Migranten mit prekärem Aufenthaltsstatus: Strategien europäischer Städte zur Inklusion

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(Symbolfoto: Pixabay)

Die europäischen und nationalstaatlichen Regulierungen für Migranten mit prekärem Aufenthaltsstatus sind in den vergangenen Jahren immer restriktiver geworden.

Häufig sind sie von legalen Arbeitsmöglichkeiten und dem Zugang zu sozialen Leistungen weitgehend ausgeschlossen. Die Ausgrenzung dieser Gruppe ist nicht nur angesichts existierender menschenrechtlicher Verpflichtungen problematisch. Es liegt im Interesse von Kommunen, diese Personen in städtische Politiken einzubeziehen, etwa um Obdachlosigkeit zu verhindern oder allen Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt unabhängig von ihrem rechtlichen Status im Sinne der öffentlichen Gesundheit – nicht erst seit der Corona-Pandemie – Zugang zu notwendigen Impfungen zu ermöglichen. Diesem pragmatischen Ansatz stehen wiederum zahlreiche Barrieren entgegen, nicht zuletzt auch strukturelle Diskriminierung und die Angst der Betroffenen vor einer Abschiebung.

Wie gehen europäische Städte mit diesen Herausforderungen um? Am Beispiel von Frankfurt am Main, Wien und Cardiff untersucht dies das europäische Verbundprojekt „LoReMi – Local Responses to Precarious Migrants. Frames, Strategies and Evolving. Practices in Europe“. Beteiligt sind die Hochschule Fulda, die University of Oxford und die Technische Universität Wien in Kooperation mit den jeweiligen Stadtverwaltungen. Ziel ist, bestehende lokale Ansätze zu analysieren und soziale Innovationen anzustoßen. Für das Teilvorhaben Frankfurt am Main kooperieren Professor Ilker Ataç und Maren Kirchhoff von der Hochschule Fulda mit Petra Tiarks-Jungk (ärztliche Leiterin Humanitäre Sprechstunden) und Sarah Alexandra Lang (Koordination Humanitäre Gesundheitsdienste) vom Gesundheitsamt Frankfurt.

„Wenn Migrant*innen mit prekärem Aufenthaltsstatus von sozialen Leistungen ausgeschlossen werden, hat dies Einfluss auf kommunale Zielsetzungen wie den Schutz der öffentlichen Gesundheit, den Schutz vor häuslicher Gewalt und Obdachlosigkeit. Dieser Ausschluss gefährdet die wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit auf der lokalen Ebene“, erläutert Professor Ataç.

Städte sind unmittelbar und tagtäglich mit den Folgen konfrontiert, wenn Teile der städtischen Bevölkerung von sozialen Leistungen ausgegrenzt werden. „Wir beobachten, dass Städte mitunter anders, nämlich inklusiver reagieren”, sagt Professor Ataç. Zahlreiche Kommunen entwickeln Ansätze, um die Gruppe der Migrantinnen und Migranten mit prekärem Aufenthaltsstatus zu unterstützen. Sie begründen diese Unterstützung als Ausdruck der Solidarität, des Schutzes der Menschenrechte oder als pragmatische Reaktion zur Erreichung weitergehender städtischer Interessen. Ein Musterbeispiel für einen solchen inklusiven Ansatz kommt aus Frankfurt. Das Gesundheitsamt der Stadt bietet seit 2001 in Zusammenarbeit mit der Nichtregierungsorganisation Maisha „Humanitäre Sprechstunden“ an.

„Wir sehen durchaus auch in Frankfurt weiteres Potenzial für Verbesserungen. So gibt es in vielen Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München bereits etablierte Beratungsstellen, die über einen Behandlungsfonds verfügen, aus dem dringend notwendige medizinische Behandlungen bezahlt werden können – unabhängig vom Aufenthaltsstatus“, erklären Tiarks-Jungk und Alexandra Sarah Lang. „Wir freuen uns, dass wir als Partner im LoReMi-Projekt teilnehmen können und sind sicher, dass das Projekt die weitere Zusammenarbeit mit den lokalen Stakeholdern intensiviert.“

Das Projekt will den Kommunen eine Evidenzbasis für die Erreichung ihrer politischen Ziele liefern und dazu beitragen, die Interaktion zwischen den Akteuren aus Politik, Verwaltung und Praxis zu verbessern. Aus den Studien für die drei europäischen Städte soll zudem ableitet werden, welche lokalen Ansätze das Potenzial haben, deutschland- sowie europaweit in unterschiedlichen Rechtskontexten umgesetzt zu werden. Da Kommunen in den Ländern der Europäischen Union unterschiedliche Aufgaben und Befugnisse haben, antworten sie auf Migrantinnen und Migranten und insbesondere auf Migrantinnen und Migranten mit prekärem Aufenthaltsstatus auf unterschiedliche Weise.

„Ende August 2021 wird es einen ersten Workshop geben, um in Austausch mit lokalen Stakeholdern zu treten“, erläutert Maren Kirchhoff von der Hochschule Fulda. „Wir wollen so den Anstoß zu einer besseren Kooperation zwischen den verschiedenen lokalen Akteur*innen liefern, zu einem Wissenstransfer beitragen und soziale Innovationen in diesem Feld anstoßen.“ Die Ergebnisse des Projekts werden nach Abschluss der qualitativen Forschung mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren diskutiert. Hierfür sind eine Veranstaltung zum Wissenstransfer im Juli 2022 sowie eine internationale Abschlusskonferenz im September 2022 geplant, die beide in Frankfurt stattfinden werden.

(Text: PM)

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