Kommunale Jobcenter befragen junge Kunden zu digitalen Angeboten

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Hessenweite Analyse – KJC Odenwaldkreis setzt auf Online- und direkte Kontakte

Wie ticken junge Menschen? Vor allem: Wie kommunizieren sie und welchen Kanälen geben sie dabei den Vorzug? Spannende Fragen für die Kommunalen Jobcenter in Hessen. Diese wollten ergründen, wie es um das Mediennutzungsverhalten von unter-25-Jährigen bestellt ist, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II beziehen. Dazu fand erstmals eine hessenweite Befragung dieser Zielgruppe statt, an der knapp 300 Jugendliche teilnahmen.

Zwar existieren vergleichbare Erhebungen, allerdings nicht explizit mit Bezug zu diesem Personenkreis. Solche sensiblen Sozialdaten lassen sich empirisch in der Regel nicht zuverlässig erfassen. Den Kommunalen Jobcentern war das allerdings durch ihre Innovationslabore möglich, die durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration gefördert werden (https://innolab-hessenkjc.de/). Insofern liefert die vorliegende Analyse erstmals wertvolle Einblicke, die es den Jobcenter-Verantwortlichen erlaubt, Angebote noch stärker an den tatsächlichen Präferenzen junger Klientinnen und Klienten auszurichten.

Vor allem seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich ein Großteil der Weiterbildungen und Qualifizierungen ebenso in den virtuellen Raum verlagert wie Beratungsgespräche und Coachings. Prinzipiell unterstellt man dieser Altersgruppe eine hohe Medienkompetenz und online-Affinität. Wie jedoch die Erfahrungen der einzelnen Kommunalen Jobcenter und die einschlägige Befragung aufzeigen, gilt es hier sehr zu differenzieren. Versierte Handhabung von populären Social-Media-Plattformen bedeutet noch lange nicht, dass jemand imstande ist, ein Bewerbungsgespräch per Webkonferenz zu absolvieren oder auch nur Lebenslauf und Zeugnisse in einer PDF-Datei zusammenzuführen.

Was die Macher besonders interessiert: Wie möchten junge Leistungsbeziehende gerne mit ihrem Jobcenter kommunizieren und welche Erwartungshaltung hegen sie an dessen digitale Präsenz? So legen beispielsweise immer noch 60 Prozent der Befragten Wert auf den persönlichen Kontakt, der damit auf dem dritten Rang liegt, hinter E-Mail und Telefon. Ein Fünftel gibt an, annähernd permanent online zu sein, weitere 24 Prozent benennt noch bis zu 8 Stunden online-Zeit. Das zeigt deutlich – bei dieser Generation führt kein Weg an den passenden digitalen Angeboten vorbei. Der mit weitem Abstand dominierende Messenger-Dienst ist mit knapp 95 Prozent WhatsApp. Fast die Hälfte der Teilnehmenden wünscht sich, Informationen ihres SGB-II-Trägers über Instagram zu erhalten, auf Platz zwei folgt dann erst mit 33 Prozent die jeweilige Homepage. Besonders interessiert sind die Jugendlichen an den Themen Geld, Wohnen, Ausbildungs- sowie Jobsuche.

KJC Odenwaldkreis: Kunden ziehen bei komplexen Fragen persönliche Gespräche vor

Diese Ergebnisse decken sich mit den Einschätzungen der Vermittlungscoachs im Team U25 im Kommunalen Job-Center Odenwaldkreis. Digitale Medien und die Nutzung alternativer Kommunikationswege sind für junge Kunden attraktiv. Gerade in Zeiten der Pandemie nutzten die Vermittlungscoachs unter anderem Videoberatungen, um mit den Kunden in Kontakt zu bleiben. Verschiedene Bildungsträger bieten bereits seit März 2020 vom Kommunalen Job-Center beauftragte Maßnahmen als Hybrid-Modell an. Dabei werden die Teilnehmenden teilweise online geschult. In manchen Maßnahmen wurden WhatsApp Gruppen gebildet, um schneller und unkompliziert miteinander kommunizieren zu können.

Aber auch wenn digitale Angebote und deren Nutzung   vor allem im Privaten – immer interessanter werden, haben die Vermittlungscoachs in Erbach die Erfahrung gemacht, dass ihre Kundinnen und Kunden komplexe Probleme oder Fragen im Zusammenhang mit dem Kommunalen Job-Center lieber im persönlichen Kontakt besprechen möchten. So berichtet ein Teilnehmer der Maßnahme „Digitaler Führerschein“ beim Bildungsträger InA gGmbH in Erbach: „Ich nutze meist den direkten Kontakt zu meinem Vermittlungscoach im Job-Center. Ich rufe an oder mache einen persönlichen Termin aus. Das geht am schnellsten und ich bekomme gleich die richtigen Auskünfte, ohne lange im Internet oder auf der Website suchen zu müssen.“

Auch die Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien und die private Verfügbarkeit von technischer Ausstattung sind bei den Kundinnen und Kunden des Kommunalen Job-Centers sehr unterschiedlich ausgeprägt. Das Kommunale Job-Center hat daher darauf reagiert und beim Bildungsträger InA gGmbH in Erbach die bereits erwähnte Maßnahme „Digitaler Führerschein“ beauftragt. In dieser Maßnahme geht es um den gezielten Erwerb und Ausbau digitaler Kompetenzen für Jugendliche zwischen 16 und 27 Jahren. Die Teilnehmenden bekommen – sehr lebensnah in Theorie und Praxis – Kenntnisse in den Bereichen Fotografie, Bildbearbeitung, Videobearbeitung, Erstellung von Interviewfilmen und Erklär-Videos, etc. vermittelt. Eine Unterrichtseinheit befasst sich darüber hinaus mit der Geschichte Sozialer Medien. Dabei wird auch auf rechtliche Aspekte bei der Nutzung der verschiedenen Angebote, zum Beispiel Datenschutz, Persönlichkeitsrechte etc., eingegangen. Dies verschafft den Teilnehmenden Vorteile sowohl bei der privaten Nutzung von Angeboten, als auch im Hinblick auf ihre Jobsuche und digitale Bewerbungsprozesse.

Wer seine Zielgruppe nicht kennt, navigiert im Blindflug. Und wer sie nicht fragt, erfährt nicht wie sie denkt. Insofern zeigen sich die Kommunalen Jobcenter in Hessen hochzufrieden mit den Ergebnissen der vorliegenden Befragung. Interessierte finden eine Aufbereitung der Daten unter www.kjc-hessen.de . Mit diesen frischen Erkenntnissen gilt es, Chancen für diejenigen zu gestalten, die schon aufgrund ihrer Jugend die Zukunft prägen werden. Leitbild ist dabei stets das Credo aller Kommunalen Jobcenter in Deutschland: #Stark.Sozial.VorOrt.