Hessische Kommunale Jobcenter werden Verantwortung für Flüchtlinge gerecht

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Zollt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sozialverwaltung Anerkennung: Prof. Dr. Jan Hilligardt, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Landkreistags Foto Hessischer Landkreistag

Zuständigkeits-Wechsel gemeistert – Auch KJC des Odenwaldkreises sehr engagiert

Zollt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sozialverwaltung Anerkennung: Prof. Dr. Jan Hilligardt, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Landkreistags Foto Hessischer Landkreistag

„Beispiellos“ – so nennt Prof. Dr. Jan Hilligardt, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Landkreistags, die Herausforderungen, die im Zuge der Ukraine-Krise auf die Träger der Grundsicherung in Hessen zugekommen sind. „Nie zuvor galt es, in so kurzer Zeit eine so große Personenzahl in die Rechtskreise des SGB II und SGB XII zu überführen.“ In Hessen sind insgesamt 16.102 Personen von diesem Rechtskreiswechsel betroffen.

Seit dem 1. Juni 2022 tragen bundesweit die Jobcenter gemeinsam mit den Kreissozialämtern die Verantwortung für die Geflüchteten aus der Ukraine. Erst am 27. Mai 2022 hatte der Gesetzgeber diesen Übergang sehr kurzfristig beschlossen. „Für dieses Szenario existierte keine Blaupause, an der wir uns hätten orientieren können“, so Hilligardt. Entsprechend sei in den Landkreisen und kreisfreien Städten ein Höchstmaß an Flexibilität, Improvisationsvermögen und Einsatzwillen erforderlich gewesen, um das wichtigste Ziel zu erreichen: „Kein Betroffener darf in eine Leistungslücke fallen, der nahtlose Leistungsbezug über alle Rechtskreise hinweg hatte und hat die höchste Priorität.“

Kommunikation als entscheidender Faktor

Neben offenen rechtlichen und finanziellen Fragen sind die Beschäftigten der hessischen Kommunalen Jobcenter in diesen Tagen vor allem kommunikativ gefordert. „Der Rechtskreiswechsel ist ein komplexer Vorgang, der sich den Menschen nicht intuitiv erschließt“, erläutert Hilligardt. So entstanden vor Ort binnen kürzester Zeit angepasste Anträge, Informationsangebote, mobile Beratungsangebote und vieles mehr. In zehntausenden Einzelgesprächen – häufig zwischen Tür und Angel – galt es zu erklären, zu unterstützen und häufig auch zu beruhigen.

„Nach der Flüchtlingswelle von 2015 und zwei Jahren Corona-Pandemie steht die Sozialverwaltung bereits vor dem dritten fundamentalen Belastungstest“, konstatiert Hilligardt, der im Namen des Hessischen Landkreistags den beteiligten Mitarbeitenden seine Anerkennung zollt: „Das sieht man in der Öffentlichkeit häufig nicht, wie viele Überstunden und Sonderschichten in den Jobcentern geleistet werden. Für dieses Engagement möchte ich ausdrücklich Danke sagen“, so der kommunale Spitzenvertreter, der ferner bei Geflüchteten, Kommunen, ehrenamtlichen Betreuern, Arbeitgebern, Vermietern und sonstigen Akteuren um Verständnis dafür wirbt, wenn aktuell manches länger dauert oder sich noch nicht so eingespielt hat. Er ist davon überzeugt, dass hessenweit alle Verantwortlichen mit Hochdruck an guten Lösungen arbeiten. Einen Erfolgsfaktor dafür sieht Hilligardt in der besonderen Struktur der Kommunalen Jobcenter. „Flache Hierarchien, starke lokale Netzwerke und eine ausgeprägte ‚hands on‘-Mentalität machen in dieser Krise den Unterschied.“

Großes Engagement auch im Kommunalen Job-Center des Odenwaldkreises

Auch im Kommunalen Job-Center (KJC) des Odenwaldkreises packten alle mit an und begegneten der Herausforderung bereits vor dem 1. Juni mit großem Engagement. Für die Ankunft der aktuell 864 im Odenwaldkreis registrierten Ukraine-Flüchtlinge wurden kurzerhand relevante Informationen zusammengestellt und unter anderem in ukrainischer Sprache über die „Integreat App“ auf der Website des Odenwaldkreises bereitgestellt.

Darüber hinaus wurden alle Geflüchteten im Odenwaldkreis bereits Mitte Mai angeschrieben und vorab über den Rechtskreiswechsel im Allgemeinen, das Thema Krankenversicherung im SGB II, über das Vorgehen bei der Beantragung von Kindergeld und über vorzulegende Unterlagen informiert. Zudem lag dem Schreiben ein spezieller Kurzantrag zur Beantragung von Leistungen im Rahmen des SGB II bei. Parallel dazu fanden regelmäßig Gespräche mit Vertretern der Städte und Gemeinden, der Asylstelle und dem SGB II statt, um den Übergang so reibungslos wie möglich zu gestalten. In diesem Zusammenhang standen Vertreter des Kommunalen Job-Centers auch bei der Veranstaltung „Wissen macht stark – Ehrenamt trifft Hauptamt“ Mitte Mai zum Thema Rechtskreiswechsel Rede und Antwort.

Organisatorische Hürden, die einem schnellen Übergang in den Rechtskreis des SGB II entgegenstanden, konnten minimiert werden. Der regelmäßige, konstruktive Austausch mit den verschiedenen behördlichen Einrichtungen, Städten und Gemeinden sowie den vielen ehrenamtlichen Helfern half dabei, konkrete Probleme zu erkennen und diese zu beheben. So wurden zwischenzeitlich beispielsweise sehr unbürokratisch Hilfsbescheinigungen zur Bestätigung des vorläufigen Aufenthaltsrechts vom Ausländeramt ausgestellt und von den Sozialbehörden akzeptiert, um den Prozess der Antragstellung zu beschleunigen.

Darüber hinaus wurde ein Sondersachgebiet für die Geflüchteten innerhalb der Leistungsabteilung des KJC eingerichtet, um so die Aufgaben gleichmäßig auf das gesamte Leistungsteam aufzuteilen. Eingehende Anträge konnten so zügig bearbeitet werden und Beratungsgespräche zeitnah stattfinden. Im Rechtskreis des SGB II stellten bisher 345 Bedarfsgemeinschaften einen Antrag auf Leistungen. Das umfasst eine Anzahl von 740 Personen. Mehr als die Hälfte, nämlich 189 dieser Anträge, konnten bereits bewilligt werden.

Die notwendigen Beratungsgespräche mit den neuen Kunden des KJC verlangten allen Beteiligten viel Fingerspitzengefühl ab, zeigten aber auch die Kreativität und das unbürokratische Handeln aller. Sprachliche Barrieren wurden auf verschiedenen Wegen überwunden, sei es durch die Zusammenarbeit mit Übersetzern aus den Reihen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde oder mit dolmetschenden Vertrauenspersonen der Antragstellenden. Digitale Übersetzungsprogramme kamen zum Einsatz oder man verständigten sich einfach mit „Händen und Füßen“.

Bei den Beratungsgesprächen mit den ukrainischen Geflüchteten wurde und wird dabei nicht ausschließlich auf die finanziellen Leistungsansprüche im SGB II hingewiesen. Möglichkeiten der Vermittlung in spezielle Integrationskurse sowie die Teilnahme an Sprachkursen sind ein großes Thema, um den Geflüchteten eine schnelle Integration in Arbeit zu ermöglichen und eine Perspektive für ein Leben im Odenwaldkreis zu schaffen. Das Kommunale Job-Center hat sich hierfür bereits mit Beginn der Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine für die Realisierung zielgerichteter Maßnahmen für diese Zielgruppe eingesetzt. Die Maßnahme „AiD- Ankommen in Deutschland“ oder das „Vermittlungs- und Anerkennungscoaching“ sind hierfür nur zwei Beispiele von Maßnahmen, die bereits im Juli starten konnten.

Dass der Rechtskreiswechsel unter den genannten Vorgaben und in dieser Form durchgeführt werden konnte und weiterhin durchgeführt wird, liegt vor allem in dem Austausch der KJCs untereinander sowie der Vernetzung mit allen Beteiligten und dem starken Einsatz und der hohen Flexibilität Ihrer Mitarbeiter vor Ort.

Dies unterstreicht erneut das gemeinsame Credo #Stark.Sozial.VorOrt.