Thomashütte: Das große Missverständnis

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Jens Kleiner (r.) und Ilhan Erdogan auf der Wiese südlich des Wegs (im Hintergrund), die die Thomashütten-Betreiber gern für größere Veranstaltungen nutzen würden. Die Gemeinde genehmigt das bislang nicht. (Foto: jedö)

Nach mehr als 100 Millionen Impfungen hat sich die Corona-Lage in Deutschland entspannt und lässt auch wieder größere Veranstaltungen zu. Eben diese brauchen in Jens Kleiner und Ilhan Erdogan auch die Inhaber und Betreiber der Thomashütte: Nur so können sie auf dem Gutshof und dem drei Hektar großen Grundstück an der Kreisstraße zwischen Eppertshausen und Messel auskömmlich wirtschaften.

Nachdem die Immobilien und das Areal Anfang 2020 ins Eigentum der Unternehmer (die auch das Hotel Johannishof am Eppertshäuser Sportzentrum besitzen und betreiben) übergegangen waren und damit zum coronabedingt schlechtesten Zeitpunkt, sollte Ende August das erste größere Event stattfinden und ab Frühjahr 2022 weitere folgen. Doch die Gemeinde spielt nicht mit – wegen eines großen Missverständnisses.

Kleiner und Erdogan starteten als Betreiber der Thomashütte bereits im Herbst 2019. Im Januar 2020 wurden sie nach dem Erwerb von Grund und Gebäuden vom vorherigen Besitzer Peter Possmann auch zu neuen Eigentümern. Schon im Spätsommer 2019, das bestätigen sowohl die zwei Unternehmer als auch Eppertshausens Bürgermeister Carsten Helfmann, unterhielt man sich in dieser Konstellation über die künftige Nutzung des Gutshofs. Der besteht unter anderem aus der Gaststätte mit Pavillon, der Event-Scheune für kleinere Veranstaltungen und Gesellschaften sowie dem Biergarten auf der Westseite der Gaststätte. „Wir haben mit der Thomashütte auch das 30.000 Quadratmeter große Grundstück gekauft“, sagt Jens Kleiner. Das umfasst auch die Wiese an der Kreisstraße, die bei früheren Veranstaltungen zum Beispiel als Schauplatz für US-Cars oder als Parkplatz diente, und die Wiese südlich des Wegs, der am Biergarten vorbeiführt und wo der vorherige Betreiber längere Zeit ein Zirkuszelt aufgestellte (oder am Vatertag auch mal Stripperinnen an der Stange tanzen ließ).

Klarheit herrscht über den Status quo: Als Veranstaltungsfläche genehmigt sind von den 30.000 Quadratmetern derzeit nur 4.000 – etwa der Biergarten und der Innenhof der Thomashütte. Kleinere Events lassen sich da auch durchaus auf die Beine stellen: „Unter der 3G-Regel können wir aktuell zum Beispiel 80 Leute in die Scheune lassen“, erläutert Kleiner. Dort sind in den nächsten Wochen Krimi- und Märchenlesungen für Erwachsene und Kinder geplant. Der Biergarten war zumindest an den (wenigen) schönen Sommertagen und im recht sonnigen September gut besucht. „Davon allein können wir aber nicht leben“, betont Kleiner. „Wir müssen hier viel investieren, alles ist ständig kaputt. Außerdem müssen wir – auch durch Corona – einen Schuldenberg abtragen. Das Ganze funktioniert nur, wenn wir hier auch große Veranstaltungen durchführen können.“

Für genau diese reiche aber die bislang konzessionierte Fläche nicht aus. „Zusätzlich brauchen wir die beiden Wiesen“, stellt Kleiner heraus. Erst größere Events, für die man den zusätzlichen Platz auf den beiden beschriebenen Flächen zwingend brauche, würden es ermöglichen, aus dem Betrieb des Gutshofs ein rentables Geschäftsmodell zu machen. Das habe man 2019 im Gespräch mit Carsten Helfmann so auch deutlich kommuniziert. „Uns wurde gesagt: Wenn wir im Gegensatz zum Vorgänger alles ordentlich beantragen, gibt es keine Probleme.“ Und da fängt das Missverständnis an. Denn Helfmann bestreitet, dass die Gemeinde gegenüber den Unternehmern Offenheit in Sachen Nutzung der Thomashütte für große Events signalisiert habe. „Die Gemeinde hat ein Interesse daran, dass die Thomashütte als Gutshof mit Gaststätte, Biergarten und Ausflugsstätte betrieben wird – nicht aber für große Events und Veranstaltungen.“ Deshalb habe man vor wenigen Wochen, als Ende August ein Ereignis mit (laut Kleiner) rund 1.000 Personen stattfinden sollte und dafür die Wiese gen Kreisstraße mitgenutzt werden sollte, als Gemeinde keine Genehmigung für diese Zusatzfläche erteilt.

Während damals überdies noch Corona-Schutzerwägungen eine Rolle gespielt hätten, werde man auch in der Nach-Corona-Zeit die Nutzung der beiden Wiesen für Veranstaltungen nicht genehmigen, blickt Helfmann voraus. Kleiner erwähnt, dass die Untere Naturschutzbehörde nach Einreichung des 20-seitigen Konzepts für das (letztlich eine Woche vorher abgesagte) Event Ende August durchaus wohlwollend kooperiert habe. „Verhindert wurde die Veranstaltung erst im Eppertshäuser Rathaus.“

Die Thomashütten-Betreiber sehen das als GAU, wenn sich an der aus ihrer Sicht wirtschaftsfeindlichen Haltung der Gemeinde nichts ändert. „Wenn uns Herr Helfmann das 2019 so gesagt hätte, wären wir sofort vom Kauf zurückgetreten“, betont Kleiner. „Denn wieso sollten wir uns ein 30 000 Quadratmeter großes Gelände ans Bein binden, wenn wir den Großteil davon nicht nutzen können?“ Eine Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich der beiden Wiesen, die dann per se eine Eventnutzung ermöglichen würde, sei keine Option: „Das dauert Jahre und auch die Gemeindevertretung muss ja noch sagen, ob sie das überhaupt will.“ In der Tat glaubt auch Helfmann, „dass es für eine solche Änderung keine Mehrheit gibt“.

Warum aber richtete der vorherige Betreiber der Thomashütte jahrelang scheinbar unbehelligt Veranstaltungen auf den beschriebenen Flächen aus? Carsten Helfmann lässt durchblicken, dass es der Ex-Betreiber mit den Genehmigungen oft nicht allzu ernst genommen habe, will das wegen noch laufender Rechtsverfahren aber nicht präzisieren.

Jens Kleiner hofft, dass sich sein Geschäftspartner Ilhan Erdogan und er demnächst doch einmal in persönlicher Runde mit dem Bürgermeister und auch der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Darmstadt-Dieburg zusammensetzen können, um das für alle Seiten Erträgliche auszuloten: „Denn einen Thomashütten-Betrieb wie früher – nur mit Gaststätte, Biergarten, Scheune und vielleicht noch kleinem Kelterfest im Hof – kann sich heute keiner mehr leisten.“

(Text: jedö)

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