Extremwetter: Wie gut ist Münster vor Hochwasser geschützt?

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Unter dem Rathausplatz entsteht aktuell ein Regenrückhaltebecken, das dabei hilft, die Kanalisation bei Starkregen zu entlasten. Vor Kurzem stieg ein Bautaucher in das Becken, um dort Arbeiten zu erledigen. (Foto: GM/Lena Brunn)

Heftiger Starkregen ist eine riesige Herausforderung für die Kanalisation einer Kommune. In jüngster Zeit kam es immer wieder zu Starkregen-Ereignissen mit vollgelaufenen Kellern.

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der schrecklichen Bilder aus den Hochwassergebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen häufen sich derzeit bei der Kläranlage und Bauabteilung in Münster die Anfragen. Die Klimaschutzkommune Münster investiert schon seit vielen Jahren in den Ausbau des Kanalnetzes, aktuell etwa mit dem Bau eines Regenrückhaltebeckens unter dem Rathausplatz. Doch auch Anwohnerinnen und Anwohner selbst können einiges tun.

Zu 90 Einsatzstellen musste die Freiwillige Feuerwehr Münster am 29. Juni im Gemeindegebiet ausrücken. Grund: Ein heftiges Gewitter mit Starkregen war über Münster gezogen, in dessen Folge viele Keller voll Wasser liefen. Angesichts der Vielzahl an Einsatzorten kam Unterstützung von den Feuerwehren Altheim und Eppertshausen.

Starkregen-Ereignisse wie dieses sind in den letzten Jahren häufiger geworden, wie Daten des Deutschen Wetterdienstes belegen. Zwar haben sich die Regenmengen insgesamt nicht wesentlich verändert, jedoch die Art und Weise, wie dieser Regen fällt – und das ist das Entscheidende. Denn wenn innerhalb weniger Minuten extrem viel Niederschlag fällt, kann das Wasser durch Böden und Kanalisation sehr viel schlechter aufgenommen werden, als wenn es über einen längeren Zeitraum nur mäßig regnet. Im Zuge des Klimawandels müssen wir künftig noch häufiger mit solchen Ereignissen rechnen, wie Studien zeigen.

65,5 Kilometer Kanal unter unseren Füßen

„In der letzten Zeit bekommen wir immer mehr Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern zu diesem Thema“, berichtet Ahmed El Makthari, Leiter der Münsterer Kläranlage. Er und seine Kollegen wachen über das stolze, 65,5 Kilometer lange unterirdische Kanalnetz, das die Gemeinde durchzieht wie Adern unter der Haut. Unsichtbar im Alltag, aber mit lebenswichtiger Funktion. Bereits im Jahr 2004 wurde anhand einer sogenannten hydraulischen Überrechnung der Kanalisation erörtert, wo die Hochwasser-Hotspots im Gemeindegebiet liegen und welche Kanalsanierung sowie weitere Maßnahmen erforderlich sind. Schon damals wurden auch der Stauraumkanal in der Mozartstraße und das Regenrückhaltebecken eingeplant, das derzeit unter dem Rathausplatz entsteht.
Die Entwässerung der Gemeindeteile Münster, Altheim und Breitefeld erfolgt zu ca. 90 Prozent im sogenannten Mischsystem, bei dem sowohl das Regen- als auch das Schmutzwasser in einem Kanal gesammelt und in die Kläranlage geleitet wird. Bei den übrigen 10 Prozent gibt es bereits zwei getrennte Kanäle für die beiden Abwasserarten. Das ist bei Starkregen ein großer Vorteil, da Regenwasser so besser abfließen kann. Doch diese doppelte Bauweise hat einen anderen Nachteil: Sie ist auch doppelt so teuer wie ein einfacher Kanal.

Teure Investition, die sich lohnt

Dennoch lohnen sich die Mehrausgaben, wie das Beispiel Darmstädter Straße zeigt: „Früher gab es in diesem Bereich bei Gewittern immer wieder Probleme mit vollgelaufenen Kellern“, so El Makthari. Bei der umfassenden Straßensanierung zwischen 2003 und 2005 wurde ein Stauraumkanal gebaut. Der kann Regenmengen besser aufnehmen und dann kontrolliert in die Kanalisation abgeben, sodass es zu keinem Rückstau kommt. Ein solcher Kanal wurde auch 2005 unter der Eduard-Müller-Straße errichtet und entsteht aktuell gerade in der Mozartstraße.

Denn auch der Bereich rund um das Rathaus war in den letzten Jahren immer wieder Hochwasser-Hotspot, der Kanal war zu klein und überfordert mit der Menge an Haushalten. Das Regenrückhaltebecken, das gerade unter dem Rathausplatz entsteht, kann Wasser vorübergehend speichern, um die Kanalisation nicht zu überlasten. Es hat gemeinsam mit dem Stauraumkanal in der Mozartstraße ein Fassungsvermögen von bis zu 870 Kubikmetern. Ein weiteres Becken ist auch unter dem Bürgerpark geplant, es soll in den nächsten Jahren entstehen. Auch für den Bereich Alter Ortskern sind bereits einige Maßnahmen umgesetzt worden, etwa ein Stauraumkanal An der Kirche, Im Rückert und in der Frankfurter Straße. Weitere Schritte zur Entlastung der Dammstraße und Hintergasse sind vorgesehen.

Kanalsanierungen sind teuer und aufwendig und können daher nicht alle sofort, sondern immer nur Schritt für Schritt umgesetzt werden. Allein die Kanalsanierung Mozartstraße inklusive Regenrückhaltebecken kostet die Gemeinde rund 2,7 Millionen Euro. Die Bemessung von Kanälen in Wohngebieten erfolgt auf Basis eines zweijährigen Regen-Mittels.

Rückstauklappen regelmäßig warten lassen!

Ein 100-prozentiger Garant für trockene Keller bei Starkregen ist aber auch der beste Kanal nicht. Die meisten Häuser verfügen über eine Rückstauklappe („Triplex“), die manchmal elektronisch funktioniert, manchmal aber auch von Hand zugedreht werden muss. „Es ist wichtig, diese Klappe regelmäßig warten zu lassen, damit sie im Ernstfall auch funktioniert“, empfiehlt El Makthari. „Das wissen viele Bürgerinnen und Bürger nicht.“ Auch unversiegelte Flächen dienen als natürlicher Wasserspeicher und helfen dabei, Regenmengen ins Erdreich aufzunehmen. Naturnahe Gärten und Grünbereiche können also ebenso einen Beitrag zum Hochwasser-Schutz leisten. Auch Zisternen im heimischen Garten unterstützen die Kanalisation bei Starkregen. Im Inselviertel etwa sind diese vorgeschrieben.

Aber was, wenn nicht die Kanalisation das Problem wird, sondern der Fluss? Für den Hochwasserschutz entlang der Gersprenz ist nicht die Gemeinde selbst zuständig, sondern der Wasserverband Gersprenzgebiet. In den vergangenen Jahrzehnten wurde bereits viel getan, etwa durch Renaturierungsmaßnahmen und die Schaffung von Überschwemmungsgebieten auf Feldflächen. Auch sogenannte Retentionsräume schützen, also Becken entlang des Flusslaufs, die eine Hochwasserwelle dämpfen können. In Münster soll im Bereich zwischen den Brücken Bahnhofstraße und Frankfurter Straße zudem eine Hochwasserschutzwand entstehen, aktuell laufen dafür die Entwurfs- und Genehmigungsplanungen.

(Text: PM Gemeinde Münster)

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