerb Print gegen Online gibt es schon. Onlinemedien sind unschlagbar in ihrer Schnelligkeit. Sie können x-mal am Tag ihre Nachrichten aktualisieren. Printmedien müssen Gründlichkeit und Hintergrundinformation dagegensetzen. Online ist ein Suchmedium, Zeitungen sind ein Findmedium. In guten Printobjekten muss man überraschende Themen finden, nach denen man nicht gesucht hat.

Sie selbst haben mit dem „Darmstädter Tagblatt“ einen Anlauf für mehr Medienvielfalt in Darmstadt unternommen. Wieso haben Sie sich von dem Projekt schließlich verabschiedet?

Die Wiederbelebung des „Darmstädter Tagblatts“ war mir eine Herzensangelegenheit. Ich habe beim Tagblatt meine Laufbahn begonnen, als es in Darmstadt noch zwei Tageszeitungen gab. Bei unserem Experiment habe ich gelernt, dass es meinen 100-prozentigen Einsatz verlangt hätte – quasi ein Tag- und Nachtengagement vor Ort. Das konnte ich aus München nicht leisten.

Was bräuchte man aus Ihrer Sicht, damit so ein Projekt erfolgreich werden kann? Wie beurteilten Sie vor diesem Hintergrund in der Region Darmstadt die Kooperation von Combi-Medien, Rhein-Main Verlag GmbH und anderen Partnern?

In Ihrem Engagement sehe ich gute Chancen, ein erfolgreiches Objekt zu starten. Lokale und regionale Informationen werden von Onlinemedien am wenigsten eingeschränkt. Mit dieser Stärke müssen Sie punkten. Es gehört zum Heimatgefühl, den Briefkasten zu öffnen und Informationen aus meiner nächsten Umgebung zu finden: seriös und überprüfbar. Was in China und im Nahen Osten passiert, kann ich online verfolgen. Aus meiner Heimatregion will ich mich vor Ort informieren.

Sie leben in München, das über eine sehr vielfältige Medienlandschaft mit mehreren Tageszeitungen verfügt. Wie informieren Sie sich über regionale Themen in München? Gibt es etwas, das man in Darmstadt mit Blick auf die Medienlandschaft von München lernen kann?

Hier in München habe ich fünf Tageszeitungen zur Auswahl, die mir auch lokale Informationen anbieten. Ich lese sie alle, mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Als Darmstädter Verleger können Sie lernen, dass Leser alles nutzen, was sie interessiert. Das können auch Anzeigen sein.

 

Text: Stephan Köhnlein

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